Bachfest in Detmold

27.06.2013
Vier Solokonzerte von Johann Sebastian Bach, vier Welten. Der flämische Geiger Sigiswald Kuijken, ein Doyen der historischen Aufführungspraxis, stellt mit seinem Ensemble La Petite Bande vier bekannte Werke Bachs in einen neuen Kontext: Er konfrontiert sie mit sich selbst.
Detmold und die Musik, das heißt zunächst mal: Johannes Brahms. Für zwei Jahre weilte der junge Komponist im damaligen Fürstentum Lippe und schrieb hier mit seinem Ersten Klavierkonzert eines der gewichtigsten Werke aus seiner früheren Zeit. Dass gut 150 Jahre später die Neue Bachgesellschaft ihr jährlich an einem anderen Ort ausgetragenes Bachfest nun in Detmold veranstaltete, würde Brahms gefallen haben: Bach war ihm zeitlebens ein Vorbild, und die Aktivitäten der früheren Bach-Gesellschaft, u. a. die Erstellung der ersten Gesamtausgabe, verfolgte er mit großem Interesse.

"Bach – Lehrer und Gelehrter", so lautete das Motto des Detmolder Bachfestes. Die Werke, die Sigiswald Kuijken und seine Petite Bande in diesem Rahmen spielten, haben seinerzeit vielleicht auch Brahms interessiert, da sie das Verhältnis von Solist und Orchester unter immer anderen Bedingungen beleuchten: Im kantablen Violinkonzert a-Moll zeigt sich Bach seinerseits als gelehriger Schüler Vivaldis.

Im Cembalokonzert E-Dur ist Bach eher der Experimentator, der eine neue Form ausprobiert, denn Konzerte für Tasteninstrumente waren damals selten – eine spannungsgeladene Beziehung von Solist und Kollektiv, da das "Clavier" selbst den Stimmsatz eines Orchesters simulieren kann. Im a-Moll-Tripelkonzert erleben wir eine Art Concerto grosso für Flöte, Violine, Cembalo und Streicher nach Art des Fünften Brandenburgischen Konzertes.

Und das letzte Konzert dieses Programms ist, streng genommen, gar keines: In der h-Moll-Suite präsentiert sich die Flöte zwar mit teils halsbrecherischen Soli vor den Streichern, ist aber in dieser Abfolge nostalgisch anmutender Tanzsätze allenfalls der primus inter pares.

Vier Mal Bach mit Interpreten, die seit Jahrzehnten mit dieser Musik vertraut sind und die in der Alte-Musik-Szene höchste Anerkennung genießen. Musik in Detmold: eindeutig mehr als "nur" Johannes Brahms.


88. Bachfest der Neuen Bachgesellschaft
Hochschule für Musik Detmold, Konzerthaus
Aufzeichnung vom 11.05.2013

Johann Sebastian Bach
Konzert für Violine, Streicher und Basso continuo a-Moll BWV 1041
Konzert für Cembalo, Streicher und Basso continuo E-Dur BWV 1053

ca. 20:45 Uhr Konzertpause mit Nachrichten

Johann Sebastian Bach
Konzert für Flöte, Violine, Cembalo, Streicher und Basso continuo
a-Moll BWV 1044
Suite Nr. 2 für Flöte, Streicher und Basso continuo h-Moll BWV 1067


Ann Cnop, Violine
Fiona-Emilie Poupard, Violine
Frank Theuns, Traversflöte
Benjamin Alard, Cembalo
La Petite Bande
Leitung und Violine: Sigiswald Kuijken