Wenn sich Erdmännchen gegen Selfiesticks auflehnen

Was passiert, wenn man die Wörter Twitter und Terror miteinander verschmilzt? Und warum ist die "FAZ" verblüfft, dass Hillary Clinton eine Frau und kein Phantom ist? Und selbst die Erdmännchen haben einen merkwürdigen Auftritt in den Feuilletons.
"Twitterror?" fragt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG in der gedruckten Ausgabe …
Indem sie "Twitter" und "Terror" zu einem phonetisch etwas strapaziösen Neologismus verschleift.
Denn man muss es nach dem twistigen "Twitt" an der vorderen Zahnreihe im Rachenraum schon ganz schön präzise rollen lassen, um "Twitterror" sauber herauszubringen und nicht etwa in einem verröchelnden twittörör zu enden.
Doch ob so oder so: Alex Rühle berichtet, dass belgische Forscher am Beispiel der LKW-Amokfahrt von Nizza "digitale Fehlalarme" untersucht haben.
Praktische Empfehlungen
Das erfreuliche Ergebnis präsentiert Rühle in Verbindung mit praktischen Empfehlungen:
"Viele Menschen in der Twittersphäre wissen zwischen einem ungeprüften Gerücht und einer tatsächlichen Meldung zu unterscheiden. Wer sich in solchen Situationen digital über den Stand der Dinge informieren will, sollte unbedingt der Polizei folgen. Umgekehrt sollte auch die Polizei sich überall ins digitale Getümmel werfen. Es ist höchste Zeit, dass in Deutschland alle Polizeipräsidien, so wie München das bereits mustergültig praktiziert, rund um die Uhr auf Twitter und Facebook präsent sind",
fordert in der SZ Alex Rühle.
Nach dessen Ausführungen wir allerdings immer noch nicht genau verstehen, warum der Zeitungsartikel "Twitterror?" heißt. Vielleicht geht's um Buchstabenjux.
"Und wir helfen ihnen dabei"
In der TAGESZEITUNG bezweifelt Daniel Kretschmar, dass sich für die Taten von Amokläufern, Anschlägern und Terroristen letzte Gründe finden lassen.
"Der Versuch muss an der Tatsache scheitern, dass der gewaltsame Tod eines Menschen, dieser ultimative Zivilisationsbruch, selbst mit kriminalistisch erhärtetem Motiv sich einem wirklichen Verständnis nicht erschließen kann. Jeder tote Mensch ist seines Sinnes beraubt – wie auch jeder Mörder. Dass wir nun den Attentätern und Amokläufern unbedingt eine Geschichte geben wollen, ermöglicht ihnen einen katastrophalen kognitiven Vorsprung. Statt einen Sinn im Leben zu finden, finden sie ihn im Tod – dem eigenen und dem anderer Menschen. Und wir helfen ihnen dabei",
behauptet TAZ-Autor Kretschmar – und wir bekennen wiederum: So richtig kapieren wir nicht, was er uns sagen will.
Jeder Tote soll also per Tod seines Sinnes beraubt sein, obwohl der Mörder ihn, den Sinn, gerade in diesem Tod und in seinem eigenen findet – und wir helfen ihm bei diesem Unsinn? Hä?

US-Präsident Barack Obama und Präsidentschaftsbewerberin Hillary Clinton umarmen sich auf dem Parteitag der US-Demokraten und winken den Delegierten zu.© EPA / dpa picture-alliance
"Keine perfekte Kandidatin - aber sie ist wirklich"
Um nicht ein drittes Mal als Torfkopp dazustehen, hätten wir aus Verena Luekens Artikel "Nicht ideal, aber immerhin nicht erfunden" in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG gern Unverfängliches zitiert.
Doch was fragt sich Lueken im Blick auf die Nominierung Hillary Clintons zur Präsidentschaftskandidatin? Sie fragt:
"Ist Hillary Clinton im Gegensatz zu Trump eine tatsächliche Person? Was sehen wir, wenn wir hinter die Karikatur blicken, zu der ihre politischen Feinde (denen sie manchmal in die Hände spielte) sie gemacht haben? Sie ist keine perfekte Kandidatin und in manchem vielleicht nicht vertrauenswürdig. Aber sie ist wirklich. Michelle Obamas Rede für Hillary Clinton [….] zielte vor allem darauf: zu zeigen, dies ist eine Frau, kein Phantom."
Tja, wir haben stets angenommen, dass Clinton eine "tatsächliche Person", als solche "wirklich", überdies "eine Frau" und "kein Phantom" sei. Aber offenbar bedurfte das alles gesonderter Klärung.
"Jeden Selfiestick griffen sie an"
Wie nett indessen, dass die Tageszeitung DIE WELT aus dem Zoo in unserer Heimatstadt Osnabrück berichtet. Dort haben sich die Erdmännchen dem Selfiestick-Wahn erwehrt und zwar so was von…
"Jeden Selfiestick, der sich in ihr Gehege schob, griffen sie an. In römischen Verteidigungsformationen wehrten sie die Stäbe ab, mit denen sich der Mensch sonst selbst fotografiert und, sobald er im Zoo ist, sämtliche Geschöpfe ablichtet, in denen er sich zu erkennen glaubt. In Osnabrück kleben jetzt Schilder an den Tierbehausungen für ein Verbot von Selfiesticks wie schon in den Uffizien von Florenz."
Stolz machen sie uns, die Osnabrücker Erdmännchen… Konfus hingegen eine Überschrift in der SZ.
Sie lautet – und damit tschüss:
"Gute Menschen sind nicht so gut wie die nicht ganz so guten."