Aus den Feuilletons

Werkzeuge der Vergangenheit taugen nicht für die Zukunft

Schüler lernen am 24.02.2015 mit Tablet-Computern in einem digitalen Klassenzimmer am Messestand von Samsung bei der Bildungsmesse didacta in der Messe Hannover
Schüler lernen am 24.02.2015 mit Tablet-Computern in einem digitalen Klassenzimmer am Messestand von Samsung bei der Bildungsmesse didacta in der Messe Hannover © dpa / Julian Stratenschulte
Von Adelheid Wedel · 22.07.2018
Die "Neue Zürcher Zeitung" beschäftigt sich mit dem digitalen Klassenzimmer der Zukunft und gibt zu bedenken, dass Schüler neben Programmieren auch das Denken über das Programmieren lernen sollten. Außerdem geht es in den Feuilletons um Migration und DDR-Geschichten.
Auch in den Schulferien bleibt das Thema Schule gegenwärtig, besonders, wenn das Wort "Bildungsrevolution" auftaucht. In der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG setzt sich der Baseler Medienwissenschaftler Roberto Simanowski mit dem Für und Wider der Digitalisierung der Klassenzimmer auseinander. Er gibt zu bedenken: "Natürlich haben jene recht, die betonen, dass die Aufgabe der Schule darin bestehe, die künftige Gesellschaft aktiv mitzugestalten. Aber muss das heißen, radikal die Tafel durch den Computer zu ersetzen?"
Simanowski akzeptiert, dass die Jugend nicht mit Werkzeugen der Vergangenheit auf die Zukunft vorbereitet werden kann. Aber er gibt zu bedenken: "Informatik braucht Ethik." Dazu sein Beispiel: "Das staatsbürgerliche Bewusstsein, das z.B. Edward Snowden dazu bewog, unter Riskierung seines Lebens auf die antidemokratischen Aktivitäten der eigenen Regierung aufmerksam zu machen, entstammt wohl weniger seinen Informatikkursen als dem Ethikunterricht… , in dem an seiner Schule die Grundlage der Demokratie… vermittelt wurden."

Schule ist mehr als Berufsbildung

Der Wissenschaftler mahnt: "Programmieren mag das Denken trainieren, soweit es um mathematische Logik geht, man muss aber auch das Denken über das Programmieren üben. Andernfalls liefe die digitale Bildungsrevolution auf eine berufstaugliche Zurichtung des Menschen als Rädchen im Getriebe der Gesellschaft hinaus."
Die Tageszeitung DIE WELT widmet eine ganze Zeitungsseite den Themen Migration, Flucht, Integration. Armin Nassehi, Professor für Soziologie an der Universität München, registriert: "Bisher nimmt Deutschland Menschen vor allem aus Barmherzigkeit auf. Das ist gut, aber auch paternalistisch. Viele Flüchtlinge, die es zu uns schaffen, sind nicht die Schwächsten aus ihren Ländern. Sie haben Potenzial." Daraus leitet er ab: "Einwanderung sollte man sich verdienen können."

Das letzte Wort ist noch nicht gefallen

Er plädiert für eine Einwanderungspolitik, die "zustimmungsfähige Formen von Migration ermöglicht", etwa mit einem Einwandereungsgesetz. Das könnte aufzeigen, "dass es Regeln gibt, die aus den Eingewanderten sofort gewollte Eingewanderte machen, an die man Ansprüche stellen kann und die wissen, dass sie hier eine Aufgabe haben." Das gelte auch für Flüchtlinge, die schon da sind, ergänzt der Soziologieprofessor und weiß, dass auch damit nicht das letzte Wort in der öffentlichen Debatte gefallen ist.
Im TAGESSPIEGEL erläutert Lena Schneider die Pläne der neuen Chefin des Hans-Otto-Theaters in Potsdam. Nach neun Jahren hat Tobias Wellemeyer die Intendanz an Bettina Jahnke weitergegeben. "Sie setzt bei ihrer künstlerischen Neuausrichtung ganz auf den Namenspatron des Hauses", schreibt Schneider. "Wegen seiner linken politischen Gesinnung wurde Hans Otto 1933 von den Nazis ermordet."
Die Intendantin will daran erinnern, was ihn ausmachte: "dass er unbeugsam war, auch angesichts von Gefängnis und Folter." "Haltung" lautet das Motto, das Jahnke und ihr Team über ihre erste Spielzeit geschrieben haben. Den Spielzeitauftakt macht eine Theateradaption von Eugen Ruges "In Zeiten des abnehmenden Lichts", mit der die Suche nach Spuren der DDR fortgesetzt wird. "Die DDR-Geschichten sind ja keinesfalls auserzählt", sagt Jahnke.

Versacken mit Ernst Röhm

Das gilt nicht nur für diese Zeit in Deutschland. Einige Jahrzehnte zurück sind ebenfalls noch Entdeckungen zu machen oder, wie hier mithilfe der Tageszeitung TAZ, zumindest eine Wiederentdeckung. "Leo Lania, 1986 in Charkow geboren, ist heute – im Gegensatz zu seinen Kollegen Kurt Tucholsky und Egon Erwin Kisch – weitgehend vergessen. Er hatte sich als Undercover-Reporter eine Woche lang in die Redaktionsräume des "Völkischen Beobachter" eingeschlichen und das Vertrauen Hitlers und Ernst Röhms gewinnen können. In den dunklen Bierhäusern Münchens war er nachts mit ihnen versackt, doch als seine Tarnung bröckelte, musste er Hals über Kopf fliehen."
Nach dem Krieg war Lania Ghostwriter Willy Brandts. 1961 starb er in München, er erhielt ein Ehrengrab in Berlin-Zehlendorf.
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