Aus den Feuilletons

Wenn die Suter-Verfilmung besser als der Roman ist

Der Schweizer Schriftsteller Martin Suter steht am 13.03.2015 nach einer Buchbesprechung auf der Leipziger Buchmesse in Leipzig.
Der Schweizer Schriftsteller Martin Suter: Die ARD zeigt nun die ersten beiden Verfilmungen seiner Allmen-Romane. © picture alliance / dpa / Jan Woitas
Vor Gregor Sander · 27.04.2017
Im TV gelungener als im Original: Die Filme zur Allmen-Reihe von Marin Suter überträfen die Romanvorlagen, schreibt die "SZ". Der "stilsicherste und eleganteste" Verfilmung seines Werks zitiert.
"Leg dich hin und träum dich dann weg."
Mit dieser lyrischen Zeile überschreibt Cosima Lutz in der Tageszeitung DIE WELT ihre Kritik zum neuen Angela-Schanelec-Film. Und schon in der nächsten Zeile legt sie sich fest, dass
"'Der traumhafte Weg' der schönste traurige deutsche Film des Jahres ist."
Nun haben wir ja erst April, aber ein Superlativ kann ja nie schaden. Und die Begeisterung für die Autorenfilmerin der Berliner Schule klingt ehrlich, auch wenn die handelnden Figuren offensichtlich eher vage bleiben:
"Jenseits des Fetischs des Authentischen und Entwickelbaren sind hier alle so, wie sie sind. Kommen irgendwo her und gehen hin und schaffen es unterwegs mehr oder weniger, einander und das eigene Vergehen zu ertragen."

Computerspiel-Melodien für Millionen

Schwer zu ertragen ist für viele Nichtgamer das ständige Gedudel der Computerspiele, das beispielsweise aus dem Kinderzimmer wabert. Dabei werden diese Melodien für Millionen inzwischen so aufwendig produziert wie Filmmusiken, berichtet Bernd Graf in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG. Mit erstaunlichem Ergebnis:
"Das Swedish Radio Symphony Orchestra gibt Videospiel-Abende, in denen ironiefrei die Hits aus aktuellen Shootern dargeboten werden. Die Konzerte werden sogar von öffentlich rechtlichen Sendern im Fernsehen Schwedens übertragen."
Also Pokémon statt Prokofjew? Allerdings, meint Graf:
"Das London Philharmonic Orchestra hat seit 2011 zwei 'Greatest Video Game Music'-Alben mit über zwei Stunden Laufzeit herausgebracht, auf denen etwa 40 Themen aus Computerspielen zu finden sind."

Unentschlossene Rückkehr der Gorillaz

Gut, und wer sagt, dass immer alles real sein muss. Die Gorillaz jedenfalls nicht. Die virtuelle Cartoon Band um Damon Albarn, dem eigentlichen Sänger von Blur, hat nach sieben Jahren wieder eine Platte gemacht. Annette Walter von der TAZ vergibt dafür ein glattes "Sowohl als auch".
"'Humanz' ist zweifellos ein interessantes und ambitioniertes Mammutwerk mit 20 Songs, auf der Deluxe-Version sogar 25. Das musikalische Spektrum sprengt Genregrenzen und vereint Einflüsse aus Hip-Hop, Rap, R'n'B, Reggae und Pop. Gleichzeitig krankt die Platte an einer zerfaserten Unentschlossenheit: Ein Großteil der Lieder besitzt auch nach mehrmaligem Hören nur diffusen Wiedererkennungswert."
Ein Monsterhit, wie das 2001 veröffentlichte "Clint Eastwood" ist der gezeichneten Rockband nach Meinung der Kritikerin also nicht gelungen. Dafür können sie ihrer Virtualität ganz neue Aspekte abgewinnen:
"Mit einer Augmented Reality App kann man ein Studio erkunden, Soundinstallationen in Berlin, New York und Amsterdam visualisieren ein fiktives 'Horrorhaus' und erwecken die virtuellen Bandmitglieder zum Leben."

Suter-Verfilmungen besser als die Vorlagen

Lebendig hat die ARD mal wieder ein paar Figuren von Martin Suter gemacht. Und zwar sehr zur Zufriedenheit von Katharina Riehl in der SZ:
"Wenn der Schriftsteller im Presseheft zu den beiden ersten Verfilmungen zu Protokoll gibt, die Allmen-Serie sei 'die bisher stilsicherste und eleganteste Suter-Verfilmung', dann geht diese Aussage im Grunde nicht weit genug: Die Filme zu Martin Suters Allmen-Reihe sind besser als seine Vorlagen."
Die Hauptfigur ist Johann Friedrich von Allmen, ein Kunstliebhaber am Rande des Bankrotts, der erst als Dieb dann als Detektiv sein Löffelchen Kaviar verdient. Gespielt wird er von Heino Ferch, was Jens Müller von der TAZ so gar nicht nachvollziehen kann:
"Nun ist gegen eine ungewöhnliche Besetzung grundsätzlich nichts einzuwenden. Wohl aber gegen die dämliche Perücke. Gegen die bei Ferch ungewohnte und aufgesetzte Theatralik, die Ironie sein soll. Gegen die in keinem der Suter- Romane stehenden Geistesgrößen- Zitate, die Ferch ständig aufsagen muss."
Im Berliner TAGESSPIEGEL versöhnt Nikolaus von Festenberg die beiden Meinungen und vielleicht auch den Endverbraucher vor der Glotze, wenn er feststellt:
"Der Zuschauer muss sich daran gewöhnen, dass für diesen Suter-Film gilt, was Hundebesitzer gern vierbeinerverfolgten Joggern zurufen: Der beißt nicht."
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