Aus den Feuilletons

Wenn Taktstöcke fliegen

04:21 Minuten
Persönlichkeiten der Region greifen zum Taktstock. Bei diesem nicht ganz ernst gemeinten Wettstreit präsentieren die Mannheimer Promis und das aus mehr als 80 Musikern bestehende Orchester Werke von Beethoven und Brahms, aber auch Pophymnen von Queen und natürlich den Söhnen Mannheims.
Passiert den Besten: Im Eifer kann schon mal ein Taktstock fliegen. © imago images / masterpress
Von Tobias Wenzel · 11.06.2021
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"FAZ"-Autor Jan Brachmann lässt sich in die "älteste noch bestehende Taktstockfabrik der Welt" mitnehmen. Vom Sägewerk bis zum fertigen Stab verfolgt er die Herstellung und erfährt, wie verschwenderisch Dirigenten mit ihrem Werkzeug umgehen können.
Die ganze Presseschau ist ein Quiz. Sie sind nun die Kandidaten. "Aus dem Bett gefedert, die Nachrichtenagenturen gescannt. Die People-Agenturen. Die Tier-macht-komische-Sachen-Agenturen. 8 Uhr. Nichts", beschreibt Tanja Rest in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG, wie das ist, wenn sie verzweifelt nach einem Thema für eine ganz besondere Rubrik sucht. Nur für welche? Richtig, für "Das Streiflicht", die Glosse, die von unterschiedlichen Autoren geschrieben und immer anonym veröffentlicht wird.
Die SZ feiert den 75. Geburtstag des Streiflichts an diesem Samstag mit einer Doppelseite, gibt Einblicke in die Streiflicht-Werkstatt und versucht zu definieren, was diese Rubrik ausmacht. "Die Nebensachen sind es, die uns und unser Publikum erfreuen", schreibt Hermann Unterstöger, "nicht, wie weit das All sich ausdehnt, wohl aber, wie viele Fußballfelder ins Saarland passen. Es sind 359.901, und in jedes von diesen passen 48.275 Streiflichter. Das ergibt an die 17 Milliarden Streiflichter. Wann wir damit fertig sind, kann sich jeder selbst ausrechnen."

"Eine unverkrampfte Taktstockhand"

Liest man Jan Brachmanns neuen Artikel für die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG, dann wähnt man sich unweigerlich in einem Beitrag für die "Sendung mit der Maus", der die Herstellung eines Gegenstandes detailliert erklärt. Nur um welchen Gegenstand handelt es sich hier?
"Begonnen wird die Fertigung mit unbesäumten Pfosten, direkt vom Sägewerk, aber schon kammergetrocknet. Dann wird das Holz gehobelt, besäumt und zu Kanteln geschnitten. Aus den Kanteln werden Rundstäbe gemacht, die dann in spezielle Maschinen gespannt werden, mit einer Vorrichtung, die dafür sorgt, dass die etwa fünfzig Zentimeter langen Holzstäbe mit fünf Millimeter Dicke nicht zerbrechen", beschreibt Brachmann in der FAZ die Herstellung eines Taktstocks.
Brachmann hat "die älteste noch bestehende Taktstockfabrik der Welt" besucht. Die steht im sächsischen Markneukirchen. Deren Taktstöcke werden unter anderem von Simon Rattle, Daniel Barenboim und Christian Thielemann geschätzt. Manchmal fliegt einem Maestro so ein Taktstock im Eifer einfach weg, erzählt Brachmann und zitiert den Schweizer Dirigenten Titus Engel: "Am Anfang meiner Laufbahn war mir das peinlich. Inzwischen ist mir klar geworden, dass es eigentlich ein gutes Zeichen ist, nämlich für eine unverkrampfte Taktstockhand."

Ein Beruf fürs schlechte Gewissen

Wer sind die neuen Helden der Literatur? Die Frage wirft Marc Reichwein in der WELT auf und antwortet: Buchhändler, Antiquare und Bibliothekare. Zum Artikel sind acht Buchcover abgedruckt, die sich mit den Abbildungen malerischer Buchhandlungen auf so absurde Weise gleichen wie die Titel: "Mein zauberhafter Buchladen am Ufer der Seine" und "Die kleine Buchhandlung am Ufer der Themse".
Bücher würden weniger gelesen und seien "kein Leitmedium bürgerlicher Distinktionsbedürfnisse mehr", versucht Reichwein, den Trend zu erklären. "Deshalb sind Menschen, die sich weiterhin stoisch bis stur mit Druckwerken auf Papier beschäftigen, wunderbare Projektionsfiguren. Buchhändler ist der beste Beruf, an den wir (als Gesamtgesellschaft) unser schlechtes Gewissen delegieren können."

"Für ein Omlette würde sie töten"

Ein letztes Rätsel: "Sie paradieren neben sonnenbadenden Menschen am Meeresstrand, sie quetschen sich durch die Ritzen von Gartentoren und durch Bungalowhintertüren, sie dösen unter parkenden Autos während der Mittagshitze" – wen beschreibt hier Wolfgang Höbel im neuen SPIEGEL?
Brillenpinguine in einem südafrikanischen Küstenort. Eine achtteilige Dokumentation über sie läuft ab Mitte Juni auf Netflix. "Auch wenn das unter Wissenschaftlern heftig verpönt ist: In 'Stadt der Pinguine' wird die Tierwelt durchgängig vermenschlicht", schreibt Höbel und gibt folgende Beispiele: "Die Tiere werden als 'Frischvermählte', 'Sonderlinge' und 'frustrierte Junggesellen' bezeichnet. Von einer auf Eierraub lauernden Möwe heißt es: 'Für ein Omelette würde sie töten.'"
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