Bakterien im Salat

Waschen hilft nicht immer gegen Keime

Eine Frau wäscht einen Salatkopf.
Manche Keime lassen sich auch nicht mit sauberem Wasser aus Salaten rauswaschen. Für Udo Pollmer ist eine chemische Behandlung daher durchaus eine Alternative. © imago/Westend61
Von Udo Pollmer · 11.08.2017
Krankheitserreger in Blattsalaten und anderem Grünzeug - diesem Thema hat sich das Bundesinstitut für Risikobewertung kürzlich gewidmet. Udo Pollmer erklärt, wieso die Keime auftreten können. Und warum das BfR dagegen auch Chemie empfiehlt.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung warnt vor "Gras- und Blattprodukten". Anlass sind die Meldungen im Schnellwarnsystem der EU. Immer wieder werden auf Blattsalaten, Kräutern und Gras üble Krankheitserreger nachgewiesen.
In deutschen "Bio-Grasprodukten", schreibt das BfR und meint damit "Gras" zum - na ja - zum Essen, nicht zum Rauchen, - also in Bio-Gras wurden shigatoxinbildende Coli-Bakterien nachgewiesen. Ein freundlicher Hinweis auf eine Verunreinigung mit Fäkalien, doch diese Coli bilden zu allem Überfluss ein bakterielles Gift. Zu diesen "Giftzwergen" zählen auch die EHEC, - jene Keime, die 2011 den schwersten Lebensmittelzwischenfall seit Jahrzehnten verursacht hatten; mit über 50 Personen, die nach Genuss von Sprossen ins Gras beißen mussten. Laut den jüngsten Zahlen gab es 2015 in Deutschland 1.600 EHEC-Infekte, in 69 Fällen trat das gefürchtete hämolytisch-urämische Syndrom auf, bei dem die Niere versagt. Kleinkinder waren besonders häufig betroffen.

Krankmacher in Rohkost weltweit ein Problem

Neben Produkten wie Gerstengrassaft, nicht zu verwechseln mit Gerstensaft, der ist hygienisch und nahrhaft, treibt auch der Verzehr von Heu den Hygieneexperten Sorgenfalten auf die Stirn. Wer bisher dachte, Heu sei das Lieblingsfutter der Flachland-Heidschnucke, erfährt aus dem BfR-Dokument, dass der Konsum immer weitere Kreise zieht. Inzwischen prangt selbst auf den Etiketten von Schokolade eine Zutat namens "Heu". In Italien, so heißt es beim BfR, sei ein Gast nach Verzehr einer verseuchten Heusuppe verstorben.
Hintergrund dieser Mode ist ein historischer: Im Gebirge haben einst die Senner versucht, ihre eintönigen Mahlzeiten mit etwas Heu zu würzen - in Ermangelung teurer Gewürze. Wenn damals die Naturburschen diese Kost schadlos überstanden haben, heißt das noch lange nicht, dass zarte Pflänzchen aus dem großstädtischen Milieu mit Karnickelfutter zurechtkommen.
Laut BfR habe "das Vorkommen von pathogenen (also krankmachenden) Escherichia coli und Salmonella in rohem Blattgemüse, insbesondere Salaten und Spinat, weltweit die größte gesundheitliche Bedeutung ( ... ). An zweiter Stelle folgen Salmonella in (und) auf frischen Kräutern, insbesondere Basilikum ..." Zu diesen Krankheitserregern gesellt sich als Dritter im Bunde gern Bacillus cereus, ebenfalls ein übler Lebensmittelvergifter.

Bakterielles Öko-Spritzmittel sorgte für Keime

Da wir den größten Teil unseres Frischgemüses importieren, oft aus Anbauregionen, in denen andere Krankheiten und Hygienevorstellungen herrschen als in Mitteleuropa, ist bei Rohverzehr mit ungemütlichen Zugaben zu rechnen. Manches aber ist hausgemacht: Ganz nahe verwandt mit Bacillus cereus ist Bacillus thuringiensis, der ein Insektengift für den Öko-Landbau produziert. Eine Familie hat sich mit Blattgemüse vergiftet, das mit dem bakteriellen Öko-Spritzmittel behandelt worden war. Zum Glück mochten zwei der fünf Familienmitglieder keinen Salat und blieben gesund.
Die Berliner Behörde ist über die Befunde sichtlich alarmiert: Auch seltene Vorkommen seien bedenklich, denn sie "können trotzdem große Salmonellen- oder EHEC-Ausbrüche auslösen, weil frische Blattprodukte ... über weite Gebiete vertrieben werden und fast von der gesamten Bevölkerung sehr häufig roh verzehrt werden." Schwangeren, Alten und Kranken wird vorsichtshalber geraten, zumindest auf den Verzehr von Schnibbelsalaten zu verzichten.
Gründliches Waschen ist immer ratsam, denn es senkt die Keimzahlen, aber wenn sich auf der Blattoberfläche Biofilme gebildet haben, ist auch das wirkungslos. Ähnliches gilt fürs Kühlen: Es gibt kälteliebende Lebensmittelvergifter wie Bacillus weihenstephanensis oder Listerien, die im Kühlschrank fröhlich weiter wachsen.
Deshalb regt das BfR an, Blattsalate und Kräuter zu entkeimen, bevor sie in den Handel gelangen. Beispielsweise durch eine Behandlung mit Säuren, Chlor, kaltem Plasma oder Bakteriophagen - also mit Viren, die Bakterien abtöten. Selbst wenn diese Verfahren nicht unumstritten sein mögen, so könnten die Verbraucher das Grünzeug endlich wieder unbesorgt essen. Mahlzeit!
Literatur:
BfR: Gras- und Blattprodukte zum Verzehr können mit humanpathogenen Bakterien verunreinigt sein. Stellungnahme Nr. 013/2017 des BfR vom 10. Juli 2017
Pollmer U: Lebensmittelskandal ohne Konsequenzen. Deutschlandradio, Mahlzeit, Beitrag vom 26. Juni 2015
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