Aus den Feuilletons

Von der Sehnsucht nach Normalität

Die australische Sängerin Kylie Minogue performt in London.
Die australische Sängerin Kylie Minogue performt in London - jetzt gibt es ein neues Album von ihr. © imago / Matrix
Von Gregor Sander · 18.11.2015
Die Diskussion über die Verwendung des Wortes "Krieg" ist nach wie vor präsent. Und doch kehren die Feuilletons auch zu den schönen Seiten des Lebens zurück: Die Kritiker der "Welt" und "Zeit" haben sich die neuen Alben von Adele, Kylie Minouge und Helene Fischer angehört.
Die Anschläge von Paris und die Reaktionen darauf, bestimmen auch die Feuilletons vom Donnerstag. Clemens Wergin kommentiert in der Tageszeitung DIE WELT:
"Natürlich schrecken wir davor zurück, irgendwem den Krieg zu erklären. Aber wir können uns auch nicht vor der Tatsache verstecken, dass der IS uns den Krieg erklärt hat."
Reinhard Merkel kontert in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG hingegen.
"Was genau, …, heißt eigentlich 'Krieg'?"
Merkel erklärt dann Erstaunliches zu diesem in den letzten Tagen so häufig benutztem Wort:
"Als fachlichen Terminus kennt das Völkerrecht den Begriff nicht mehr. In den Genfer Konventionen von 1949 ist er ergänzt und in den Zusatzprotokollen von 1977 dann verdrängt worden durch den des "bewaffneten Konflikts". Ausdrücklich definiert wird dieser nirgendwo. Doch ist man sich im Völkerrecht einig, dass Partei eines internationalen, bewaffneten Konflikts nur ein Staat sein kann, aber keine Terrororganisation."
Binäre Struktur von Krieg und Frieden
Herfried Münkler geht in der Wochenzeitung DIE ZEIT noch einen Schritt weiter:
"Weil wir nach wie vor in einer binären Struktur von Krieg und Frieden denken, in der es kein Drittes dazwischen oder daneben gibt, verwirrt und erschüttert uns der transnationale Terrorismus. Er ist nämlich genau dieses Dritte und hat sich zwischen Krieg und Frieden, aber auch zwischen Staatenkrieg und innergesellschaftlichem Krieg angesiedelt."
Beim Lesen über diesen Krieg, den es als Wort nicht mehr gibt und der doch sehr präsent ist, überkommt einen die Sehnsucht nach etwas Normalen, nach einem Satz wie diesem:
"Niemand singt so schön wie sie von uns und unserer Zeit."
Adele und ihr neues Album "25"
Gemeint ist Adele und ihre neues Album 25, dass am Freitag erscheint, und dass Dirk Pilz in der WELT so zusammenfasst:
"'25' ist auch ein Beweis dafür, dass große Seelenmusik nicht aus Leid und Not heraus geboren werden muss, sie braucht nur eine große Stimme und ein großes Selbstbewusstsein. Die Musik ist wie das Leben, das wir führen, bieder und behaglich, was in dieser Zeit das größte vorstellbare Glück sein kann."
Dazu passend hat sich die ZEIT die beiden Weihnachtsalben des Jahres vorgenommen. Sie kommen, zumindest laut Marie Schmidt, von Kylie Minouge und Helene Fischer:
"Was Kylie Minogues Seele angeht, muss man sie sich demnach eher unaufgeräumt vorstellen. Da geht alles durcheinander, Aerobic-Video-Appeal, Jazz-Tempi, Stehblues. Dagegen Helene Fischer: nicht nur sauber, sondern rein! "
Beide Sängerinnen vergreifen sich dann auch noch an einer Ikone. An dem 1998 verstorbenen Frank Sinatra:
"Kylie singt mit ihm "Santa Claus is Coming to Town", und für das eben erschienene Doppelalbum "Weihnachten" des deutschen Dauerbrenners Helene Fischer muss er gleich nochmal ran, wenn es heißt "Have Yourself a Merry Little Christmas". Digital wiederbelebt und zum Duett gezwungen. Nicht schön ...",
meint Marie Schmidt in der ZEIT.
Medienpolitik der neuen polnischen Regierung
Die neue rechtskonservative Regierung in Polen möchte, dass die polnischen Medien wieder polnischer werden und was das bedeutet, beschreibt Gabriele Lesser in der TAZ:
"Die öffentliche-rechtliche Struktur von Fernsehen, Radio und der polnischen Nachrichten- Agentur PAP habe angeblich zu Pathologien geführt. Professor Piotr Gliński, Polens neuer Kulturminister, will Kulturinstitute nach dem Vorbild der Nationaloper oder des Nationalmuseums schaffen. An der Spitze der Staatsmedien soll jeweils ein von der regierenden Partei ernannter Chef stehen."
Was sicher nicht zu einer kritischen Berichterstattung führen wird. Dass es auch anders geht, beweist die Zaina Erhaim. Wie die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG berichtet wurde die Syrerin von "Reporter ohne Grenzen" als Journalistin des Jahres ausgezeichnet. 2013 kehrte Erhaim
"…von der BBC in London nach Syrien zurück und hat dort seitdem fast 100 Bürgerjournalisten ausgebildet. Sie sei ein Beispiel dafür, wie Journalisten "unter gefährlichsten Bedingungen den Kampf um Unabhängigkeit und um eine menschliche Perspektive auf einen scheinbar ausweglosen Konflikt nicht aufgeben."
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