Ausschreitungen in Leipzig

Mangelnder Wohnraum und Spekulationsobjekte

04:18 Minuten
Teilnehmende einer Demonstration ziehen mit roten Pyro-Fackeln und einem Banner, auf dem steht "für eine solidarische Nachbarschaft", durch den Stadtteil Connewitz in Leipzig.
Der linken Szene Zugehörige auf der Demonstration in Leipzig-Connewitz am Samstagabend. © picture alliance/dpa/ZB/Hendrik Schmidt
Thomas Lopau im Gespräch mit Miriam Rossius · 06.09.2020
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In Leipzig gab es in der dritten Nacht in Folge gewaltsame Proteste. Die Ausschreitungen seien auch mit ein Resultat der angespannten Wohnraumsituation in der Stadt, sagt der Journalist Thomas Lopau.
In der dritten Nacht in Folge kam es in Leipzig mit Barrikaden, Steinwürfen und Pyrotechnik gegen Polizisten zu gewaltsamen Ausschreitungen. Grund war die Räumung eines besetzten Hauses.


Die Demonstration sei für den Abend angemeldet gewesen, sagt der Korrespondent des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR), Thomas Lopau. So sei die Polizei durch die Ereignisse der vergangenen Nächte vorbereitet, alarmiert und mit fünf Hundertschaften Vorort gewesen. "Aber nicht, um eine Drohkulisse aufzubauen, sondern das Konzept der Polizei zielte auf Deeskalation." So habe es extra ein Kommunikationsteam gegeben, das mit dem Veranstalter und anwesenden Personen ins Gespräch kommen wollte.

"In kurzer Zeit sind 100.000 dazugekommen"

Diese Strategie habe etwa 45 Minuten funktioniert, so Lopau, bis sich die Demonstration unter dem Motto "Kämpfe verbinden - Für eine solidarische Nachbar*innenschaft" in Bewegung setzte. Dann seien erste Bengalofeuer gezündet worden und Steine geworfen worden.
Wie in anderen Städten reiche auch in Leipzig der Wohnraum nicht aus, sagt Thomas Lopau. In Leipzig komme hinzu, dass die Stadt "unwahrscheinlich prosperierend ist" und auch als "Boom Town" bezeichnet werde. Es leben mittlerweile mehr als 600.000 Menschen dort. "In kurzer Zeit sind 100.000 dazugekommen. Man rechnet damit, dass in den nächsten Jahren sich die Zahl bis auf 700.000 erweitern kann." Diese Entwicklung erschwere es, Wohnraum zu finden.

Wohnraum steht leer

Auf der anderen Seite gebe es auch Immobilienbesitzer, die die steigenden Immobilienpreise abwarten würden, nicht an den Markt gehen würden und deshalb stehe Wohnraum leer, erklärt Lopau. "Das ist vielen ein Dorn im Auge, nicht nur der linken Szene, sondern generell auch in der Stadtpolitik wird das durchaus kontrovers diskutiert." So werde die aktuelle SPD-geführte Stadtregierung aufgefordert, endlich mit den Hausbesitzern ins Gespräch zu kommen und eine Lösung zu finden.
Eskaliert sei die Situation jetzt, weil "das schon so lange gärt", sagt Lopau, und weil Leipzig-Connewitz ein Stadtteil sei, in dem schon lange die Antifa aktiv sei und immer wieder Anlässe genutzt werden würden, "um sich mit der Polizei zu messen".
Vonseiten der linken Szene sei ein "Kampfwochenende" angekündigt gewesen, so die Aussage der Polizei. Daher könne es wieder eine Spontandemonstration am Sonntagabend geben, auf die sich die Behörde vorbereite.

(jde)
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