Auto-Experte rät VW zu eigener Billigmarke
Angesichts wachsender Konkurrenz aus dem Ausland hält der Automobilbranchen-Experte Ferdinand Dudenhöffer ein stärkeres Engagement der deutschen Hersteller im Marktsegment der Billigautos für unvermeidlich. Modelle wie der indische "Nano" und der "Logan" der Renault-Tochter Dacia müssten insbesondere vom Volkswagenkonzern ernst genommen werden, sagte Dudenhöffer.
Birgit Kolkmann: Er heißt nicht Smart, sondern Nano, und passt zwar nicht in die Westentasche, aber ins Portemonnaie vieler Menschen in Indien, China oder Osteuropa. Das billigste Auto der Welt wurde letzte Woche vom indischen Tata-Konzern vorgestellt. 1700 Euro kostet es dort und schließt die Lücke zwischen Motorroller und richtigem Auto. Ein kleiner Popstar dem Medienecho nach zu urteilen und eine Bedrohung für die Automobilhersteller bei uns, die sich jetzt noch zusätzlich gebeutelt fühlen durch die Pläne der EU zur Schadstoffreduzierung. – Wir wollen nachfragen bei Professor Ferdinand Dudenhöffer. Er leitet den Studiengang Automobilwirtschaft an der Fachhochschule Gelsenkirchen. Schönen guten Morgen!
Ferdinand Dudenhöffer: Schönen guten Morgen!
Kolkmann: Professor Dudenhöffer, müssen VW und alle anderen nun große Angst vor dem kleinen Nano haben?
Dudenhöffer: Sie müssen ihn sehr ernst nehmen, jedenfalls die Volumenhersteller. Nicht Mercedes, BMW, Audi oder Porsche, aber VW. Wenn VW nichts in diesem Preissegment anbietet, wird VW das Ziel, was ja wichtig ist für VW und was Winterkorn, der Chef, ja unbedingt wollte, das Wachstum von VW zu verdoppeln, nicht erfüllen können ohne Billigauto.
Kolkmann: Die Frage ist aber, wie billig darf dieses Auto sein und was will der Markt hier eigentlich genau? Kann es dann so ein Abklatsch vom Nano sein oder sagen wir mal ein abgestrippter Polo?
Dudenhöffer: In den neuen Ländern wie China, Indien und Osteuropa – und dort bewegt sich ja die Welt – wird gut 90 Prozent verkauft, was zusätzlich an Fahrzeugen in den nächsten 10, 15 Jahren in den Markt kommt. Dort reicht eben nicht ein abgestrippter Polo, sondern dort braucht man Fahrzeuge, die auch Platz bieten, die viersitzig sind und die natürlich in der 5000-Dollar-Preisklasse liegen. Da ist ein abgestrippter Polo nicht möglich.
Kolkmann: Das heißt, wir sprechen über durchaus unterschiedliche Dinge. Der Nano für die wachsenden Märkte in Asien, aber für unseren Markt auch so etwas wie ein Billigauto, aber etwas anderes.
Dudenhöffer: Für unsere Märkte haben wir gesehen, dass das Preissegment bei uns das Segment unter 10.000 Euro ist. Bisher sprachen wir über Dollar, jetzt über Euro. Das hat in den letzten vier, fünf Jahren dadurch eine starke Wende genommen, dadurch dass das Angebot größer geworden ist. Ganz wichtig auch bei uns ist ein Modell, was am Anfang belächelt worden ist, von unseren Herstellern genauso wenig ernst genommen worden ist wie der Nano. Das ist der Dacia Logan. Der hat sich mittlerweile gut etabliert, in den neuen Märkten, aber auch bei uns, allerdings dadurch, dass er für uns spezifiziert ist mit einer besseren Ausstattung, mit mehr Sicherheit. Bei uns kostet er so um die 7500 Euro. Allerdings ist er im letzten Jahr in Deutschland 17 Mal (gemeint: 17.000) verkauft worden, was ja nicht schlecht ist, mehr als zum Beispiel der Ford Ka.
Kolkmann: Nun steht ja dahinter der Renault-Konzern. Sollten auch deutsche Konzerne, sollte vor allen Dingen VW versuchen, in diesem Segment mehr zu kooperieren mit Herstellern in Asien, um an diesem doch extrem schnell wachsenden Markt mit teilzuhaben?
Dudenhöffer: Ich denke unbedingt. VW muss dort in dieses Segment gehen. Man darf da nicht einfach zuschauen und man muss sich auch mit einer Marke in dieses Segment bewegen. Es macht wenig Sinn, jetzt mit dem Markennamen VW diese Dinge zu verkaufen, sondern da ist wirklich Vorbild Renault Dacia. Man hat die Billigmarke Dacia aufgekauft und hat damit sehr stark die Fahrzeuge von der Hauptmarke Renault getrennt und kann beide Wege begehen. Das hat VW nicht. Man hat zwar jede Menge Marken wie Skoda, Seat, VW und andere, aber bei den drei Marken selbst weiß so keiner richtig den Unterschied. Bei Dacia und Renault ist ein sehr klarer und deutlicher Unterschied und das ist ja wichtig.
