Aus den Feuilletons

Von Weidekätzchen und Ottern

Coverausschnitt des Gedichtbandes "Regenttonnenvariationen" von Jan Wagner. Mit Wagners Buch ist erstmals ein Lyrikband für den Buchpreis nominiert.
Der Gedichtband "Regentonnenvariationen von Jan Wagner hat die Jury des Preises der deutschen Buchmesse überzeugt. © dpa/ Hanser Berlin
Von Ulrike Timm · 12.03.2015
Der Preis der Leipziger Buchmesse ehrt das erste Mal einen Gedichtband. Dies loben die Feuilletons einhellig. Die "Süddeutsche Zeitung" lobt, Jan Wagner sei der beste Lyriker seiner Generation.
"Segen aus der Regentonne" – das Überschriftenmachen ist eher was für Amateurdichter. Aber Christopher Schmidt freut sich in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG sehr darüber, dass mit Jan Wagner erstmals ein Lyriker den Preis der Leipziger Buchmesse gewinnt, für seinen Gedichtband "Regentonnenvariationen".
"... ein beglückendes und ermutigendes Signal. Zum einen, weil hier der beste Lyriker seiner Generation und eine der stärksten und originellsten Stimmen der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur geehrt wird. Zum anderen aber, weil die Jury damit ein starkes Zeichen setzt", lesen wir in der SÜDDEUTSCHEN.
In seinen Gedichten beschäftigt sich Wagner mit der Natur, von Weidekätzchen und Würgefeige bis zu Olm und Otter.
"Und ebenso wie der Giersch durch den Garten randaliert und zu seinem Recht kommt, sprießt immer wieder erhellende Gegenwartsanalyse aus Wagners Gedichten" ,
lobt ZEIT-ONLINE, und zitiert einen Gedichtschluss, der vor dem Hintergrund des Literaturpreises auf den ersten Blick etwas merkwürdig erscheint. "Victory, vittoria, victoire", heißt es, - gemeint sind die Ohren eines sturen Esels, die das berühmte V-Zeichen formen, aufgefangen im Rückspiegel eines Autos – darauf muss man erstmal kommen!
Und wenn man liest, wie anschaulich und herzenswarm Jan Wagner dem TAGESSPIEGEL von seiner Vorliebe für Komposthaufen und für einen bestimmten Ohrensessel erzählt, in dem er gerne sitzt und schreibt – "ein richtiger Trumm, schwerer als ein Kleinwagen, trägt einen aber viel weiter" – dann kriegt man umgehend Lust aufs Lesen von Gedichten. Wäre ja nicht die schlechteste Folge des Preises, frei nach Goethes Wunsch, man möge das doch jeden Tag tun und auch noch - nach Möglichkeit - ein vernünftiges Wort sprechen.
"Pegida" wird international
Vernünftiges Wort? "Man spricht rechts", schauert es die WELT, die "angebräunte Wörter" als Deutschlands sprachlich derzeit größten Exportschlager ausmacht - auch in Flandern spricht man von "Pegida", mit holländisch geschärftem "ch" in der Mitte, aber das Wort wurde einfach übernommen. Genauso wie "Lügenpresse" den Sprung über die Grenze geschafft hat, und da beruhigt es kein bisschen, dass dieser Begriff bereits 170 Jahre auf dem Buckel hat. Trotzdem beschließt Michael Heine seinen Artikel in der WELT nicht pessimistisch:
"Dass heute auch in offiziellen Medien über die Lügenpresse diskutiert wird, widerlegt schon ihre Existenz. Denn die paradoxe Pointe der Geschichte ist: Immer wenn es in Deutschland tatsächlich eine gleichgeschaltete Lügenpresse gab, durfte keiner sie so nennen."

Der Fantasy-Autor Terry Pratchett.
Der Fantasy-Autor Terry Pratchett.© imago/Christian Thiel
Nachrufe auf den Schöpfer der Scheibenwelt-Romane
Machen wir noch mit der BERLINER ZEITUNG einen Abstecher in ein Gewimmel von
"übelwollenden Elfen, zuvorkommenden Hexen, verrenteten Superhelden und sexistischen Zwergen".
Die dazugehörige Welt beschrieb der britische Schriftsteller Terry Pratchett als eine Scheibe,
"sie ruht auf vier Elefanten, die wiederum auf einer gigantischen Schildkröte stehen, die durch das Universum segelt".
Runterfallen von der Scheibe kann man übrigens auch. Terry Pratchett ist im Alter von 66 Jahren gestorben, seine Scheibenwelt-Romane erreichten viele Millionen Menschen, und – das schreibt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG:
"Natürlich ist Pratchett seit ein paar Jahren Sir Terry gewesen, weil die Briten klug genug sind, um zu wissen, dass es nichts Klügeres gibt als Skurrilität."
Pratchett hat Welten erschaffen, die billige Fantasy weit hinter sich lässt, meint Kurt Kister in der SÜDDEUTSCHEN, und wer ihn gelesen habe, würde jetzt trauern. Der Bibliothekar der Unsichtbaren Universität aber, der ein Orang Utan ist und gerne Orgel spielt, der bleibt ... .
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