Barockoper auf höchstem Niveau

Von Maila von Haussen |
Der britische Regisseur Adrian Noble hat nach der erfolgreichen "Alcina" an der Wiener Staatsoper erneut sehr überzeugend ein Werk Georg Friedrich Händels auf die Bühne gebracht. Er nimmt die berühmte Platanenszene ("Ombra mai fu") zu Beginn der Oper als Ausgangspunkt für eine zeitlose und ortsunabhängige Inszenierung der Geschichte um Liebe, Eifersucht, Neid und Verlust.
Tobias Hoheisel gestaltet die Bühne als Wäldchen - auf der einen Hälfte der Drehbühne das frische Grün einer Waldlichtung, die Rückseite erinnert an Waldsterben. Je nach Stimmung wechseln vorne und hinten, dazu passend ändern sich die Lichtverhältnisse. Drum herum eine hohe Mauer, die sich nach links und rechts öffnet und schließt.

Jean-Christophe Spinosi leitet sein hochkonzentriertes Ensemble Matheus mit viel Schwung und Liebe zum Detail: Sehr fein die Begleitung der Rezitative mit Theorben-, Cembalo-, Violoncello- und Fagottsoli. Entzückend, die Szene, in der Danielle de Niese als Atalanta mit dem Orchester flirtet - hier greift Spinosi selbst zur Violine. Der "Drive" der von Spinosi ausgeht, ist überwältigend: Das Publikum begrüßt ihn nach der Pause mit Jubel.

Malena Ernman ist in der Titelpartie eine Klasse für sich, ihre stimmlichen und schauspielerischen Leistungen sind schlichtweg großartig. Verblüffend, wie ihr männliche Körpersprache gelingt. Nuancenreich zeigt sie die vielen Facetten dieses mächtigen Herrschers mit ihrer warmen, dunklen Stimme.

Aber auch das Ensemble ist ganz stark und begeistert durch vielschichtige Charaktere: Bejun Mehta gibt mit seiner schönen Countertenorstimme den zarteren Königsbruder Arsamene, der fast verzweifelt, weil er meint, seine Liebste würde ihn betrügen. Adriana Kučerová ist die liebende, treue Seele Romilda, die auf Bäume klettert und eine große innere Kraft besitzt, sie hat eine Stimme, die die Zuhörer sofort aufhorchen lässt. Danielle de Niese hat sichtlich Spaß daran, ihre intrigante Schwester Atalanta zu spielen. Sehr berührend singt Luciana Mancini die Rolle der verstoßenen Verlobten Amastre. Anton Scharinger verfügt als General Ariodante über einen satten Bass, auch Andreas Wolf als Elviro und der Arnold Schönberg Chor machen einen guten Eindruck.

Insgesamt ein sehr intensiver Abend, der eine Reise nach Wien wert ist.