Ausstellung "Collecting Europe"

Wie sieht Europa in 2000 Jahren aus?

Blick auf das Victoria & Albert Museum in London.
Blick auf das Victoria & Albert Museum in London. © picture-alliance/ dpa / dpaweb
Von Friedbert Meurer, Studio London · 01.02.2017
Die Ausstellung "Collecting Europe" im Victoria & Albert Museum London präsentiert Installationen internationaler Künstler, wie sie sich die Zukunft Europas vorstellen – und zwar in 2000 Jahren. Angestoßen hat die Schau das Goethe-Institut in London.
Beethovens berühmte Ode an die Freude ertönt gleich in mehreren Räumen des Victoria & Albert Museums, hier nur die Geige, weiter entfernt nur das Cello. Hier und da weist eine blaue EU-Fahne den Weg entlang der Ausstellung, die sich über insgesamt zwölf Museumsräume verteilt, zu zwölf Künstlern und ihren Installationen. Der Niederländer Remco Torenbosch lässt also die Europahymne in ihre Teile zerfallen.
"Die Ode an die Freunde kennt man weltweit", erläutert Jo Norman vom V & A Museum.
"Torenbosch fragmentiert und trennt Geige, Bratsche oder Cello in verschiedenen Räumen. Man kann nur in seiner Vorstellung die unterschiedliche Besetzung wieder zusammenfügen."
Europa hat Trennendes und Gemeinsames, die Staaten gehen aufeinander zu und streben auseinander.
Mysteries of Lost Civilisations“ -  Europa als archäologische Bruchstücke, eine Installation von Tu Wei-Cheng, Taiwan. Im Bild Jo Norman (V & A Museum, links) und Angela Kaya (Goethe-Institut London, rechts).
"Mysteries of Lost Civilisations" - Europa in archäologischen Bruchstücken, eine Installation von Tu Wei-Cheng, Taiwan. Im Bild Jo Norman (V & A Museum) und Angela Kaya (Goethe-Institut London) (v.l.).© Deutschlandradio - Friedbert Meurer

Jeder kann EU-Bürger werden

Eine andere Installation stammt von den Designerbüros "if" und "00" sieht aus wie eine Wahlkabine mit schwarzen Außenstellwänden. Innen steht ein Touchscreen mit Drucker – das Einwohnermeldeamt der EU im Jahr 4017. Europäer wird man aufgrund eigener Wahl, nicht wegen seiner Geburt. Jeder kann EU-Bürger werden.
"Es ist eine Welt ohne geographische Grenzen. Sie sind abgeschafft worden und wir erfreuen uns an einer digitalen Staatsbürgerschaft, die weniger durch physische Grenzen geprägt ist."
Statt Steuern zahlt man in diesem digitalen Europa für die Dauer der Mitgliedschaft einen Teil seines Einkommens als Gebühr. Es gibt auch keine gewählte Regierung mehr. Eine optimistisch gedachte Vision, für viele Briten im Moment aber wohl eher eine Horrorvorstellung.

Europa als verkitschte Vorstellung

Jasleen Kaur ist eine Künstlerin schottisch-indischer Herkunft und lässt Spielfilmszenen an die Decke des Museums werfen. Alle Szenen stammen aus indischen Bollywood-Streifen und zeigen europäische Klischees wie die Schweizer Alpen mit einer Frau in Tracht-Kleidung oder das London Eye und den Eiffelturm. Europa als verkitschte Vorstellung – die Geschichte des Westens wird im Osten geschrieben.
Der taiwanesische Künstler Tu Wei-Cheng präsentiert Europa in einem anderen Raum als archäologische, versteinerte Bruchstücke auf einem Regal, von der Zeit gezeichnet und verwittert. Ein recht düsterer Ausblick.
Angestoßen hat die Ausstellung das deutsche Goethe-Institut. Schon ein Jahr vor dem Referendum sei die Idee entstanden. Eine kleine Botschaft an die Briten? Für sie, heißt es oft, ist Europa eher ein Austausch von Interessen und weniger eine Idee, wie für uns idealistisch und romantisch geprägte Deutsche.

Briten haben Interesse an der Zukunft Europas

Angela Kaya ist Leitern des Goethe-Instituts in London:
"Es gibt komplett unterschiedliche Herangehensweisen oder Wahrnehmungen. Was wir aber erlebt haben, ist, dass wir uns nach dem Referendum mit den Ergebnissen hier im Land auseinandersetzen müssen, insbesondere nachdem klar war, dass es nicht so weitergehen kann und dass man auch nichts wegdrücken kann. Wir haben festgestellt, dass unsere britischen Partner mehr denn je eine Interesse an dem Neuen, Ungewissen, mit der Zukunft von Europa haben jenseits einer Europäischen Union."
Ergänzt wird die Reihe "Collecting Europe" durch Diskussionen und Aufführungen im Lauf der leider nur einen Woche. Dann soll sie online zu sehen sein und andernorts weltweit in neuer Form wieder auftauchen. Europa erscheint jedenfalls als ein Kontinent, den man – ob in ferner Zukunft oder auch heute – eher nur unscharf sehen kann.

Info: Die Ausstellung "Collecting Europe", "Sammlung Europa" im Victoria and Albert Museum in London geht bis zum 7. Februar.

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