Ausstellung zu Frauenkörpern in der Kunst

Weg von der Dominanz des männlichen Blicks

09:13 Minuten
Die Fotografie "Untitled" der Künstlerin Juul Kraijer zeigt zwei ineinander verschlungene Frauenkörper.
Dekonstruktion des männlichen Blicks: Juul Kraijers Fotografie "Untitled" von 2017 © Juul Kraijer
Dagmar Hirschfelder im Gespräch mit Sigrid Brinkmann · 24.10.2021
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Eine Ausstellung in Heidelberg zeigt, wie sich der Blick auf den weiblichen Körper verändert hat. Junge Künstlerinnen räumten mit männlichen Sehgewohnheiten auf, sagt die Kuratorin Dagmar Hirschfelder, und erhielten dafür teils heftige Reaktionen.
Das Kurpfälzische Museum in Heidelberg geht in der Ausstellung "Frauenkörper" dem Wandel der Schönheitsideale nach. Das breite Spektrum der Schau bildet mit 130 Werken aus sechs Jahrhunderten unterschiedliche Vorstellungen von Weiblichkeit ab, aber auch das Spiel der Künstlerinnen und Künstler mit dem Voyeurismus der Betrachtenden.

Bruch mit der Tradition

Die Ausstellung zeige auch, dass die Tradition des männlichen Blicks auf den weiblichen Körper und die Darstellung von Verführen und Begehren im 20. Jahrhundert einen radikalen Bruch erfahre, sagt die Kuratorin Dagmar Hirschfelder.
Dieser Blick habe die Kunstgeschichte über Jahrhunderte geprägt, in der Ausstellung werde ihm der weibliche Blick gegenübergestellt: "Gerade Künstlerinnen setzen sich im 20. Jahrhundert sehr intensiv mit dieser Tradition auseinander, hinterfragen, kritisieren und dekonstruieren sie."
Eine andere Tradition zeige sich darin, dass moderne Maler die vormodernen zitierten, so Hirschfelder: "Unsere heutigen Sehgewohnheiten sind noch immer stark bestimmt von den Bildmustern, die sich in der Renaissance und im Barock formiert haben. Die Künstlerinnen und Künstler haben über Jahrhunderte immer wieder bestimmte Bildformulare und Motive aufgegriffen, beispielsweise das Motiv der liegenden Venus."

Die Macht der Stereotype

Heute biete das Internet jungen Künstlerinnen neue Möglichkeiten, um ein eigenes Bild von sich selbst zu kreieren und einen eigenen Blick auf den weiblichen Körper zu entwickeln, sagt Hirschfelder.
Das Gemälde "Liegende Frau vor violettem Grund" von Felix Vallotton. Zu sehen ist eine nackte Frau mit bedecktem Genitalbereich.
Passives Objekt der Betrachtung: Felix Vallottons Gemälde "Liegende Frau vor violettem Grund" von 1924 greift das Motiv der "liegenden Venus" auf.© Kunsthalle Bremen - Foto: Lars Lohrisch / Artothek
Zwar würden auch dabei oft weibliche Stereotypen reproduziert, aber es gebe auch Künstlerinnen wie Arvida Byström, die diese Stereotype unterliefen und zum Beispiel Menstruationsblut oder behaarte Beine zeigen würden und sich dafür dann mit Hasskommentaren und im Netz auseinandersetzen müssten.

Tabus in der Welt genormter Körper

"Das zeigt, wie aufgeladen und tabubehaftet diese Thematik ist", sagt Hirschfelder, "was ich heutzutage ganz erstaunlich finde, dass Dinge wie Haare auf Frauen Empörung hervorrufen. Es gibt offenbar eine Tendenz, in der durchgenormten Welt des schönen Körpers Dinge, die von der Norm abweichen, zu tabuisieren."

Frauenkörper - Der Blick auf das Weibliche von Albrecht Dürer bis Cindy Sherman
Kurpfälzisches Museum Heidelberg
bis 20. Februar 2022

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