Baugruben, Wein, übereifrige Polizisten

Statt mit dem Kühlschrank durch Irland wie in seinem ersten Buch fährt Tony Hawks nun "Mit dem Piano in die Pyrenäen": Der britische Schauspieler und Autor zieht aus London in ein kleines französisches Dorf. Seine neuen Erfahrungen von Dorffesten und kauzigen Franzosen fasst er im Buch zusammen.
Inhalt
Tony Hawks lässt seine Leser wieder an einem Stück seines Lebens teilhaben. Diesmal ist er nicht mit dem Kühlschrank durch Irland unterwegs, sondern verlässt den englischsprachigen Raum und kauft ein Haus in Frankreich. Er möchte sich einen Lebenstraum erfüllen - besser gesagt, zwei: ein ruhiges Leben führen, in dem er viel Zeit zum Klavierspielen hat, und die Frau seines Herzens finden - möglichst eine nette, aufgeschlossene, kulturell interessierte Französin.

Das Buch schildert auf kurzweilige und manchmal auf recht amüsante Art die Schwierigkeiten und die schönen Erlebnisse, die ein solches Vorhaben einem Londoner Stadtmenschen einbringt: Probleme mit Mietautos, übereifrigen Polizisten und der Tatsache, dass man nun eigentlich zwei Leben führen muss, dann wieder höchst menschliche Begegnungen mit kauzigen Franzosen, die das Leben in einem kleinen Dorf in den Pyrenäen prägen.

Tony Hawks Schilderungen bestechen nicht durch Spannung oder einen ausgefeilten literarischen Bogen, sie nehmen den Leser auf eine andere Art mit: Es sind Erlebnisse, denen ein humorvoller Mensch immer das Beste abgewinnen möchte. Alltägliches, aber auch aberwitzige Begebenheiten, wie zum Beispiel die gähnende Baugrube vor seinem französischen Haus, in der einmal ein Swimmingpool entstehen soll.

Das Buch zeigt auf der realen Ebene einen Menschen, der seinen Traum - fast - verwirklicht, und es belegt auf einer beinahe philosophischen Ebene, dass man mit Gelassenheit weiter kommt als mit sturer Hektik.

Stil und Wertung
Tony Hawks will seine Leser bei der Stange halten - immer dann, wenn er sie in den Bann eines selbst gewählten, etwas schrägen Alltags zieht. Dazwischen gibt es schwächere Stellen, wenn auch keine ärgerlichen. Vermutlich spricht das Buch eher Männer an als Frauen, denn über große Strecken ist das Buch ein hohes Lied auf Männerfreundschaften: Männer, die gemeinsam etwas anpacken, die sich gegenseitig ihren Frust offenbaren und die eigentlich nichts entzweien kann.

Tony Hawks ist in der glücklichen Lage, immer mit einem oder zwei hilfreichen Freunden aus London in das kleine Dorf vor den Pyrenäen zu reisen. Gegen freie Logis und einen geringen Lohn helfen sie ihm, das Haus auf Vordermann zu bringen. Der Erzählstil ist durchgehend locker, fast salopp - so, als würde ein Freund beim Bier eine gute Geschichte erzählen. Peinlichkeiten lässt Tony Hawks nicht aus, etwa dort, wo er zu anschaulich erzählt, welch quälende Leibeswinde übermäßiger Zucchini-Konsum erzeugt. Nach einer Weile glaubt man als Leser, selbst Bewohner des kleinen französischen Dörfchens zu sein. Eher banale Festivitäten wie der Almauftrieb einer Horde von Kühen oder ein musikalisches Dorffest werden zu Ereignissen, die man wohl auch gerne mitmachen würde.

Streckenweise beneidet man Tony Hawks. Er hat das geschafft, was viele Menschen sich immer wieder in ihren Gedanken ausmalen: Er ist ausgestiegen, hat aber keine Brücken hinter sich abgebrochen. Insofern ist das Buch geradezu ein Paradebeispiel für ein europäisches Bewusstsein: Nationale Grenzen spielen keine Rolle mehr. Seine Lieblingsgegend sucht man sich anhand der Landschaft und angenehmem Klima aus. Ein Engländer lässt sich frohen Herzens in Frankreich nieder und preist die Vorzüge der dortigen Gelassenheit: Hier kann er schreiben, leben, musizieren und - ganz Lebemann - die Vorzüge einer bequemen Abgeschiedenheit genießen, die deshalb angenehm ist, weil er sie selbst gewählt hat.

Und dennoch fehlt dem Buch das gewisse Etwas. Dass französischer Wein gut schmecken kann, wissen wir auch ohne das Buch, dass Papierkram und Formulare in einer fremden Sprache doppelt lästig sind, ebenso. Dass der neue Bewohner in der Dorfgemeinschaft freundlich aufgenommen wird, freut einen, haut einen im Jahr 2007 aber auch nicht um. Eine literarische Qualität bergen diese Tatsachen nicht. Von London in ein südfranzösisches Dorf umzuziehen, das ist ja ganz nett, aber eine Sensation, die einen Leser fesseln könnte, ist es eben nicht.

Der Autor
Tony Hawks, nicht zu verwechseln mit dem von Jugendlichen zum Idol stilisierten amerikanischen Skateboard-Helden Tony Hawk, ist britischer Schauspieler, Comedian, und als Radio- und Fernsehmoderator in England ein echter Publikumsliebling. Seine Karriere begann er mit einem Überraschungserfolg: Mit seiner bis dahin unbekannten Band stürmte er mit dem "Stutter Rap" die britischen Charts.

Dann verlor er eine Wette und musste mit einem Kühlschrank im Schlepptau die irische Küste entlang trampen. Seine dabei entstandenen, verrückten Erlebnisse brachten ihm einen Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde ein. Tony Hawks lebt in London und - wie das Buch erzählt - immer öfter auch am Fuße der französischen Pyrenäen.

Rezensiert von Roland Krüger

Tony Hawks: Mit dem Piano in die Pyrenäen
Übersetzt von Ulrike Frey
Piper Verlag, München 2007
380 Seiten, 16,90 Euro