Kolkmann: Nun würde mich interessieren: wie passt denn Billigautos und die CO2-Verordnung zusammen? Können solche Kleinwagen die EU-Vorgaben vielleicht dann besser erfüllen als deutsche Prestigewagen der Luxusklasse, die ja nun mit Sanktionen zu rechnen haben? Die werden dann teuerer.
Dudenhöffer: Wenn man die Fahrzeuge so nimmt, wie sie heute in den neuen Ländern sind, dann sind sie alles andere als CO2-schädlich im Vergleich zu unseren Fahrzeugen. Jetzt ist es so: diese CO2-Verordnung, diese 130 Gramm CO2, die zum Jahr 2012 gebraucht wird, da wird von der Industrie, auch vom Herrn Wissmann, dem VDA-Präsidenten, was ja überraschend ist, weil er ja das Umweltziel mit auf die Fahnen sich geschrieben hat, jetzt so getan, als würde die Welt untergehen, wenn man von 160 Gramm auf 130 Gramm CO2 reduziert. Das ist überhaupt nicht der Fall. Das ist machbar. Da ist viel Geschrei auch in Deutschland, sogar von der Bundeskanzlerin, dem man eigentlich nur mit Kopfschütteln begegnen kann. Also die Ziele sind machbar, ohne dass zu viel zerstört wird. Das ist auch bei uns im Markt umsetzbar. Und wir sollten es umso mehr machen, weil wir wissen, dass in Indien und in China jede Menge Fahrzeuge in den Markt kommen. Also eher schneller reagieren, als sich dauernd nur zum Jagen tragen zu lassen.
Kolkmann: Nun können wir reduzieren und sparen hier in Europa. Die Zulassungszahlen in China, aber auch die Zahlen, was dort an Autos gebaut wird, sind so gigantisch und im letzten Jahr noch einmal so enorm gestiegen. Kann da unser Sparen überhaupt noch etwas ausrichten?
Dudenhöffer: Unser Sparen richtet was aus. Bei uns ist ja immerhin die größte Menge an Fahrzeugen im Markt und in den USA auch. Jetzt muss man sagen, solange in den USA Fahrzeuge verkauft werden, die 25 Liter pro 100 Kilometer verbrauchen, da darf man doch nicht hingehen und einem Inder oder einem Chinesen aus Umweltschutzgedanken verbieten, ein Auto zu kaufen. Mobilität gehört zum Wachstumsprozess. Wenn sie diesen Menschen die Mobilität rauben, dann rauben sie ihnen auch das Wirtschaftswachstum. Dann rauben sie ihnen auch einen späteren Wohlstand. Dann lassen wir sie genau dort, wo sie sind. Das können wir doch um Gottes Willen nicht verantworten. Nein: wir brauchen ein gemeinsames Gesamtkonzept, bei dem wir beides schaffen können, dass in den neuen Märkten die Billigautos ihre Kunden finden, denn die brauchen die dringend, um sich wirtschaftlich zu verbessern, und bei uns die 25 Liter doch ein bisschen reduziert werden.
Ferdinand Dudenhöffer: Schönen guten Morgen!
Kolkmann: Professor Dudenhöffer, müssen VW und alle anderen nun große Angst vor dem kleinen Nano haben?
Dudenhöffer: Sie müssen ihn sehr ernst nehmen, jedenfalls die Volumenhersteller. Nicht Mercedes, BMW, Audi oder Porsche, aber VW. Wenn VW nichts in diesem Preissegment anbietet, wird VW das Ziel, was ja wichtig ist für VW und was Winterkorn, der Chef, ja unbedingt wollte, das Wachstum von VW zu verdoppeln, nicht erfüllen können ohne Billigauto.
Kolkmann: Die Frage ist aber, wie billig darf dieses Auto sein und was will der Markt hier eigentlich genau? Kann es dann so ein Abklatsch vom Nano sein oder sagen wir mal ein abgestrippter Polo?
Dudenhöffer: In den neuen Ländern wie China, Indien und Osteuropa – und dort bewegt sich ja die Welt – wird gut 90 Prozent verkauft, was zusätzlich an Fahrzeugen in den nächsten 10, 15 Jahren in den Markt kommt. Dort reicht eben nicht ein abgestrippter Polo, sondern dort braucht man Fahrzeuge, die auch Platz bieten, die viersitzig sind und die natürlich in der 5000-Dollar-Preisklasse liegen. Da ist ein abgestrippter Polo nicht möglich.
Kolkmann: Das heißt, wir sprechen über durchaus unterschiedliche Dinge. Der Nano für die wachsenden Märkte in Asien, aber für unseren Markt auch so etwas wie ein Billigauto, aber etwas anderes.
