Barocke Spielfreude

03.10.2012
Spätestens seit seinen aufsehenerregenden Vivaldi-Einspielungen gehört Jean-Christophe Spinosi zu den spannendsten Barockexperten unserer Zeit. Als Dirigent, gerne auch gemeinsam mit seinem Ensemble Matheus ist der korsische Musiker mittlerweile ein gefragter Gast zahlreicher Opern- und Konzerthäuser Europas.
Im April 2011 gab Jean-Christophe Spinosi, der nicht nur durch leidenschaftliche Barockinterpretationen, sondern auch seinen mitreisenden Dirigierstil von sich reden macht, ein überzeugendes Berlin-Debüt beim DSO. Die Wiedereinladung folgte auf dem Fuße: Am 19. September kehrt er mit einem farbkräftigen Programm zurück, das Musik aus der Hochzeit des Barock ihrem Widerhall in der französischen Musik des 20. Jahrhunderts gegenüberstellt.

Das musikalische Fundament legen mit Auszügen aus "Orlando furioso" und "Serse" gleich zwei bedeutende Opern aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Dass die Strukturen der barocken Musiksprache bis weit ins 20. Jahrhundert fortwirken, beweist der zweite Teil des Konzertabends, in dessen Zentrum mehrere Werke des französischen Impressionismus stehen. Claude Debussys "Suite bergamasque", deren dritter Satz "Clair de lune" in einer Orchesterbearbeitung erklingt, folgt dem barocken Formvorbild, und auch Maurice Ravel greift in seiner "Pavane pour une infante defunte" einen Schreittanz des 16. und 17. Jahrhunderts auf.

Mit der gefeierten schwedischen Mezzosopranistin Malena Ernman steht Jean-Christophe Spinosi eine sehr wandlungsfähige Sängerin zur Seite. Beide haben bereits im vergangenen Jahr am Theater an der Wien zusammengearbeitet, als Malena Ernman die Titelrolle in Händels "Serse" bernahm. Sie ist Mitglied der Royal Swedish Academy of Music und feiert vor allem im barocken Opernfach und als Konzertsängerin mit enormer Repertoirebreite weltweit Erfolge, gemeinsam mit Dirigenten wie Rene Jacobs, Nicolaus Harnoncourt oder Esa Pekka Salonen. Scheuklappen kennt die musikalische Grenzgängerin dabei nicht: Neben regelmäßigen Ausflügen auf das Jazzpodium vertrat sie ihre Heimat gar beim Grand Prix Eurovision de la Chanson.
(Maximilian Rauscher, DSO-Nachrichten 09/10/2012)
dso-berlin.de



Philharmonie Berlin
Aufzeichnung vom 19.09.2012

Georg Friedrich Händel
Sinfonia, Arien "Ombra mai fù"
und "Crude furie" aus "Serse"

Antonio Vivaldi
Sinfonia aus "Orlando furioso"
Arie "Agitata da due venti" aus "Griselda"
Arie "Ah sleale ... Io ti getto" aus "Orlando furioso"

Claude Debussy
"Clair de lune" (bearbeitet von André Caplet)

ca. 20:40 Uhr Konzertpause mit Nachrichten

Hector Berlioz
"Le spectre de la rose"
aus "Les nuits d'été" op. 7
für Singstimme und Orchester

Maurice Ravel
"Pavane pour une infante défunte" für Orchester
"Boléro" für Orchester

Malena Ernman, Mezzosopran
Deutsches Symphonie-Orchester Berlin
Leitung: Jean-Christophe Spinosi


nach Konzertende ca. 21:30 Uhr

Ernest Bloch
für Violoncello und Orchester
Steven Isserlis, Violoncello
Deutsches Symphonie-Orchester Berlin
Leitung: Stephen Hough
Produktion: Deutschlandradio Kultur 2012