Chinas Symbolpolitik

Warum Autokraten die besseren PR-Strategen sind

08:26 Minuten
Der chinesische Staatspräsident Xi Jingping wird in einer offenen, schwarzen Limousine stehend von zwei Fahrern gefahren
Während Demokratien ihre Unsicherheiten und Diskurse öffentlich austragen, demonstrieren Autokratien Stabilität und setzen auf massive Symbolpolitik, wie das Beispiel Chinas und des chinesischen Staatspräsidenten Xi Jingping zeigt. © picture alliance / Xinhua News Agency Yan Yan
Julia Leininger im Gespräch mit Liane von Billerbeck · 04.02.2022
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Wie effektive Öffentlichkeitsarbeit geht, lässt sich gut an den Beispielen Russland und China beobachten. Demokratien könnten sich von deren Strategien und Symbolpolitik etwas abschauen, sagt Politikwissenschaftlerin Julia Leininger.
Zur Eröffnung der Olympischen Winterspiele in Peking kommen am heutigen Freitag mit Chinas Xi Jinping und Russlands Wladimir Putin zwei Staatspräsidenten zusammen, die den Einfluss ihrer autokratisch regierten Länder in den vergangenen Jahren ausgebaut haben. Was macht Autokratien, trotz bekannter Menschenrechtsverletzungen, beispielsweise für afrikanische Staaten attraktiv, wo beide Länder an Einfluss gewinnen? Und warum können sich Demokratien nicht gleichermaßen als Erfolgsmodelle verkaufen?

Eine Welle der Autokratisierung

„Nicht ohne Grund leben wir in einer Welt, die sich autokratisiert. Mehr Menschen leben derzeit in Autokratien als in Demokratien. Das ist eine richtige Autokratisierungswelle“, sagt die Politikwissenschaftlerin Julia Leininger vom Deutschen Institut für Entwicklungspolitik. „Die Demokratien müssen aufpassen, dass sie davon nicht überrollt werden.“ Allerdings zeige die Geschichte, dass jede Welle nach einiger Zeit auch wieder eine Gegenwelle erzeuge.
Die Attraktivität des chinesischen Modells liege etwa in dessen wirtschaftlichem Erfolg und in einer als erfolgreich dargestellten Sozialpolitik begründet. Das Land verkaufe nach außen die Botschaft: „Schaut, wenn ihr so erfolgreich sein wollt wie wir, dann braucht ihr einen starken Staat, der für seine Bürger entscheidet und für ganz viel Stabilität sorgt.“
Daneben gehe es, speziell bezogen auf Russland, auch um den Aspekt einer starken Sicherheitspolitik, die demonstriert werde.

Über die Kultur Haltungen verändern

Auch die Kultur spiele eine nicht zu unterschätzende Rolle, selbst wenn sie eine wenig „unter dem öffentlichen Radar fliege“. Kultur, betont Leininger, ist ein „ganz wichtiger Pfeiler chinesischer Außenpolitik“ und Bestandteil einer langsamen und geduldigen Strategie, die die Haltungen von Menschen langfristig beeinflussen solle.
Einen Beitrag dazu sollen Kultureinrichtungen wie das Konfuzius-Institut sowie Programme für Studierende oder Weiterbildungen für Bauernverbände leisten. In den zurückliegenden zehn Jahren habe China allein in Afrika mehr als 42 neue Konfuzius-Institute eröffnet. Sie gelten als das chinesische Pendant zu Goethe-Instituten, von denen es 24 auf dem Kontinent gibt.

Bei Symbolpolitik von China lernen

Demokratien, sagt die Politikwissenschaftlerin, sollten vor diesem Hintergrund mehr auf positive Narrative setzen. Bei Symbolpolitik können sie „sogar möglicherweise von China lernen. Aber es muss eine Symbolpolitik sein, die nicht dazu dient, sich gegen China zu stellen, sondern die die Vorteile und Werte der Demokratien verkauft und dafür wirbt.“
Genau das sei aber in den vergangenen Jahrzehnten etwa von den USA und den europäischen Staaten versäumt worden. Dabei zeigten Studien deutlich: Demokratien schneiden unter dem Strich viel besser ab, wenn es um Bildung oder Gesundheitsversorgung der Bevölkerung geht als Autokratien.

Demokratien ringen um Inhalte

Demokratien, sagt Leininger, täten sich auch deshalb schwerer damit, ihre Erfolge nach außen zu verkaufen, weil sie ihrem Wesen nach fortwährend mit dem Ringen um Politik und Inhalte sowie der Frage nach dem Gemeinwohl beschäftigt seien. Der Umgang mit der Pandemie und die Diskussionen darum seien dafür gute Beispiele.
(mkn)

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