Ausstellung "Am I Dandy?"

Wie viel Dandy steckt in mir?

Oscar Wilde (l) und Alfred Douglas
Der Schriftsteller Oscar Wilde (l.) galt als Dandy par excellence. © picture alliance/dpa/Foto: Hock
Von Azadê Peşmen · 24.06.2016
Elegant und cool sein, auffallen um jeden Preis - das war die Maxime der Dandys. Eine Berliner Ausstellung widmet sich dem kulturhistorischen Phänomen des 19. und 20. Jahrhunderts – und lässt seine Besucher in die Dandy-Rolle schlüpfen.
Anzug, Hemd, Krawatte, selbstbewusst, ein wenig distanziert. So stellt man sich die Figur des Dandys vor. Passend dazu der Cool Jazz von Miles Davis, die introvertiertere Form des Bebop. Der Dandy genießt das Leben und frönt dem Müßiggang. Er möchte sich von der Masse der Arbeitenden absetzen, erklärt Elke-Vera Kotowski. Sie kuratiert die Ausstellung "Am I Dandy?", im Schwulen Museum Berlin.
"Wie wichtig ist mir Mode und möchte ich Akzente setzen? Möchte ich auffallen? Das sind ja die wichtigen Punkte, die auch einen Dandy ausmachen. Aber er ist auch individualistisch geprägt und deshalb ist es ganz schwierig auch zu sagen, wenn es dann heißt, der Dandy ist so oder so. Wir haben uns bewusst dagegen entschieden, um einfach auch jedem die Möglichkeit zu geben, sich selbst zu fragen: Bin ich ein Dandy?"

Selbst der Geruch musste zum Outfit passen

Eine klare Definition als Antwort auf die Frage gibt es nicht. Die Struktur der Ausstellung bilden die drei wichtigsten Orte dieses kulturhistorischen Phänomens, beginnend bei der Straße. Dort blickt die auf Holz gemalte, elegante Figur des Dandys auf menschengroße Pappaufsteller herab, die Arbeiter in ihrer alltäglichen Berufskleidung abbilden. An jedem dieser Aufsteller wurde ein Selfiestick montiert. Was heute der Selfiestick ist, war für den Dandy des 19. Jahrhunderts der schwenkbare Standspiegel in seinem Ankleidezimmer. Nicht nur die Kleidung stimmten sie darin genauestens aufeinander ab, auch der Geruch musste passen, erklärt Kuratorin Julia Bertschik und hebt eine kleine Käseglocke an, unter der sich lila Veilchen befinden.
"Und hier haben wir – Sie dürfen das auch schon mal ausprobieren – Dandy-typische Parfums, die sie auch erriechen können. Also wenn Sie die Glasglocke anheben und dort ein wenig riechen."
Im Ankleidezimmer hängen auch Bilder, die eine ganze Gruppe von Dandys zeigen. Auf den Abbildungen stehen sie zwar zusammen, können sich aber nicht sehen, weil sie auf den Boden starren oder hohe Kragen ihren Blick auf ihr Gegenüber versperren.

Ein Laufsteg für die Besucher

Um dieser Coolness und Eitelkeit ein wenig mehr Ausdruck zu verleihen, haben die Kuratoren eigens einen Laufsteg in der Ausstellung aufgebaut. Der ist ausdrücklich für die Besucher da, die sich als Dandy verkleiden und auf dem Laufsteg stolzieren können. Natürlich nicht unbemerkt - die Besucher können ihren Auftritt in Echtzeit selbst betrachten, das eigene Bild wird von einem Beamer an die Wand projiziert.
Der Dandy ist aber kein ausschließlich europäisches Phänomen. Der vor kurzem verstorbene Sänger Papa Wemba wird als einer der Vorreiter der Schwarzen Dandys genannt. Im Schwulen Museum hängen direkt neben dem Laufsteg Bilder der Dandy-Bewegung aus Kongo, den Sapeurs. In Brazzaville, der Hauptstadt des Landes ziehen sich die Männer ganz im Stile der Dandys an, posieren elegant auf der Straße, mit einer Zigarre oder einer Pfeife im Mund. Diese Figur ist aber nicht nur denjenigen vorbehalten, die als Mann durch das Leben gehen. Auch Frauen können Dandys sein: die "Femme Dandy".
Marlene Dietrich gehört zu den bekanntesten Femme Dandys. Ihr erstaunlich gut erhaltener Hosenanzug ist auch Teil der Ausstellung, die versucht, durch die Historie viele unterschiedliche Typen des Dandys zu repräsentieren. Eine konkrete Definition fehlt aber in der Ausstellung. Zwischen den Dandy-typischen Accessoires und Bildern wird die Aufgabe, zu definieren, was einen Dandy ausmacht, an den Besucher übergeben. Dieser muss selbst eine Antwort auf die Frage finden können: "Am I Dandy?"
Mehr zum Thema