Ausbürgerungspläne für deutsche IS-Kämpfer

"Es hört sich wie ein Schaufenstergesetz an"

08:39 Minuten
Ein Fahrzeugkonvoi mit Mitgliedern der Terrormiliz Islamischer Staat
Ausbürgern oder zurückholen? Über den Umgang mit deutschen IS-Kämpfern wird zurzeit heftig diskutiert. © Militant website/AP
Margaret Heckel im Gespräch mit Miriam Rossius · 01.03.2019
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Dem Deutschlandradio liegt ein Gesetzentwurf der Großen Koalition vor, der eine Ausbürgerung von IS-Kämpfern mit doppelter Staatsbürgerschaft ermöglichen soll. Praktische Wirkung könne es aber kaum entfalten, meint Politikjournalistin Margaret Heckel.
CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer hat sich dafür ausgesprochen, deutschen IS-Kämpfern, die im Besitz einer weiteren Staatsbürgerschaft sind, den deutschen Pass zu entziehen. Einen entsprechenden Gesetzentwurf haben SPD und Union in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart. Der Entwurf, der sich derzeit beim Justizministerium befindet, liegt dem Deutschlandradio vor.

Potenzielle AfD-Wähler zur Union zurückholen

Die Journalistin Margaret Heckel sieht darin vor allem ein Manöver, mit dem Annegret Kramp-Karrenbauer ihre Position zur inneren Sicherheit stärken will.
"Sie kämpft ja um den rechten Flügel ihrer eigenen Partei, die ihr skeptisch gegenüber stehen oder skeptischer als die anderen", so Heckel im Deutschlandfunk Kultur. "Von daher gesehen ist es strategisch absolut nachvollziehbar, dass sie sagt, hier müssen wir hart sein und der Staat muss eben zeigen, dass er handlungsfähig ist."
Auch wolle Kramp-Karrenbauer mit diesem Manöver potenzielle AfD-Wähler zur Union zurückholen.

Margaret Heckel, geboren 1966, studierte Volkswirtschaft in Heidelberg und den USA, sie arbeitet heute als freie Autorin und Moderatorin. Sie war Politikchefin der "Welt", der "Welt am Sonntag" und der "Berliner Morgenpost". Außerdem leitete sie das Politikressort der "Financial Times Deutschland" und berichtete für die "Wirtschaftswoche" aus Leipzig, Berlin und Moskau. Sie schrieb mehrere Bücher, unter anderem "So regiert die Kanzlerin" (Piper Verlag, 2009).

Margaret Heckel im Deutschlandfunk Kultur Studio.
© Deutschlandradio
Weitreichende praktische Wirkung wird das eventuelle Gesetz allerdings wohl kaum erzielen, da es zum einen wohl nicht rückwirkend gelten soll und zum anderen nur bei nachgewiesener Beteiligung an Kampfhandlungen. "Es hört sich wie ein Schaufenstergesetz an, das eben das aktuelle Problem nicht löst", kritisiert die Journalistin. "Das aktuelle Problem sind eben die Kämpfer, die tatsächlich dort bei den Kurden im Gefängnis sitzen, für die man eine Lösung finden muss."

Das Gesetz könnte sogar kontraproduktiv sein

Insofern könnte ein solches Gesetz sogar eine fatale Wirkung haben, meint Heckel. "Wo der Staat eigentlich zeigen will, dass er stark ist, aber wir werden dann sehen, dass er eigentlich schwach ist. Und das ist eben fatal. Dann versprechen wir den Bürgerinnen und Bürgern, der Staat kann was machen gegen diese Menschen, die aus Deutschland kommen und IS-Kämpfer sind. Und tatsächlich können wir es nicht. Das führt zu Enttäuschungen und wäre dann kontraproduktiv."
(uko)

Die gesamte Sendung "Der Tag mit Margaret Heckel" können Sie hier nachhören: Audio Player

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