Ausstellung im British Museum London

Kuriositäten des Widerstands

Eine Frau mit einem Pussy Hat vor dem Weißen Haus - als Zeichen des Protests gegen US-Präsident Donald Trump
Auch solche Pussy Hats sind in der Ausstellung zu sehen. © imago / The Photo Access
Von Robert Rotifer · 05.09.2018
Pinkfarbene Pussy Hats gegen Donald Trump und gelbe Regenschirme für mehr Demokratie in Hongkong: Das British Museum London zeigt in der Ausstellung "I object: Ian Hislop's search for dissent" Objekte des Widerstands – mit einem Satiriker als Kurator.
Man sollte sich in seinem eigenen Urteil ja nicht von Kritiken leiten lassen. Aber wenn die britische Tageszeitung "The Guardian" diese vom Satiriker Ian Hislop kuratierte Ausstellung als "extrem freudlos" bezeichnet, sind die Erwartungen doch erst einmal gedämpft.
Und beim Betreten der Ausstellung sieht man sie auch schon: die von "Guardian"-Schreiber Jonathan Jones als autoritär bemängelten Sprechblasen, in denen der Kurator uns didaktisch humorige Anweisungen zum Verständnis der jeweiligen Objekte erteilt. In unserem Fall ist Ian Hislop sogar selbst zur Stelle, um uns die Holzschnitzereien auf einer ornamentalen Doppeltür aus Nigeria vorzuführen. Zwischen Darstellungen der einheimischen Bevölkerung tummeln sich da sehr europäisch aussehende Witzfiguren auf Fahrrädern.
"Diese Tür wurde in der British Empire Exhibition ausgestellt. Niemand begriff damals, dass das unglaublich rüde Darstellungen von Kolonialverwaltern sind. Sie galten als Beispiel nigerianischer Kunst, die wir als Machthaber gefördert haben. Dabei werden in Wahrheit wir selbst darin veräppelt."

Unter dem Titel "The Joke's On Us" - "der Witz geht auf unsere Kosten" - versammelt Hislop gegen Ende der Ausstellung Objekte, deren Schöpfer ganz spezifisch das British Museum selbst zum Ziel ihres Spotts machen.
"Diese witzigen kleinen Figuren aus dem Jemen kaufte das British Museum und deutete sie als Götterdarstellungen. Dabei sind sie Fälschungen, die auf dem Klo sitzende Männer darstellen. Im Jemen fand man das sicher lustig: Ihr könnt das ausstellen, und wir lachen über euch."

Nicht alle Ausstellungsstücke sind historisch

Die Selbstironie ist nicht unmutig: Schließlich wird das British Museum immer wieder und durchaus zurecht für sein Festhalten an in den Kolonien geplünderten Kunstschätzen kritisiert. Insofern ist dies auch keine selbstgefällige Schau aus der überlegenen Perspektive einer aufgeklärteren, vermeintlich toleranteren Zeit und Gesellschaft, sondern im Kontext des Brexit-Zeitalters ein durchaus aktueller Kommentar zur grassierenden Romantisierung des britischen Empire.
Und auch nicht alle Ausstellungsstücke sind historisch. Der Pussy Hat, die rosa Haube mit Katzenohren als selbstgehäkeltes Widerstandssymbol der feministischen Frauenmärsche gegen Donald Trump, hat es Ian Hislop besonders angetan.

"Die Leute sagen: 'Bei Brexit und Trump ist es unmöglich, noch Satire zu machen'. Das ist es nicht, man muss sich bloß mehr anstrengen. Deshalb ist der Pussy Hat so brillant. Das ist nicht nur ein sehr schlaues Wortspiel, sondern auch ein kleidsames Objekt, und außerdem wissen wir, dass er es hasst. Da wird Satire gut: Trump kümmert es nicht, dass man ihn einen fetten, orangefarbenen Frauenfeind nennt. Aber wenn man sagt: 'Alles, wofür du stehst, kann ich mit dieser Mütze verspotten', dann ist man auf dem richtigen Weg."
Also, zwei Sterne im "Guardian", fünf in der "Times" ... "Der Times hat's gefallen", sagt Hislop, "einigen wir uns darauf."
"The Times liked it, so we'll go with that, hehe ..."
Würden wir hier Sterne vergeben, dann läge deren Zahl wohl irgendwo in der Mitte. Die von der Ausstellung vermittelte Definition von Dissens ist einerseits zu eng fixiert auf individuelle, subtil kodierte Statements. Andererseits bietet "I object" einen lohnenden Blick in die verborgenen Kuriositätenkabinette des British Museum. In der Auswahl seiner Objekte hat Ian Hislop sich über dreieinhalb Jahre lang von Spezialisten der vielen verschiedenen Museumsabteilungen beraten lassen.
Der Satiriker Ian Hislop
Der Satiriker Ian Hislop kuratiert die Ausstellung© dpa / picture alliance / Stefan Rousseau
Deren diebische Freude am Entdecken historischer Schelmenstreiche springt aus den Vitrinen über, und das allein lohnt den Aufstieg in den Oberstock des Round Reading Room im überdachten Innenhof. Ach übrigens: Es hätte der Ausstellung auch nicht geschadet, sie in einem der vielen großzügigeren Räume dieses Museums unterzubringen.
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