Aus den fiktiven Feuilletons

Der heilige Horst - und was uns 2019 sonst noch blüht

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) am Montag, (15.12.2008) im Kaffeehaus Landmann in der Innenstadt von Wien (Österreich). Die Reise Seehofers nach Wien ist seine erste Auslandsreise als bayerischer Ministerpräsident, in dessen Mittelpunkt politische Gespräche mit dem neuen österreichischen Bundeskanzler Werner Faymann sowie dessen Stellvertreter und Finanzminister Josef Pröll und dem Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner stehen. Foto: Peter Kneffel dpa +++(c) dpa - Report+++
Mehr als ein gelegentliches "Ave Maria" wird von Horst Seehofer 2019 nicht zu hören sein. © picture alliance / dpa / Peter Kneffel
Von Klaus Pokatzky · 31.12.2018
Horst Seehofer, Thilo Sarrazin, Friedrich Merz: Einige prominente Zeitgenossen können 2019 was erleben, weiß unser Redakteur Klaus Pokatzky, der seiner Zeit gern voraus ist. Er blickt schon jetzt zurück auf ein Jahr 2019, das es in sich hat.
"Als Bettvorleger gestartet – als Adler gelandet", steht in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG. "Welche Karriere!", wundert sich Franka Kaefer über das, was aus Claas Relotius geworden ist. Und in der Tat: Diese Karriere hat es in sich. "Wer hätte in der Silvesternacht 2018, als die Sektkorken für das Jahr 2019 knallten, sich albträumen lassen, dass aus dem gescheiterten Ex-'Spiegel'-Starreporter mit seinen erfundenen Geschichten einer unserer gefragtesten Bestsellerautoren würde?"
Der Journalist Claas Relotius wird am 27.03.2014 mit dem CNN Award 2014 in der Kategorie" Print" im Rahmen einer Gala im Künstlerhaus am Lenbachplatz in München (Bayern) ausgezeichnet. Eine Jury aus Vertretern der deutschsprachigen Medienlandschaft wählt die besten Beiträge aus den Kategorien TV, Radio, Print, Online und Foto und kürt den "Journalist of the Year 2014".
Landet 2019 mit dem Thriller "Schreiben, was nicht ist" einen Bestseller: Ex-Spiegel-Redakteur Claas Relotius.© dpa / picture alliance / Ursula Düren
Claas Relotius hatte sich nach seinem peinlichen Abgang vom Hamburger Magazin ja zunächst für einige Monate zurückgezogen und dann seinen Thriller "Schreiben, was nicht ist" veröffentlicht, der es sofort auf Platz Eins der "Spiegel"-Bestsellerliste schaffte: "Peinlichste Enthüllungen über das Innenleben einer Redaktion, die sich für besonders toll hält", wie Franka Kaefer meint. "Dass sich kein namhafter Verlag zum Druck des Buches bereitfand, hat ihn nicht weiter gestört – er ist bei dem Verlag gelandet, der sich auch schon für Thilo Sarrazins neuestes Buch nicht zu schade war: beim Münchner 'FinanzBuch Verlag'."

Warum Sarrazin nicht bei Pegida sprechen darf

Der Streit zwischen Thilo Sarrazin und der Pegida-Bewegung hält die Feuilletons weiter in Atem. "Eigentlich sind sie doch wie füreinander gemacht: die rassistischen Pegidisten und der Autor des Buches 'Wie der Islam den Fortschritt behindert und die Gesellschaft bedroht'", heißt es in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG. "Und logisch ist, dass sich Sarrazin angeboten hat, bei den Pegida-Aufmärschen regelmäßig Reden zu halten", meint Ronja Knebel. "Doch dann betrieb der AfD-Obermufti und Pegida-Pate Björn Höcke Ahnenforschung bei Sarrazin und will herausgefunden haben, dass dieser einen eindeutigen Migrationshintergrund hat – abstammend von französischen Hugenotten, die Ende des 17. Jahrhunderts nach Preußen einwanderten. Und Migranten will Pegida nun mal nicht als Redner haben."
30.08.2018, Berlin: Thilo Sarrazin stellt bei einer Pressekonferenz sein neues Buch "Feindliche Übernahme - Wie der Islam den Fortschritt behindert und die Gesellschaft bedroht" vor. Foto: Kay Nietfeld/dpa | Verwendung weltweit
Wegen Migrationshintergrund leider bei Pegida rausgeflogen: Thilo Sarrazin© picture alliance / dpa / Kay Nietfeld
Gegen den Sozialdemokraten Thilo Sarrazin hatte die SPD ja im Dezember 2018 ein mittlerweile drittes Parteiordnungsverfahren eingeleitet: Mitglied bei den Sozis will er unbedingt bleiben – auch, wenn die bei den jüngsten Umfragen unter die Zehn-Prozent-Grenze gefallen sind. "Neuwahlen drohen jetzt, wo die Große Koalition mal wieder kurz vor dem Platzen ist", kündigt die Tageszeitung TAZ an. "Zum historischen Umfragentief der Sozis passt, dass Juso-Chef Kevin Kühnert sich strikt dagegen ausspricht, dass seine Partei in einem neuen Wahlkampf mit einer eigenen Kanzlerkandidatin oder einem Kanzlerkandidaten antritt; das sei schlichtweg Blödsinn", schreibt Susanne Hardt-Burg. "Logisch ist das – genauso logisch, wie es ist, dass die Grünen sich sehr wohl für eine Kanzlerkandidatur wappnen, nachdem sie in den Umfragen mit mehr als dreißig Prozent nur noch knapp hinter der CDU liegen."

