Automatisierungstechnik

Mensch und Roboter malochen im Duett

Orangefarbener Produktionsroboterarm, im Hintergrund ein Regal mit Kunstobjekten aus Holz.
Ein Kollege unseres Kollegen: Dieser Produktionsroboter mit dem Namen "Robochop" produziert auf Anweisung von Internetnutzern. © dpa/picture alliance/Ole Spata
Von Annegret Faber · 19.03.2015
Optimale Arbeitsergebnisse erzielt der Mensch in der Produktion erst dann, wenn ihn ein Roboter unterstützt. Das glauben Leipziger Forscher und haben daher einen elektronischen Kollegen für die Industrie entwickelt. Unsere Autorin hat ihn getestet.
Der Stand der Leipziger Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur fällt auf, wenn er auch nicht besonders groß ist: zehn Quadratmeter. Auf der einen Seite drei Computerbildschirme, auf der anderen ein Roboterarm, an dem viele Gäste interessieren stehen bleiben.
"Ich bin hier nur vorbei gekommen und hab das gesehen und fand es interessant."
"Naja, wir sind Studenten für Maschinenbau und deswegen ist das für uns interessant."
Der Roboter wirkt wie ein Magnet und zieht alle Blicke auf sich, obwohl er nur einen Meter groß ist. Er thront auf einem ebenso hohen Podest und ragt dadurch dem Entwickler Florian Müller über den Kopf. Die Beweglichkeit der Maschine ist enorm:
"Das ist ein Roboter mit sieben Achsen. Man kann ihn auch als Manipulator bezeichnen und größere Versionen davon werden typischerweise in der Autoindustrie verwendet, um Sachen zu heben, zu produzieren, zu bearbeiten, Schweißroboter, je nachdem, was für ein Werkzeug vorne dran ist."
Florian Müller ist Elektrotechniker und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der HTWK. Um auf der Messe den Roboter vorzuführen hat er sich eine Art "Heißer Draht" Spiel ausgedacht – ein an einen schweren Würfel befestigter, frei schwingender, langer, gebogener Draht. Damit kann jeder testen, wie die Mensch-Maschine-Kombination funktioniert. Auch ich werde das gleich versuchen.
"Ich hab einen Roboterarm, davor steht ein Tisch, auf dem Tisch ist ein dicker, gebogener Draht, so fünf sechs Mal und dieser Roboterarm hat vorne eine Schlaufe und ich führe die in diesen Draht ein und muss diese Kurven so hinkriegen, dass ich sie nicht berühre, weil dann tutet das Gerät und sagt, Achtung Fehler!"
"Exakt."
"Okay, mal sehen ob das schwer ist."
Die Metallschlaufe am Ende des Roboterarms steckt in einem 20 Zentimeter langen Plastikrohr. An der Hinterseite dieses Rohrs ist ein An-Aus Schalter. Sobald ich das Plastikrohr mit meiner Hand umschließe, berühre ich den Schalter.
"Jetzt sagen Sie mal, was ich machen soll."
"Sie fassen an diesen Sicherheitsschalter, wenn Sie ihn leicht drücken können Sie ihn bewegen, wenn Sie zu doll drücken, hält er an."
Wen ich nervös werde, geht nichts mehr
Wenn ich nervös werde oder mich anspanne und den Schalter zu fest drücke, geht nichts mehr. Der Roboter ist sofort aus. Ebenso wenn ich den Schalter loslasse. Das ist wichtig, damit der Roboter den Arbeiter durch seine Kraft nicht verletzt. Sobald ich nur leicht drücke, kann ich die Maschine bewegen. In der Produktion trägt sie dann die schweren Lasten und zeigt dem Arbeiter gleichzeitig den optimalen Weg. Das funktioniert durch ein Kraftfeld. Eine weitere Neuheit.

"Das Kraftfeld ist eine Gegenkraft, die vom Roboter selbst erzeugt wird und gegen die Bewegung des Menschen drückt."

Beim Spiel mit dem heißen Draht spüre ich das Kraftfeld deutlich. Der Roboter gibt mir den optimalen Weg vor. Will ich ihn anders lenken, drückt er dagegen. Während ich die Maschine teste, erläutert mir Erfinder Florian Müller, woher der Roboterarm den Weg kennt.
"Im ersten Schritt zeichnen wir die Arbeitswege erfahrender Arbeiter auf. Die vielen Arbeitswege, die wir aufgezeichnet haben, mitteln wir zu einem mittleren Weg, den optimalen Weg und um diesen Weg bilden wir ein tunnelförmiges Kraftfeld. Das muss man sich wie eine Höhle vorstellen und in diesem Kraftfeld bewegt sich dann der Roboter und der Nutzer wird immer auf den Mittelpunkt dieses Tunnels gelenkt."

Zum Test schaltet er das Kraftfeld aus und bittet mich abermals den Roboter zu führen.

"So, ich nehme ihn in die Hand und versuche es ohne Feld … und ich komme viel öfter an den Draht. Ups, es ist wirklich nicht so einfach. Aber, ich hab's geschafft."

Ohne Kraftfeld finde ich den Weg nicht so gut. In der Produktion hätte ich jetzt vermutlich großen Schaden angerichtet. Allerdings ist diese Situation aus Sicherheitsgründen noch nicht denkbar, erklärt mir Prof. Jens Jäkel, der Leiter des Fachgebiets Systemtheorie und Mechatronik an der Leipziger HTWK.

"Wenn der Roboter alleine arbeitet, dann darf in seinem Arbeitsbereich kein Mensch sich befinden. Das heißt er wird dann eingezäunt und damit muss man die Arbeitsräume voneinander trennen."

Roboter sind schnell, präzise und sie arbeiten ohne Mittags- oder Frühstückspause. 24 Stunden am Tag. Für gute Gewinne ist das optimal. Warum also sollen Mensch und Roboter zusammen arbeiten?

"Wir wollen ja eine Kombination aus Mensch und Maschine."

"Warum eigentlich?"

"Wir nehmen die Vorteile des Menschen, die Intelligenz, Voraussicht und Planungsfähigkeit und die Kraft des Roboters, kombinieren das und haben dann ein besseres Produkt."

Das größte Problem ist die Sicherheit. Dafür gibt es nun jedoch eine Lösung. Der Arbeiter nimmt den Roboter an die Hand. Und mit diesem, einen Handgriff schaltet er ihn ein oder aus.

"Der Roboter trägt eine Last, der Mensch führt ihn."