Avi Loeb: "Außerirdisch"

Wir sind wohl nicht allein im All

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Buchcover von Avi Loeb: "Außerirdisch. Intelligentes Leben jenseits unseres Planeten", DVA, 2021.
In seinem Buch "Außerirdisch" erklärt der Astronom Avi Loeb, weswegen er Leben im All für wahrscheinlich hält. © DVA / Deutschlandradio
Von Gerrit Stratmann · 17.02.2021
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Der angesehene Astrophysiker Avi Loeb sucht nach Hinweisen auf fremde Zivilisationen im Kosmos. Erste Entdeckungen sprechen dafür, dass es auch jenseits der Erde Leben gibt. Eine sehr persönliche Spurensuche.
2017 flog ein Objekt aus den Tiefen des Weltraums durch unser Sonnensystem. Irdische Teleskope entdeckten es erst, als es schon wieder auf dem Weg hinaus war. Harvard Professor Avi Loeb stellt die provokante Frage: War dieser Besucher eventuell das Zeugnis einer außerirdischen Intelligenz?
Die Frage "Sind wir allein im Universum?" ist immer noch ungeklärt. Es spricht einiges dafür, dass unser kleiner blauer Planet nicht der einzige Hort für intelligentes Leben ist, inmitten all der Milliarden Galaxien da draußen.

Forschende sind uneins

Trotzdem stößt die Behauptung, "Oumuamua" – wie das Objekt getauft wurde – sei das Zeugnis einer außerirdischen Zivilisation, in Forscherkreisen auf nahezu einhellige Ablehnung. Ein solches Ereignis sei zu unwahrscheinlich, die Behauptung zu abwegig, so der Tenor. Immerhin gebe es genug natürliche Erklärungen für das beobachtete Objekt.
Genau diese natürlichen Erklärungen hält der Astrophysiker Avi Loeb jedoch für nicht sehr überzeugend.
In seinem Buch legt er nachvollziehbar die verschiedenen Anomalien dar, die das Objekt gezeigt habe: Seine außergewöhnliche Form, seine Reflexionseigenschaften und vor allem "Oumuamuas" Flugbahn um die Sonne, die sich nicht allein mit Hilfe der Gravitationskraft erklären lässt.
Ungewöhnlich? Ja, sagt auch die übrige Forschergemeinde. In dieser Form noch nie beobachtet? In der Tat. Aber muss es deshalb gleich ein künstlicher außerirdischer Satellit sein?

Sehr persönlich gehaltenes Buch

Avi Loebs sehr persönlich gehaltenes Buch ist über weite Strecken eine Rechtfertigung für genau diesen Gedanken. Von seinen Kollegen wünscht er sich eine größere Offenheit gegenüber dieser Sichtweise, denn Physiker beschäftigten sich täglich mit weit spekulativeren Dingen, ohne dafür schräg angeschaut zu werden: Dunkle Materie, Extradimensionen oder multiple Universen – alles unbewiesene Konstrukte, für die es lediglich gute Gründe gibt.
Nach einer starken ersten Hälfte spekuliert Loeb gegen Ende darüber, welche Folgen die Entdeckung außerirdischer Zivilisationen möglicherweise für die Menschheit haben könnte.

Dem Leben demütig gegenüber werden

Deutlich spürt man die Utopie, auf die er hofft: dass die Entdeckung fortgeschrittenen außerirdischen Lebens uns beflügele, Demut lehre und uns zu besseren Menschen mache. Das ist naiv, aber sympathisch.
Avi Loebs These stellt Leser, Kritiker und Forscher vor ein Dilemma – denn sie ist nicht falsifizierbar. Sie passt zu den Daten. Dennoch klingt sie zu weit hergeholt. Aber ist sie das wirklich?
Avi Loebs Buch zeigt, dass darüber heute nur mit Wahrscheinlichkeiten argumentiert werden kann. Das ist spannend und anregend, aber auch ein bisschen unbefriedigend. Man wüsste doch so gern Genaueres!
So wagt Avi Loebs Buch vor allem eines: Heute schon zu denken, was der Menschheit morgen widerfahren könnte – einen Beweis dafür zu bekommen, dass wir nicht allein sind im Universum. Damit regt der Astrophysiker nicht nur die Fantasie in hohem Maße an, sondern wirft auch die Frage auf: Sind wir bereit für diese Erkenntnis?

Avi Loeb: "Außerirdisch. Intelligentes Leben jenseits unseres Planeten"
Aus dem Englischen von Jürgen Schröder,
Deutsche Verlags-Anstalt, München 2021
272 Seiten, 22 Euro

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