Vor der Fußball-WM

Australische "Matildas" hoffen auf den großen Erfolg

06:40 Minuten
Eine Spielerin mit dem offiziellen Spielball der FIFA Frauen-WM in Australien und Neuseeland
Das australische Team steht auf Platz zehn der Frauen-Fußball-Weltrangliste. © dpa / picture alliance / Oliver Zimmermann
Von Andreas Stummer · 02.07.2023
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In zweieinhalb Wochen beginnt die Frauen-Fußball-Weltmeisterschaft in Australien und Neuseeland. Das Team von „Down Under“ hat gute Chancen. Trotzdem müssen die „Matildas“ im Land noch um Anerkennung kämpfen.
Beim FC Strathfield im Westen von Sydney wird auf beiden Kunstrasenplätzen Fußball gespielt. Von Frauen. Den ganzen Tag über. Morgens die Minis, dann die Jugendteams, abends die über 35-Jährigen. So geht das jedes Wochenende.

Der Frauenfußball in Australien boomt

Der Frauenfußball boomt in Australien. Mehr als 300.000 Spielerinnen sind in Vereinen aktiv. Tendenz rapide steigend. Kein Sport ist beliebter bei Mädchen, jungen Frauen - und Müttern.
Kate Jenkins trainiert in Strathfield das U10-Team ihrer Tochter Zoe.

“Frage ich Mädchen zwischen acht und 14 Jahren: 'Was mögt ihr so am Fußball?', dann sagen sie mir: 'Weil es richtig zur Sache geht' oder 'Weil ich so gut sein will, wie meine Brüder'. Meine Lieblingsantwort aber ist: Weil die Spiele nicht abgesagt werden, wenn es regnet und dreckig ist.“

Andere Sportarten sind beliebter

Doch der Fußball an sich hat ein Imageproblem in Australien. Rugby, Cricket und Australian Rules Football haben weit mehr Zuschauer, mehr Respekt und mehr Tradition. Was Professionalität, Medieninteresse, Nachwuchsarbeit und Sponsorengelder angeht, hinkt der Fußball hinterher.
Jetzt aber kommt die Frauen-WM ins Land. Felicity, 15, spielt selbst im Verein. Es sei Zeit, sagt sie, dass der Frauenfußball in Australien seinen Mann steht.

“Ich habe mich so gefreut, als wir die WM bekamen, denn für uns steckt die Fußballkultur noch in Kinderschuhen. Wir Mädchen spielen zwar längst wie die Jungs. Aber die besten Frauenteams der Welt hier in Australien zu sehen, wird noch mehr dazu bringen, selbst anzufangen.“

Die "Matildas" - erfolgreich, aber ignoriert

International kann der australische Frauenfußball mit den Weltbesten mithalten. Ein Erfolg, der nicht über Nacht kam. Und er hat einen Namen: die "Matildas“. Australiens Frauen-Nationalmannschaft. Jahrelang wurden sie von Sponsoren, den Medien und den Sportfans mehr oder weniger ignoriert. Man hat sie belächelt und miserabel bezahlt.

Die Frauen stehen besser als die Männer da

Heute bekommt Australiens Frauen-Nationalmannschaft nicht nur gleich viel Geld wie die Männer - sie steht auch auf Platz zehn der Frauenfußball-Weltrangliste, 19 Plätze höher als ihre männlichen Kollegen, die Socceroos.

Trainer Chris Fogarty ist der Abteilungsleiter Frauenfußball beim FC Burwood, einem Stadtteilclub in Sydney. Er wundert sich nicht, dass seine Spielerinnen genauso sein wollen, wie die "Matildas". 

Als Coach sage ich nicht mehr: 'Ich möchte, das ihr wie Messi spielt', sondern: 'Spielt wie Ellie Carpenter oder Sam Kerr.' Das sind alles starke Mädels. Die 'Matildas' sind enorm wichtig für den australischen Frauenfußball. Durch ihren Erfolg sind sie fantastische Vorbilder für unseren Nachwuchs.

Chris Fogarty, Abteilungsleiter Frauenfußball beim FC Burwood

Chris Fogarty,  Abteilungsleiter Frauenfußball beim FC Burwood in Sydney
Die WM werde den Fußball in Australien verändern, meint Chris Fogarty.© Andreas Stummer
Talia Younes gehört zur nächsten Generation der Matildas. Die 15-Jährige aus Sydney spielt für die australische Frauen-U16. Defensives Mittelfeld. Im Verein trainiert sie mit gleichaltrigen Jungs, viermal die Woche, plus ein Spiel.
Aber Talia weiß: Wenn sie später mit Fußball ihr Geld verdienen will, dann muss sie weg aus Australien. Weit weg. Am besten nach Europa.

Die besten Spielerinnen kicken in Europa

“Ich mag Bayern München, das ist ein tolles Team. Nach Deutschland würde ich am liebsten gehen. Dort wird sehr guter Fußball gespielt. Es ist der populärste Sport im Land, und es gibt viele Möglichkeiten, bei Klubs unterzukommen.

In Australien kämpfen die Fußballerinnen um Relevanz. Die besten Spielerinnen kicken im Ausland. Zu den einheimischen Bundesligaspielen kommen nicht mehr als ein paar hundert Fans, im Fernsehen werden die Begegnungen gar nicht übertragen.

Die WM als Riesenchance

Jetzt soll die WM im eigenen Land den Fußball aus dem Amateur-Abseits holen. Von Gleichstellung ist die Rede. Von gleicher Bezahlung für die australischen Männer- und Frauen-Bundesligen, von TV-Rechten und einem 50-Prozent-Frauen-Anteil bei den Funktionären. „Die Heim-WM“, meint Trainer Chris Fogarty, sei "ein Steilpaß für den australischen Frauenfußball". 

Ich glaube, Australien macht sich keine Vorstellung davon, wie groß die WM sein wird und wieviel sie bewegen wird. Generell für Frauensport. Das Turnier wird phänomenal und den Fußball in Australien für immer verändern.

Chris Fogarty, Abteilungsleiter Frauenfußball beim FC Burwood

Bereit für ein Fußball-Sommermärchen

Überall Public Viewing und durchgehend geöffnete Pubs: Wie bei Olympia 2000 werden die Australier auch aus der Fußball-WM mühelos ein Sportfest machen.
Die Stadien werden jedenfalls voll sein. Schon jetzt sind über eine Million Tickets verkauft. Ein Rekord. Vielleicht kann die WM im eigenen Land den Frauenfußball aus seinem Dornröschenschlaf wachrütteln.
Denn: Auch wenn jetzt Spätherbst ist, das sportverrückte Australien ist bereit für ein Fußball-Sommermärchen.

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