Friedrich Merz geht nach Sachsen

Die Regierungschefin dürfte das alles ganz gelassen sehen. "Chapeau Angela!", lobt die Wochenzeitung DIE ZEIT. "Innerparteilich hält sie sich die schärfsten Gegner vom Halse. Seitdem Horst Seehofer deutscher Botschafter im Vatikan ist, hört man von ihm gar nichts mehr außer einem gelegentlich geseufzten 'Ave Maria'", befindet Jan Radusewitsch. "Friedrich Merz dürfte sich als Spitzenkandidat im sächsischen Landtagswahlkampf eine blutige Nase holen – und was die immerwährende Kanzlerin international geleistet hat, ist einfach nur sensationell. Dafür hat sie den Friedensnobelpreis verdient."
Und das scheint nicht zu hoch gegriffen. Wie wäre der Konflikt zwischen Amerikas Trump und Russlands Putin um Alaska sonst wohl ausgegangen? "Es ist ja richtig", lesen wir in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG. "Der russische Zar Alexander der Zweite aus dem Hause Romanow hat Alaska 1867 an die USA für einen Preis von lächerlichen 7,2 Millionen Dollar verkauft, was heute 120 Millionen Dollar wären", erinnert Thorben Mantschek. "Aber dass der heutige Zar Wladimir Wladimirowitsch aus dem Hause Putin von Donald Trump eine Nachzahlung von neun Billionen Dollar verlangt hat, kann nur einem Hirn entspringen, das genauso tickt wie das des amerikanischen Präsidenten."
Der Airbus A340-300 «Konrad Adenauer».
Gott sei Dank, er fliegt wieder! © dpa
Und dann ist unsere Kanzlerin zwischen Moskau und Washington hin und her gejettet; diesmal funktionierte sogar das Regierungsflugzeug reibungslos. "Mutti Merkel hat den beiden großen Politjungs erfolgreich den Kopf gewaschen", lesen wir in den Monarchistischen Monatsheften. "Nun herrscht erst einmal wieder Ruhe um Alaska", freut sich Dagobert von Knackstedt.

Jever bleibt deutsch

"Aber unsere Kanzlerin hat auch in einem ureigenen deutschen Interesse gehandelt. Es wurde ja schon heftig in diplomatischen Kreisen und asozialen Netzwerken gemunkelt, als nächstes würde Putin für Russland die alte Herrschaft Jever bei Ostfriesland zurückverlangen – die als Erbe der deutschstämmigen Zarin Katharina der Zweiten ja ebenfalls bis 1818 zum russischen Zarenreich gehörte." Aber nun bleibt Jever deutsch und das wunderbare Bier dort wird weiterhin nach dem deutschen Reinheitsgebot gebraut. "Wird unsere Regentin Angela auch in London so viel Erfolg haben", erinnert Dagobert von Knackstedt an den Besuch Merkels bei der britischen Königin. "Dass die Queen und die Kanzlerin dabei einheitlich in den blau-gelben Farben Europas gekleidet waren – Elisabeth die Zweite im blauen Kostüm mit gelbem Hut und Angela die Erste in gelber Hose und blauem Jackett – hat Zeichen gesetzt."
Wir hoffen auf eine neue Brexit-Abstimmung. Spätestens 2020, im nächsten Jahr.
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