Aus Liebe zur Natur

Von Camilla Hildebrandt · 10.01.2008
Weil ihn die Natur faszinierte, wollte Luc Jacquet Forscher werden. Doch durch Zufall kam er zum Film und landete mit "Die Reise der Pinguine" einen Riesenerfolg. Seit Ende Dezember ist nun sein zweiter Spielfilm im Kino zu sehen: "Der Fuchs und das Mädchen".
"Die Natur ist etwas, was mich schon immer fasziniert hat, ohne sie kann ich gar nicht. Aber eine Erklärung – die gibt es dafür nicht."

"Für mich ist es eine Notwendigkeit die Natur zu filmen, genauso wie für andere Künstler das Schreiben oder das Komponieren. Aber ich möchte damit auch zeigen, dass die Natur sehr wichtig ist! Das will ich auch meinen Kindern weitergeben. Wenn man sich an kleinen Dingen in der Natur begeistern kann, das gibt Energie!"

Völlig entspannt - und ein bisschen zu perfekt - erzählt Luc Jacquet von seiner Faszination für die Natur. Weil er schon zu oft darüber gesprochen hat? Oder weil es für ihn eine völlig selbstverständliche Angelegenheit ist?

Luc Jacquet, 40 Jahre, ist ein Newcomer in der Kinobranche – aber ein sehr erfolgreicher. Sein erstes Werk, ein dokumentarischer Spielfilm über das Leben der Kaiserpinguine in der Antarktis, brachte ihm gleich einen Oscar.

"... endlich, unser ganzes Volk hat sich versammelt, wir alle, jung und alt, wie warten auf das Zeichen. Und da ist es ..."

Der Franzose Jacquet - ca. 1,85 groß, dunkle, braune Haare – ist per Zufall beim Film gelandet. Eigentlich wollte der studierte Biologe nach seinem Abschluss – mit Anfang 20 - in die Forschung. Aber er entdeckte eine Annonce in der Zeitung:

"Suchen Biologen, der sich vor nichts fürchtet und bereit ist für 14 Monate ans Ende der Welt zu gehen". "

Jacquet bekam die Stelle und reiste in die Antarktis. Seine Aufgabe:
Pinguine filmen.

""Der Weg vom Wissenschaftler zum Filmer ist einfach. Denn: der Wissenschafter braucht immer ein optisches Werkzeug für seine Beobachtungen, damit lernt man umzugehen, Lupe, Mikroskop, Teleskop, etc. Und dann wird dir klar: mit jedem optischen Werkzeug, das du benutzt, tauchst du in eine neue Welt ein, öffnest du eine Tür! Und das - ist Kino!"

Die Natur hat Jacquet schon als kleiner Junge begeistert. Aufgewachsen im französischen Jura-Gebirge hat er damals jede freie Zeit in den Wäldern verbracht, ausgestattet mit Stock und Rucksack, auf der Suche nach Abenteuern. Eines Tages begegnete er so einem wilden Fuchs, die Grundlage für seinen neuen Film "Der Fuchs und das Mädchen".

"Ich dachte, mein Herz würde zerspringen, er war so schön, einen Augenblick lang dachte ich, ich könnte ihn berühren ..."

"Ich habe einen Fuchs in genau derselben Situation gesehen, wie es im Film gezeigt wird, ich könnte die Szene heute noch super präzise beschreiben. Das war wirklich ein Moment, der mich sehr geprägt hat, die Tatsache sich ihm anzunähern ..."

"… das hatte ich noch nie erlebt! Seine Augen, sein Blick - der hatte eine Kraft, eine Intensität – extrem! Und ich erinnere mich auch noch genau daran, als er wieder abgehauen ist, ich fand das völlig ungerecht. Er hätte doch spüren müssen, dass ich ihm nichts Böses wollte!"

Mit großartigen Bildern von nahezu unberührten Wäldern, glitzernden Seen und Tau-bedeckten Gräsern - und Nahaufnahmen vom Alttag der Hasen, Füchse und Igel, beschreibt Luc Jacquet die Freundschaft zwischen Kind und Fuchs – die daran scheitert, dass das Mädchen versucht das Tier – ihre Füchsin - zu zähmen.

Eine konstruierte Geschichte, denn diese Nähe zwischen beiden wäre in Realität nicht möglich. Deswegen ist ein Teil der Aufnahmen in der Natur entstanden, mit wilden Tieren, der andere im Studio, mit trainierten Füchsen.

"Wir haben einen ganz speziellen Fluch, das heißt, wenn ein Mensch eine Landschaft betritt, dann leert sie sich sofort. Also, die Tatsache, dass man dort ist, raubt der Natur ihren Spektakel.
Ich wollte meiner Figur die Möglichkeit geben, das zu sehen, was man sonst nie sehen wird, es sei denn, man versteckt sich, wartet, ist geduldig, dann kommt die Natur sozusagen zurück."

Luc Jacquet lebt heute mit seiner Frau und seinen zwei kleinen Mädchen in der Nähe von Lyon und er versucht so viel Zeit wie möglich mit seinen Kindern in den Bergen zu verbringen.

"Wir leben in einer Gesellschaft, wo man alles vorwegnimmt, also: man schafft Wünsche und erfüllt sie dann sofort. Ich glaube, dass die Natur genau das Gegenteil ist: dort herrscht eine gewisse Wahrscheinlichkeit. Und dieses Verlangen, dass diese Wahrscheinlichkeit erschafft, macht sie besonders!"