Bascha Mika zur Lockdown-Debatte

"Die Politik darf sich nicht drücken"

07:29 Minuten
Blick auf den Berliner Alexanderplatz ohne Menschen
Harter Lockdown zu Weihnachten - das fordern Experten in einem Papier der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina. © Gettyimages / Westend61 / Michael J Berlin
Bascha Mika im Gespräch mit Korbinian Frenzel · 08.12.2020
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"Bitter und grausam" klingt die Forderung der Leopoldina nach einem neuen, harten Lockdown. Aber angesichts der Infektionszahlen sieht die Journalistin Bascha Mika keine Alternative. Von der Politik fordert sie Mut auch zu unpopulären Maßnahmen.
In vielen anderen europäischen Ländern sinkt die Zahl der Neuinfizierten derzeit, in Deutschland bleibt sie trotz Teil-Lockdown hoch. Deshalb appellieren jetzt einige Wissenschaftler, darunter RKI-Präsident Lothar Wieler und der Chef-Virologe der Berliner Charité, Christian Drosten, an die Politik, die Anti-Corona-Maßnahmen zu verschärfen.
In einem Papier der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina fordern sie, bereits ab kommenden Montag alle Schulen bis Mitte Januar zu schließen, Arbeit so weit möglich ins Homeoffice zu verlegen und alle sozialen Aktivitäten herunterzufahren. Von Weihnachten bis mindestens 10. Januar sollen zudem alle nicht lebensnotwendigen Geschäfte geschlossen bleiben.
"Das klingt natürlich alles sehr bitter und grausam", sagt die Journalistin Bascha Mika. "Aber wenn man auf diese Zahlen guckt – und da, fürchte ich, haben die Experten recht –, wird uns wahrscheinlich nichts anderes übrigbleiben. Wollen wir noch mehr Tote? Wollen wir noch mehr Kranke?"

"Konkrete und klare Maßnahmen"

Dass die Politik derzeit noch zögert, zu Weihnachten harte Kontaktbeschränkungen anzuordnen, liegt Mika zufolge daran, dass sie offenbar fürchtet, eine solche Maßnahme könne auf der einen Seite einen psychologischen Dämpfer für die Menschen bedeuten und auf der anderen Seite sehr viel Unzufriedenheit auslösen. Denn merkwürdigerweise kämen Untersuchungen zufolge die meisten Menschen mit dem zweiten Lockdown viel schlechter zurecht als mit dem ersten Lockdown im Frühjahr.
Dennoch seien jetzt "konkrete und vor allen Dingen ganz klare Maßnahmen" notwendig, so die frühere Chefredakteurin von "taz" und "Frankfurter Rundschau". Die Regierung dürfe sich da nicht drücken, "so unpopulär das auch sein mag".
(uko)
Bascha Mika, geboren 1954 in der Nähe von Opole in Polen, ist Journalistin und Publizistin und war von 1998 bis 2009 Chefredakteurin der Berliner "taz". Von 2014 bis März 2020 war sie Chefredakteurin der "Frankfurter Rundschau".
Die ganze Sendung "Der Tag mit Bascha Mika" zum Nachhören:
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