Aus den Feuilletons

Warum Menschen nicht weiß oder schwarz sind

Eine Menschenmenge steht auf der Straße, zu ihren Füßen viele Blumensträuße, außerdem im Bild: die französische Flagge
Nach den Anschlägen in Paris: Schweigeminute für die Opfer. © picture-alliance / dpa / Etienne Laurent
Von Adelheid Wedel |
Die Tageszeitung "Die Welt" beschreibt in einer Reportage Paris "am Ende eines schrecklichen Jahres". Die Stadt habe sich durch den Terror verändert - aber auch durch die Fremdenfeindlichkeit bei den Regionalwahlen.
"Europa und Amerika haben sich nach den Terroranschlägen der letzten anderthalb Jahrzehnte auf ihre Grundwerte der Aufklärung besonnen – und sie zur Ideologie verzerrt",
schreibt der indische Schriftsteller und Essayist Pankai Mishra in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG. Er gilt als einer der wichtigsten Intellektuellen der nicht-westlichen Welt. Für sein Buch "Aus den Ruinen des Empires" bekam er 2014 den Leipziger Buchpreis. Er stellt fest:
"Nach den terroristischen Anschlägen vom 11. September 2001 versicherte man sich im Westen ganz rasch der gemeinsamen zivilisatorischen Identität und Solidarität. Jetzt da die Kriege des Nahen Ostens auf Europa durchschlagen, trifft das manische 'Allah Hu Akbar'-Geheul auf den Trommelwirbel der 'westlichen Werte' und die Beschwörungen westlicher Grundwerte wie der Aufklärung."
Mishra erinnert an westliche Statements wie "Sie haben Waffen. Scheißt drauf. Wir haben Champagner". Das kommentiert der 46-Jährige:
"Solche Proklamationen, die so wirken, als ob bourgeoise Annehmlichkeiten im Westen selbstverständlich für alle sind, passen ganz eigenartig zu den Ausbrüchen junger Dschihadisten über die westliche 'Dekadenz'."
"Viel zu vielschichtig"
Die Realität sei anders, denn der Westen oder selbst Paris, so Mishra, "sind viel zu vielschichtig, als dass man sie auf ein Schlagwort wie die Aufklärung reduzieren könnte".
Das säkulare Frankreich führte in den letzten Jahren Krieg an mehreren Fronten: Afghanistan, Elfenbeinküste, Libyen, Zentralafrikanische Republik, Mali. Dazu Mishras Hinweis:
"Die unglückseligen Zivilisten von Raqqa wissen nur zu gut, dass Frankreich nicht nur Champagner, sondern auch Waffen hat."
Militärische Einsätze führten ins Leere. "Wir brauchen dringend", fordert der indische Schriftsteller, "echte Auseinandersetzungen und frisches Denkansätze – die Tradition der Selbstkritik, mit der sich der Westen einst ja wirklich unterschied und aufklärte."
Die Tageszeitung DIE WELT druckt eine Reportage über das Pariser Lebensgefühl heute. "Die Stadt hat sich verändert. Man kann den Terror sehen und spüren. Aber nicht nur die Anschläge haben sie verwandelt", meint Jina Khayyer. "Auch die Regionalwahlen und die immer lauter werdende Hetze Fremden gegenüber überschatten das, was die Franzosen immer so leichtfüßig savoir-vivre genannt haben, zu leben verstehen."
"Wir sind doch vor allem Mensch. Und nicht weiß oder schwarz"
Die Autorin beschreibt "Paris am Ende eines schrecklichen Jahres". Sie beobachtete: "In Frankreich ist das Thema Integration eines, das nicht angesprochen wird. Wenn sich die Zuwanderer nicht aus eigener Finanzkraft einen Platz in der Gesellschaft sichern können, werden sie herausgedrängt, aus der Gesellschaft, aus der Stadt." Die Autorin mahnt: "Miteinander? Ein tolerantes Miteinander. Wir sind doch vor allem Mensch. Und nicht weiß oder schwarz."
Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG und DIE WELT erinnern an ihrem 100. Geburtstag an Edit Piaf. In der WELT nennt Tilman Krause die Piaf "die charismatischste französische Sängerin aller Zeiten".
In der NZZ lobt Marc Zitzmann die Sängerin als "Magierin des Chansons" und beschreibt ihren Gesang:
"Ein Chanson wie eine Welle aus Licht. Eine Welle aus Kraft und Zuversicht... Die Wirkung ist von mitreißender Sogkraft, als brandete die Welle auf den Zuhörer zu, durchströmte ihn mit Wärme, Wonne, Weihe."
An diesem Sonnabend feiert Tankred Dorst seinen 90. Geburtstag. Dem in Thüringen geborenen Dramatiker, Filmemacher, Regisseur und Erzähler gratuliert Peter von Becker im TAGESSPIEGEL:
"Tankred Dorst ist als Person alles Pathos fremd. .. Und doch wirkt sein Werk auf eine subtile Weise auch monumental und hochexplosiv."
In der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG nennt Andreas Rossmann den Künstler, dessen nächstes Stück für 2017 in Düsseldorf angekündigt ist, voller Verehrung einen "Weltverzauberer".
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