Autokorso

Die Fahne raus und hupen

Deutsche Fans feiern den Sieg gegen die Ukraine und einem schwarz-rot-gold-geschmückten Auto
Erster, nicht gelungener Versuch eines Autokorsos auf deutschem Boden zur EM 2016: Nach dem Sieg gegen die Ukraine waren diese deutschen Fans trotzdem selig © picture alliance / dpa / Andreas Rosar
Alfred Fuhr im Gespräch mit Timo Grampes · 20.06.2016
Siegt die eigene Mannschaft beim Fußball-Turnier, steigen die Bürger ins Auto und reihen sich ein, wild hupend und Fahnen schwingend. Beim Autokorso feiern wir uns selbst, sagt der Verkehrssoziologe Alfred Fuhr: "Und keiner findet das affig."
Den ersten Sieg einer albanischen Nationalmannschaft (1:0 gegen Rumänien) bei einer Fußball-Europameisterschaft feierten die Albaner in mehreren deutschen Städten mit kleinen Autokorsos. Die Deutschen sind hingegen bisher noch nicht vermehrt in ihre Volkswagen gestiegen, um hintereinander her zu fahren.
Vielleicht seien die deutschen Fans nicht bereit, ihre schönen Autos bei dem schlechten Wetter in Gefahr zu bringen, mutmaßt Alfred Fuhr, Verkehrssoziologe und ehemaliger Leiter des Instituts für Verkehrssoziologie Frankfurt.
Im Deutschlandradio Kultur sagte Fuhr, historisch sei der Autokorso "hochinteressant" − schon Pferdekutschen fuhren anno dazumal ziellos durch die Straßen der Städte.

Inszenierung in der Eventkultur

Echte Autokorsos wurden dann durch die Gastarbeiter in den 70er-Jahren bekannt und "salonfähig". Bis die Deutschen auf diese Weise feierten, dauerte es allerdings nochmals viele Jahre. Erst beim Sommermärchen 2006 brachen alle Dämme.
Beim Fahren in Kolonne gehe es um die Inszenierung des eigenen Selbst, sagt Fuhr. "Durch die Eventkultur ist es möglich geworden, dass ich mich als Teil der Mannschaft öffentlich inszenieren kann, und keiner findet das affig."
Schon ab zehn bis 20 Fahrzeugen darf man laut Fuhr von einem echten Korso sprechen.