Cosima von Bonins absurdes Universum

Auf vier Ebenen des Museums Moderner Kunst in Wien zeigt Cosima von Bonin eigene Arbeiten und die anderer Künstler. Dabei liegt der Unterhaltungswert vor allem im Überfluss an Absurditäten. Doch ist ein Museum dafür der richtige Ort?
Ein Universum kreiert Cosima von Bonin auf vier Ebenen des Museums Moderner Kunst. Mehrere tausend Quadratmeter zu füllen, scheint ihr nicht schwer gefallen zu sein, zumal sie neben eigenen Arbeiten auch solche anderer Künstler präsentiert. Cosima von Bonin stellt nicht einzelne Kunstwerke in den leeren Raum; sie setzt auf Menge, auf Dichte.
„Ich mag das auch wenn jemand reinkommt und sagt: viel zu viel, viel zu viel! Wenn man das so macht, ist es eine unglaubliche Freude, mit den Aufbaujungs zu arbeiten. Die kennen das ja auch nicht – die sind gewohnt, einen Picasso mit der Wasserwaage aufzuhängen, und sie freuen sich, hier mit Kabelbindern zugange sein zu dürfen. Und das ist das Beste.“
Cosima von Bonin arbeitet gerne mit anderen zusammen – sei es mit den Haustechnikern und Aufbauhelfern eines Ausstellungshauses, oder mit ihrer eigenen Entourage.
Die Performer der Gruppen Ypsilon Five und drei Ypsilons sind in Wien mit dabei, schrille Drag Queens in Clown-Maskerade, Männer als Frauen gestylt, mit Glitzer und Rosa im Gesicht und mit koketten, von Cosima von Bonin entworfenen Muschelhütchen. Eine der Drag Queens ist extra aus Toronto eingeflogen, um Cosima von Bonin bei der Vernissage zu unterstützen und der Sterilität des Museums etwas Queerness und Farbe entgegenzusetzen.
„Es sieht ja manchmal aus wie in der Apotheke, und deswegen werden wir hier gebraucht, um Flair reinzubringen! Drag Queens sind ja wie Clown-Stars, die müssen die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Die Rampensäue halt.“
Schüchtern und exaltiert
Auch Attila, der die Raketen baut, ist mit dabei, ebenso die Näherin Julia, alle helfen mit, sagt die Künstlerin über ihre Entourage:
„Ich selber kann ja nix, wirklich nicht. Ich lasse das bauen. Obwohl: Hier gibt es ein Zimmer, das Depressionszimmer, da habe ich drei Bilder selber entworfen und gemacht, ganz kleine. Die kommen auch gut an, die Depressionsbilder.“
Cosima von Bonin tritt schüchtern und exaltiert zugleich auf – stets umgeben von zwei französischen Bulldoggen nach dem Vorbild von Karl Lagerfeld, trotz des kühlen Wetters barfuß, mit Glitzernagellack. Sie trägt einen Blazer und darunter ein Tocotronic-T-Shirt. Mit Dirk von Lowtzow von Tocotronic ist sie gut befreundet – er schreibt Texte für sie und sie entwirft seine Plattencover.
„Kapitulation“ heißt eine Tocotronic-Platte von 2007, und den gleichen Titel trägt eine Rauminstallation der Künstlerin, die 2004 als Set für Performances im Kölnischen Kunstverein diente. im Museum Moderner Kunst in Wien wurde „KAPITULATION“ aus Pappe als 1:1 Modell nachgebaut. Rekonstruiert ist diese Arbeit deshalb, weil die Künstlerin sich ausdrücklich nicht mit ihren Stars messen will, mit Künstlern wie Mike Kelley oder Martin Kippenberger, deren Arbeiten im gleichen Raum zu sehen sind.
Lustig und nervig
Kippenberger war es, der Ende der 1980er-Jahre in Cosima von Bonin die Überzeugung weckte, Künstlerin werden zu wollen, berichtet Karola Kraus. Die Direktorin des Museums Moderner Kunst hat die Ausstellung kuratiert:
„Sie zitiert immer wieder gern Kippenberger: ‚Talente leihen aus und Genies stehlen.‘ Das ist eine wichtige Arbeitsweise von Cosima von Bonin, dass ihre Arbeit sehr referentiell ist und dass sie, wie sie selber sagt, überall klaut. Und die Referenzen können aus der Kunstgeschichte sein, aber auch aus dem alltäglichen Leben, Pop, Musik und Fernsehserien.“
Cosima von Bonins Ausstellung „Hippies the Side Door. Das Jahr 2014 hat ein Rad ab“ ist lustig und zugleich nervig, im Überfluss an Absurditäten liegt ihr Unterhaltungswert, aber immer wieder drängt sich die Frage auf, ob unverfängliche Unterhaltung für Alt und Jung nicht woanders besser platziert ist, als in einem Museum moderner Kunst.