Dudenhöffer: Für unsere Märkte haben wir gesehen, dass das Preissegment bei uns das Segment unter 10.000 Euro ist. Bisher sprachen wir über Dollar, jetzt über Euro. Das hat in den letzten vier, fünf Jahren dadurch eine starke Wende genommen, dadurch dass das Angebot größer geworden ist. Ganz wichtig auch bei uns ist ein Modell, was am Anfang belächelt worden ist, von unseren Herstellern genauso wenig ernst genommen worden ist wie der Nano. Das ist der Dacia Logan. Der hat sich mittlerweile gut etabliert, in den neuen Märkten, aber auch bei uns, allerdings dadurch, dass er für uns spezifiziert ist mit einer besseren Ausstattung, mit mehr Sicherheit. Bei uns kostet er so um die 7500 Euro. Allerdings ist er im letzten Jahr in Deutschland 17 Mal (gemeint: 17.000) verkauft worden, was ja nicht schlecht ist, mehr als zum Beispiel der Ford Ka.
Kolkmann: Nun steht ja dahinter der Renault-Konzern. Sollten auch deutsche Konzerne, sollte vor allen Dingen VW versuchen, in diesem Segment mehr zu kooperieren mit Herstellern in Asien, um an diesem doch extrem schnell wachsenden Markt mit teilzuhaben?
Dudenhöffer: Ich denke unbedingt. VW muss dort in dieses Segment gehen. Man darf da nicht einfach zuschauen und man muss sich auch mit einer Marke in dieses Segment bewegen. Es macht wenig Sinn, jetzt mit dem Markennamen VW diese Dinge zu verkaufen, sondern da ist wirklich Vorbild Renault Dacia. Man hat die Billigmarke Dacia aufgekauft und hat damit sehr stark die Fahrzeuge von der Hauptmarke Renault getrennt und kann beide Wege begehen. Das hat VW nicht. Man hat zwar jede Menge Marken wie Skoda, Seat, VW und andere, aber bei den drei Marken selbst weiß so keiner richtig den Unterschied. Bei Dacia und Renault ist ein sehr klarer und deutlicher Unterschied und das ist ja wichtig.
Kolkmann: Nun würde mich interessieren: wie passt denn Billigautos und die CO2-Verordnung zusammen? Können solche Kleinwagen die EU-Vorgaben vielleicht dann besser erfüllen als deutsche Prestigewagen der Luxusklasse, die ja nun mit Sanktionen zu rechnen haben? Die werden dann teuerer.
Dudenhöffer: Wenn man die Fahrzeuge so nimmt, wie sie heute in den neuen Ländern sind, dann sind sie alles andere als CO2-schädlich im Vergleich zu unseren Fahrzeugen. Jetzt ist es so: diese CO2-Verordnung, diese 130 Gramm CO2, die zum Jahr 2012 gebraucht wird, da wird von der Industrie, auch vom Herrn Wissmann, dem VDA-Präsidenten, was ja überraschend ist, weil er ja das Umweltziel mit auf die Fahnen sich geschrieben hat, jetzt so getan, als würde die Welt untergehen, wenn man von 160 Gramm auf 130 Gramm CO2 reduziert. Das ist überhaupt nicht der Fall. Das ist machbar. Da ist viel Geschrei auch in Deutschland, sogar von der Bundeskanzlerin, dem man eigentlich nur mit Kopfschütteln begegnen kann. Also die Ziele sind machbar, ohne dass zu viel zerstört wird. Das ist auch bei uns im Markt umsetzbar. Und wir sollten es umso mehr machen, weil wir wissen, dass in Indien und in China jede Menge Fahrzeuge in den Markt kommen. Also eher schneller reagieren, als sich dauernd nur zum Jagen tragen zu lassen.
Kolkmann: Nun können wir reduzieren und sparen hier in Europa. Die Zulassungszahlen in China, aber auch die Zahlen, was dort an Autos gebaut wird, sind so gigantisch und im letzten Jahr noch einmal so enorm gestiegen. Kann da unser Sparen überhaupt noch etwas ausrichten?
Dudenhöffer: Unser Sparen richtet was aus. Bei uns ist ja immerhin die größte Menge an Fahrzeugen im Markt und in den USA auch. Jetzt muss man sagen, solange in den USA Fahrzeuge verkauft werden, die 25 Liter pro 100 Kilometer verbrauchen, da darf man doch nicht hingehen und einem Inder oder einem Chinesen aus Umweltschutzgedanken verbieten, ein Auto zu kaufen. Mobilität gehört zum Wachstumsprozess. Wenn sie diesen Menschen die Mobilität rauben, dann rauben sie ihnen auch das Wirtschaftswachstum. Dann rauben sie ihnen auch einen späteren Wohlstand. Dann lassen wir sie genau dort, wo sie sind. Das können wir doch um Gottes Willen nicht verantworten. Nein: wir brauchen ein gemeinsames Gesamtkonzept, bei dem wir beides schaffen können, dass in den neuen Märkten die Billigautos ihre Kunden finden, denn die brauchen die dringend, um sich wirtschaftlich zu verbessern, und bei uns die 25 Liter doch ein bisschen reduziert werden.