Aus der Geschichte nichts gelernt
Aus Protest gegen Israels Siedlungspolitik hat die "Solidarische Kirche im Rheinland" zum Boykott bestimmter Waren aufgerufen. Die Aktion zeigt: Auf die doktrinäre Unbelehrbarkeit mancher Kirchenvertreter in puncto Judenfeindlichkeit ist noch immer Verlass. Ein Kommentar von Kirsten Serup-Bilfeldt.
Nun muss der guten Ordnung halber betont werden, dass die "solidarischen Protestanten" bei ihrer Aktion das Wort "Boykott" tunlichst vermeiden - es könnte vielleicht doch bei dem einen oder anderen unliebsame Erinnerungen an den sogenannten "Judenboykott" des 1. April 1933 wachrufen. Weshalb hier stattdessen von "Kaufverzicht" die Rede ist, was eindeutig unverfänglicher klingt.
Dabei geht es hauptsächlich um jenes Obst und Gemüse - Avocados, Datteln, Zitrusfrüchte, Wein und Oliven - das im Westjordanland angebaut wird. Diese Produkte sollen nun, so die Forderung der "solidarischen Protestanten" gekennzeichnet werden, um Auskunft darüber zu geben, woher genau sie kommen und gegebenenfalls potenzielle Käufer vom Kauf abzuhalten.
Man wolle - so die offizielle Argumentation der Akteure - auf diese Weise die Rechte der Palästinenser stärken, da die durch die jüdischen Siedlungen in der Westbank in ihren Grund- und Menschenrechten eingeschränkt seien. Was allerdings die Boykotteure in ihrem Eifer völlig außer acht gelassen haben, ist die Tatsache, dass viele Araber aus der Westbank ausschließlich in diesen Siedlungen Arbeit bekommen und ganze Dörfer davon leben. Das sichert ihnen jedenfalls ihr Grundrecht auf ein würdiges Einkommen.
Diese "Aktion" löst nicht nur Kopfschütteln, sondern Fassungslosigkeit aus. Die Erinnerung an das Wort "Kauft nicht beim Juden" dürfte selbstverständlich im kollektiven Gedächtnis verankert sein. Es ist kaum anzunehmen, dass die Initiatoren der "Aktion" das nicht begriffen haben. Haben sie allerdings diese Reminiszenz einkalkuliert, handeln sie antisemitisch. In beiden Fällen gilt: Gelernt haben sie nichts.
Auffallend ist natürlich, dass es sich auch hier um einen Reflex
handelt, der immer zum Tragen kommt, wenn Juden bzw. Israelis involviert sind. Es darf bezweifelt werden, dass sich die rheinischen Friedensfreunde zu einem Boykott, pardon, "Kaufverzicht" etwa iranischer oder syrischer Waren durchringen würden.
Und noch etwas anderes fällt auf: das beharrliche und beredte Schweigen all der überaus engagierten protestantischen Dia- und Trialogiker, die in allen möglichen Foren und Gremien sitzen, die landesweit die Evangelischen Akademien bevölkern und nie müde werden, sich etwa im Glanz des berühmten "Rheinischen Synodalbeschlusses" von 1980 zu sonnen.
Denn dieses bahnbrechende Papier der "Evangelischen Kirche im Rheinland" enthielt die klare Absage an all die alten judenfeindlichen Einstellungen, die die Kirche jahrhundertelang predigte und lehrte. In seiner Folge gab es Tagungen, Symposien und Veranstaltungen zum Christlich-Jüdischen Dialog, die längst Legion sind. Mit dieser Schrift und einer inzwischen über 60 Jahre andauernden Dialogarbeit seien, so hatte man Grund zu glauben, Positionen erreicht worden, hinter die heute niemand mehr zurück könne oder wolle.
Doch die Aktivitäten der "Solidarischen Kirche im Rheinland" belegen, dass man aus Erfahrung auch dümmer werden kann. Angesichts solcher Umtriebe sind Zweifel am Erfolg dieser jahrzehntelangen Bemühungen angebracht.
Stattdessen wird klar, dass man sich auf die doktrinäre Unbelehrbarkeit mancher Kirchenmitglieder und -vertreter in puncto Judenfeindlichkeit noch immer verlassen kann.
Dabei geht es hauptsächlich um jenes Obst und Gemüse - Avocados, Datteln, Zitrusfrüchte, Wein und Oliven - das im Westjordanland angebaut wird. Diese Produkte sollen nun, so die Forderung der "solidarischen Protestanten" gekennzeichnet werden, um Auskunft darüber zu geben, woher genau sie kommen und gegebenenfalls potenzielle Käufer vom Kauf abzuhalten.
Man wolle - so die offizielle Argumentation der Akteure - auf diese Weise die Rechte der Palästinenser stärken, da die durch die jüdischen Siedlungen in der Westbank in ihren Grund- und Menschenrechten eingeschränkt seien. Was allerdings die Boykotteure in ihrem Eifer völlig außer acht gelassen haben, ist die Tatsache, dass viele Araber aus der Westbank ausschließlich in diesen Siedlungen Arbeit bekommen und ganze Dörfer davon leben. Das sichert ihnen jedenfalls ihr Grundrecht auf ein würdiges Einkommen.
Diese "Aktion" löst nicht nur Kopfschütteln, sondern Fassungslosigkeit aus. Die Erinnerung an das Wort "Kauft nicht beim Juden" dürfte selbstverständlich im kollektiven Gedächtnis verankert sein. Es ist kaum anzunehmen, dass die Initiatoren der "Aktion" das nicht begriffen haben. Haben sie allerdings diese Reminiszenz einkalkuliert, handeln sie antisemitisch. In beiden Fällen gilt: Gelernt haben sie nichts.
Auffallend ist natürlich, dass es sich auch hier um einen Reflex
handelt, der immer zum Tragen kommt, wenn Juden bzw. Israelis involviert sind. Es darf bezweifelt werden, dass sich die rheinischen Friedensfreunde zu einem Boykott, pardon, "Kaufverzicht" etwa iranischer oder syrischer Waren durchringen würden.
Und noch etwas anderes fällt auf: das beharrliche und beredte Schweigen all der überaus engagierten protestantischen Dia- und Trialogiker, die in allen möglichen Foren und Gremien sitzen, die landesweit die Evangelischen Akademien bevölkern und nie müde werden, sich etwa im Glanz des berühmten "Rheinischen Synodalbeschlusses" von 1980 zu sonnen.
Denn dieses bahnbrechende Papier der "Evangelischen Kirche im Rheinland" enthielt die klare Absage an all die alten judenfeindlichen Einstellungen, die die Kirche jahrhundertelang predigte und lehrte. In seiner Folge gab es Tagungen, Symposien und Veranstaltungen zum Christlich-Jüdischen Dialog, die längst Legion sind. Mit dieser Schrift und einer inzwischen über 60 Jahre andauernden Dialogarbeit seien, so hatte man Grund zu glauben, Positionen erreicht worden, hinter die heute niemand mehr zurück könne oder wolle.
Doch die Aktivitäten der "Solidarischen Kirche im Rheinland" belegen, dass man aus Erfahrung auch dümmer werden kann. Angesichts solcher Umtriebe sind Zweifel am Erfolg dieser jahrzehntelangen Bemühungen angebracht.
Stattdessen wird klar, dass man sich auf die doktrinäre Unbelehrbarkeit mancher Kirchenmitglieder und -vertreter in puncto Judenfeindlichkeit noch immer verlassen kann.