Autobiografie

Ein deutsch-deutsches Leben

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Die beiden Verleger Elmar (r) und Michael Faber vom Verlag "Faber & Faber" Leipzig betrachten am 17.03.2003 das illustrierte Buch "Offenbarung des Johannes". © picture-alliance / ZB
Von Helmut Böttiger · 01.04.2014
Der langjährige Leiter des Aufbau-Verlags, Elmar Faber, hat einmal gesagt, er habe Aufbau als Suhrkamp des Ostens gesehen, er wollte aus dem Beliebigkeitsstrom heraus ein Feld erobern. Mit 80 Jahren schaut Faber nun zurück auf sein Lebenswerk und das 20. Jahrhundert. "Verloren im Paradies" heißt seine Autobiografie.
Elmar Faber, der am 1. April 2014 80 Jahre alt wird, ist sicherlich eine der interessantesten und schillerndsten deutschen Verlegerpersönlichkeiten der letzten Jahrzehnte. Von 1983 bis 1992 war er der Verleger des Aufbau Verlags, des Flaggschiffs der DDR-Verlage und des belletristischen Aushängeschilds einer antifaschistischen, humanitären Literatur – oder zumindest des Anspruchs darauf. Als Programmgestalter dieses zu den prestigeträchtigsten Institutionen der DDR gehörenden Verlags war er natürlich auch ein Repräsentant des Staates. Gleichzeitig schaffte er es aber, durch eine unverkennbare Vorliebe für die Buchkunst und Buchgestaltung und eine eigenwillige persönliche Haltung Freiräume auszuloten und eine gewisse innere Unabhängigkeit zu postulieren. Seine Lebenserinnerungen sind schon allein deswegen eine aufschlussreiche und bedeutsame zeitgeschichtliche Quelle.
Heimatverbunden, aber kritisch
Faber beschreibt sich als einen heimatverbundenen Südthüringer, der in seinem Gebirgsdorf in einem Glasbläserhaus aufgewachsen ist und sich der Natur verbunden fühlt, dort im elterlichen Haus die Liebe zu den wenigen kostbar gehüteten Bildungsschätzen geerbt hat und mit gleichsam ästhetischem Enthusiasmus in die Anfangsjahre der DDR hineinlebt. Die Passagen über die Arbeiter- und Bauernfakultät, deren herausragendes literarisches Zeugnis Hermann Kants "Aula" war, und die sozialistischen Ideale der jungen Generation der fünfziger Jahre sind atmosphärisch denn auch sehr prägnant. Faber zeigt aber immer seine Distanz zu den Betonköpfen in der Partei, macht sich nie gemein mit dem schablonenhaften Kunst-Vorstellungen der Machthaber.
Nichts Zögerndes oder Fragendes
Allerdings sind seine eigenen Einlassungen über das Wesen der Literatur und die eigene lautere Haltung immer auch ein wenig steril, sie wirken oft wie abgekoppelt von den realen zeitgeschichtlichen Umständen. Nichts Zögerndes oder gar Fragendes ist in diesem Buch zu finden, genauere Angaben über Fabers Werdegang in der DDR fehlen, und die Unterschiede zwischen DDR und BRD werden mit Bemerkungen relativiert wie jener, dass es auf beiden Seiten immer vernünftige Leute gegeben habe. So seien Siegfried Unseld und er "zwei Verleger mit einem sechsten Sinn für Bücher" gewesen. Gelegentlich gibt es Hinweise wie "Ich führe das nicht als Selbstlob an".
Auffällig ist, dass das Buch den Charakter einer DDR-Rechtfertigungschrift hat, obwohl es das gar nicht nötig hätte. Das ist schade, ein etwas selbstkritischerer, nachdenklicherer Ton hätte Fabers Verdiensten keinen Abbruch getan. Dennoch: was er über die Verfehlungen, die Dummheit und die Gier während der Übernahme der DDR durch die Bundesrepublik in den frühen neunziger Jahren beschreibt, ist bedenkenswert und legt den Finger in eine Wunde. Für kulturkritisch interessierte Leser ist dieses Buch allemal eine lohnende Lektüre.

Elmar Faber: "Verloren im Paradies. Ein Verlegerleben"
Aufbau Verlag, Berlin
398 Seiten, 22,90 Euro

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