Ausstellung "Geheime Kriege"

Kampf der Agenten

Nächtliche Straßenansicht mit der Silhouette eines Mannes in langem Mantel und Hut
Wie wurden Agenten ausgebildet und wie haben sie gearbeitet? Um Fragen wie diese dreht sich die Ausstellung "Geheime Kriege" im Pariser Armeemuseum. © imago/Leemage
Von Jürgen König · 11.10.2016
Verschlüsselte Briefe, Chiffriermaschinen, Pistolen-Lippenstifte: Die Pariser Ausstellung "Geheime Kriege" zeigt anhand zahlreicher Objekte, wie sich Geheimdienste im 20. Jahrhundert bekriegten. Das Interesse ist groß - auch angesichts der Rolle der Geheimdienste im Kampf gegen den Terrorismus.
Mit Rundumgeflüster im Raum illustriert die Ausstellung eine Sammlung von Plakaten, auf denen etwa steht: "Schweig!", "Nicht reden über Truppenbewegungen und Kriegsausrüstung!", "Schweigen Sie!" - Plakate, mit denen das französische Kriegsministerium während des Zweiten Weltkriegs die Bevölkerung, vor allem aber die Presse zur Zurückhaltung mahnte. Auch deutsche Plakate aus dem besetzten Frankreich zeigt die Ausstellung: Da sitzen Soldaten in einer Kneipe beim Bier, neben ihnen ein Mann, der hinter einer Zeitung hervorlugt, der Text dazu: "Achtung Spione – Vorsicht bei Gesprächen!"
"Geheime Kriege" – damit sind jene Kriege gemeint, die französische, englische, deutsche, amerikanische, russische Geheimdienste im 20. Jahrhundert mit- und gegeneinander führten. Historische Zusammenhänge, politische, ideologische Fragen werden angerissen, im Mittelpunkt aber steht das Wesen geheimdienstlicher Arbeit: Wie wurden Agenten ausgebildet, wofür wurden sie eingesetzt? Wie wurden sie ausgerüstet? Wie haben sie gearbeitet? Welche Mittel psychologischer Kriegführung gab es? Welche Niederlagen, spektakuläre Enttarnungen? Ausgesprochen heikel sei die Entwicklung dieser Ausstellung gewesen, sagt Christophe Bertrand, einer der drei Kuratoren:
"Es war schwer, weil es ein sensibles Thema ist und sehr komplex. Wir sind Museumsleute, wir haben uns wie immer um größte wissenschaftliche Korrektheit bemüht, haben mit einem wissenschaftlichen Beirat zusammengearbeitet - und haben am Ende wirklich die Archive des französischen Inlands- wie die des Auslandsgeheimdienstes nutzen können: für Objekte, vor allem aber für Dokumente."

Wichtige Waffe im Kampf gegen den Terrorismus

Und es ist sehr viel zu sehen im Pariser Armeemuseum: Telegramme und Briefe, verschlüsselt und lesbar; Einsatzpläne, Fotos, Landkarten, Plakate, kryptografische Lehrbücher und Chiffriermaschinen; Zigarettenschachteln, die Fotoapparate sind, feine Herrenschuhe mit scharfer Klinge in der Sohle, Lippenstifte, die zu Pistolen, Regenschirme, die zu Giftspritzen werden. Natürlich will die Ausstellung mit derlei auch unterhaltsam sein, sie zielt aufs große Publikum - nicht zuletzt mit Beispielen legendärer Agentenfilme, aus denen Ausschnitte gezeigt werden. Doch bei aller Unterhaltsamkeit ist die Ausstellung durchweg anspruchsvoll, Dokumente und Objekte werden an Multimedia-Stationen ausführlich erklärt, begleitet von Interviews und historischen Filmdokumenten.
"Die Idee war, den ganzen Themenbereich dieser 'geheimen Kriege' vorzustellen, welche Mechanismen es gegeben hat und wie sie ausgeführt wurden. Und zwar auch, weil es ein aktuelles Thema ist – und weil wir bei der wissenschaftlichen Aufarbeitung dieses Themas gegenüber den angelsächsischen Ländern deutlich zurückliegen. Englische und amerikanische Forscher sind viel weiter, genau wie es in diesen Ländern auch eine wirkliche Zusammenarbeit der einzelnen Dienste gibt. Man geht dort viel pragmatischer mit dem Thema um; in Frankreich arbeiten die Geheimdienste streng voneinander abgeschirmt."
Mit dieser Kritik steht Christophe Bertrand vom Pariser Armeemuseum wahrlich nicht alleine da. Im Kampf gegen den Terrorismus gelten die Geheimdienste inzwischen bald als die wichtigste Waffe, ihre Reform zugunsten einer besseren Zusammenarbeit steht seit Langem auf der politischen Tagesordnung. Doch in der öffentlichen Diskussion ist das Thema tabu, auch die Ausstellung macht dazu natürlich keine Aussagen, der Zerfall der Sowjetunion markiert zeitlich das Ende des langen Rundgangs. Doch die Arbeit der Geheimdienste überhaupt zum Thema gemacht zu haben, wird von französischen Medien als bemerkenswert angesehen. Das Interesse an der Ausstellung ist sehr groß und sie löst es ein - auch für deutsche Besucher.

Die Ausstellung "Geheime Kriege" im Pariser Armeemuseum ist noch bis 29. Januar 2017 zu sehen.

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