Aus den Feuilletons

Warum rechte Medien in den USA an Zuspruch verlieren

Proteste vor dem US-Fernsehsender Fox News (20.4.2017)
Proteste vor dem US-Fernsehsender Fox News. © AFP / Timothy A.Clary
Von Tobias Wenzel · 30.05.2017
Ob Breitbart oder Fox News - seit dem Amtsantritt Donald Trumps haben rechte Medien in den USA an Zuspruch verloren. Die Gründe dafür analysiert Jürgen Schmieder in der "SZ": So seien die einstigen Rebellen gegen das Establishment nun "Teil des Systems".
"Ein Putzerfisch bekommt dann ein Problem, wenn er es nicht mehr schafft, sein Wirtstier von all dem Plankton zu befreien und sich stattdessen selbst mit allerlei unerwünschtem Zeug besudelt."
Jürgen Schmieder hat für die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG nicht etwa einen zoologischen Text geschrieben. Vielmehr dient ihm der Putzerfisch als Metapher für die US-amerikanischen Journalisten, die das Wirtstier Donald Trump eifrig vom Plankton befreit haben. "Unpopuläre Populisten" lautet die Überschrift. Rechte Medien in den USA hätten nun deutlich an Zustimmung verloren. Die Nachrichteninternetseite "Breitbart" habe seit November mehr als die Hälfte der Nutzer eingebüßt. Und "Fox News" stehe "zum ersten Mal seit 17 Jahren" nur noch auf Platz drei in der Beliebtheit, hinter MSNBC und CNN. Nur warum?

Belästigungsvorwürfe und andere Skandale

"Zum einen sind die Rebellen nun Teil des Systems", erläutert Schmieder. "Sie können nicht mehr wütend gegen den ihrer Meinung nach inkompetenten Präsidenten Barack Obama hetzen, sie müssen den ihrer Meinung nach großartigen Präsidenten Donald Trump verteidigen."
Das täten die populistischen Medien zwar unermüdlich, allerdings verlören sie damit auch an Glaubwürdigkeit. Zum Beispiel durch ihre Reaktion auf die Entlassung des FBI-Direktors James Comey durch Donald Trump:
"Fox News lavierte einen Nachmittag herum […] Das Wort 'Russland' (und damit die FBI-Ermittlungen zu den möglichen Beziehungen zwischen Trumps Wahlkampfteam und Russland) wurde sieben Stunden lang nicht erwähnt, stattdessen drehte Moderator Sean Hannity die Geschichte darauf, wie Clinton nun vielleicht doch noch ins Gefängnis kommen könnte. Das fanden dann wohl doch auch gemäßigt konservative Zuschauer absurd, seit diesem Tag jedenfalls sind die Einschaltquoten erheblich gesunken."
Der US-Blogger Milo Yiannopoulos gab am 21.2.2017 auf einer Pressekonferenz bekannt, dass er nicht mehr für "Breitbart News" arbeitet.
Der US-Blogger Milo Yiannopoulos gab auf einer Pressekonferenz bekannt, dass er nicht mehr für "Breitbart News" arbeitet.© dpa-Bildfunk / AP / Mary Altaffer
Hinzu seien Skandale von Mitarbeitern der rechtspopulistischen Medien gekommen: Sean Hannity wurde aufgrund einer von ihm formulierten Verschwörungstheorie in den Zwangsurlaub geschickt, sein Moderatorenkollege Bill O’Reilly verlor seinen Job nach Belästigungsvorwürfen. Und Milo Yiannopoulos flog bei "Breitbart" raus, nachdem er "Pädophilie verharmlost" hatte. (Womit der nun sein Geld verdienen will, ist übrigens in einem Artikel der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG nachzulesen.) Wie formulierte es Jürgen Schmieder noch gleich?
"Ein Putzerfisch bekommt dann ein Problem, wenn er es nicht mehr schafft, sein Wirtstier von all dem Plankton zu befreien und sich stattdessen selbst mit allerlei unerwünschtem Zeug besudelt."

Nicht ohne Hoodie oder Niqab

Der Niqab einer Frau, ein Foto, das die TAGESSZEITUNG abdruckt, hilft vermutlich als Schutz gegen Besudeln im eigentlichen Sinn, also gegen Schmutz, hat aber auch einen Vorteil, auf den die UKIP in ihrem Manifest hinweist. Die rechtspopulistische britische Partei, die Niqab und Burka verbieten lassen will, liebt jedes Argument dagegen. Das neueste: Die "Aufnahme von lebensnotwendigem Vitamin D durch Sonnenlicht" werde durch diese extremen Formen der Verschleierung verhindert. Darüber berichtet Dominic Johnson.
Direkt daneben, also ebenfalls in der TAZ, schildert Meike Laaff, wie in Supermärkten der Kette "Real" und in Partnershops der Deutschen Post Kameras die Gesichter der Kunden an der Kasse analysieren. "Beobachter wie die Internetsoziologin Zeynep Tufekci glauben, dadurch könnte es ökonomisch noch mal richtig interessant werden – indem man mitschneidet, wer so gut drauf ist, dass er noch ein paar Euro mehr für ein Produkt auf den Tisch legt", schreibt Laaff. "Was dann wahrscheinlich endgültig hieße, dass man sich ohne Hoodie und kameraverwirrendes Make-up nicht mal mehr in den Supermarkt trauen sollte." Oder ohne Niqab, denkt der Leser unwillkürlich, wenn er nach links blickt, auf das Foto der verschleierten Frau.
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