Aus und vorbei

Von Jörg Münchenberg, Deutschlandfunk |
Aus, vorbei. Der große Traum vom Milliardengeschäft in den USA ist für den angeschlagenen europäischen Luft- und Raumfahrtkonzern endgültig geplatzt. EADS will bei der geplanten Erneuerung der US-Tankerflugzeugflotte nicht mehr mithalten, weil EADS gegenüber dem Konkurrenten Boeing chancenlos ist.
Der Rückzug vom Pokertisch hat bei den europäischen Regierungen reflexartig Empörung hervorgerufen. Und natürlich dürften die Kritiker in vielen Punkten Recht haben. Ja, bei dem Jahrhundertgeschäft, bei dem es um gut 35 Milliarden Euro Dollar geht, wurde von Anfang an gemauschelt, getrickst und betrogen.

Das zeigt allein schon der Blick auf die endlose Chronologie des Auschreibungsverfahrens. Seit 2003 versucht das amerikanische Verteidigungsministerium, das Projekt auf den Weg zu bringen. Immer wieder gab es Proteste von Boeing oder Airbus, immer wieder hat sich die Politik vehement in das Verfahren eingemischt. Bei solchen Dimensionen und Summen ist das allerdings nicht weiter erstaunlich.

Ja, am Ende wird es vor allem darum gegangen sein, den Tankerauftrag amerikanischen Firmen zuzuschanzen. Und ja, auch der Hinweis, dass der EADS-Tanker flexibler und sparsamer ist als das Angebot von Boeing, ist natürlich berechtigt.

Trotzdem sind es dicke Krokodilstränen, die derzeit in Europa vergossen werden. In der besten aller Welten gäbe es einen fairen Wettbewerb um das attraktivste Angebot. Doch gerade bei Rüstungsgeschäften kann davon keine Rede sein. Gerade hier wird in der Regel klassische Industriepolitik betrieben, zur Not auch mit Hilfe von protektionistischen Mitteln. In Frankreich, Deutschland oder Großbritannien genauso wie in den USA. Insofern ist allein die Tatsache, dass es EADS bei diesem Projekt überhaupt in der engere Wahl geschafft hat, fast schon ein Wunder.

Darüber hinaus hätte es auch in Europa einen Aufschrei gegeben, wäre ein Auftrag in dieser Dimension an einen ausländischen Anbieter gegangen. Wenn es um den Erhalt und Schutz von heimischen Arbeitsplätzen geht, heißt es gerade bei Rüstungsaufträgen, die wiederum aus Steuergeldern finanziert werden, grundsätzlich: "Buy American" oder eben "Buy European".

Für den europäischen Luft- und Raumfahrtkonzern kommt die Niederlage dennoch zur Unzeit. Denn mit dem Einstieg in den amerikanischen Rüstungsmarkt wollten EADS und Airbus unabhängiger vom konjunkturanfälligen Flugzeuggeschäft werden, ebenso von den verlustreichen Währungsschwankungen.

Nun also bleibt vorerst alles beim Alten – bei einer insgesamt höchst ungewisssen Zukunft. EADS muss zunächst das Desaster um den A380 und den Militärtransporter A400M in den Griff bekommen. Doch mit dem Langstreckenflugzeug A350 wartet schon längst das nächste Mammutprojekt. Der europäische Flugzeugbauer ist hier zum Erfolg verdammt, andernfalls könnte auf die gegenwärtige Krise bald der Absturz folgen.