Aus den Feuilletons

"Voll auf die Fresse"

Angegraute Action-Helden: Sylvester Stallone und Arnold Schwarzenegger sind im dritten Aufguss von "The Expendables" zu sehen.
Angegraute Action-Helden: Sylvester Stallone und Arnold Schwarzenegger sind im dritten Aufguss von "The Expendables" zu sehen. © AFP
Von Hans von Trotha · 18.01.2016
Die Feuilletons teilen aus: Anne Will hatte mit heftiger Kritik an ihrer Talkshow gerechnet und wurde nicht enttäuscht. Sylvester Stallone und Arnold Schwarzenegger werden dagegen für ihre Entschlossenheit und Muskelkraft verehrt.
Das härteste Thema setzt die WELT. "Zehn Tage unter Kinderquälern" ist ein "Selbstversuch" von Elmar Krekeler überschrieben:
"Zurzeit laufen im Fernsehen erstaunlich viele Krimis über Kindesmissbrauch. Einer der geradezu natürlichen Defekte, die einem zuwachsen, wenn man Kinder hat ist ja eine Art natürlicher Traumaschutzmechanismus. Sobald sich sichtbare, gezeigte Gewalt ... gegen Kinder richtet, will man fliehen. So verständlich dieser Reflex ist, so falsch ist er natürlich auch. Weil er genau jenen Vertuschungmechanismen Vorschub leistet, die dazu führen, dass Missbrauchsskandale Jahrzehnte brauchen, bis sie halbwegs aufgeklärt werden. Warum muss man das zeigen?"
Fragt Krekeler, und weiter:
"Weil es nötig ist. Weil alles, was den Druck erhöht, gut ist. Druck auf die Täter, dass sie sich nicht zu sicher sein sollten. (...) Druck vor allem aber auch auf alle an der Aufklärung und der juristischen Verfolgung Beteiligten. Dass sie nicht nachlassen in der Aufklärung, sich nicht von einer viel zu laxen Rechtsprechung davon abhalten zu lassen, nach der Besitz kinderpornografischen Materials geringer bestraft wird als einfacher Diebstahl."
"Ich will überhaupt nichts – ich bin Journalist"
Vor den schockierenden Details dieses "Selbstversuchs" müsste man eigentlich verstummen. Der Aufruf ist vielleicht die wichtigste Botschaft des Feuilleton-Tages.
Der bietet sonst viel von Journalisten über Journalisten. Über Anne Will zum Beispiel. "Als Talkmeisterin am Sonntagabend bekomme man es immer "voll auf die Fresse", zitiert Holger Schmale die Moderatorin in der BERLINER ZEITUNG, um hinzuzufügen:
"Wahrscheinlich fühlt sie sich nach der ersten Sendung bestätigt."
Hans Hoff erzählt in der SÜDDEUTSCHEN:
"Rasch gab sie ab an Kanzleramtsminister Peter Altmaier, der streckenweise wirkte, als sei er der Moderator. Er redete los und hörte nicht mehr auf."
Ein paar Sätze durfte demnach immerhin auch Stefan Aust noch sagen, unter anderem diesen:
"Ich will überhaupt nichts – ich bin Journalist."
Männer fürs Harte
Dass das die Voraussetzung fürs Journalist-Sein ist, konnte wiederum Sean Penn nicht wissen, schließlich ist der nur "Hobbyjournalist" (die SÜDDEUTSCHE über Sean Penn), beziehungsweise "experimenteller Journalist" (Sean Penn über Sean Penn). Und so konnte es passieren, dass er etwas wollte, als er Drogenboss Joaquín 'El Chapó´ Guzmán interviewte, wie Hakan Taniuverdi in der SÜDDEUTSCHEN weiß. Penn "habe versucht, den Lesern eine Person vorzustellen, an die man nicht so einfach herankomme, um anschließend über das Drogenproblem zu reden. Dass das nicht geklappt habe, zeige für ihn, wie schlecht es um den Journalismus in den USA bestellt sei."
Das erkennt man auch daran, dass amerikanische Journalisten wahre Helden nicht würdigen. Also versucht es Björn Hayer in der NZZ mit der Ehrenrettung von zwei großen Verkannten:
"Sie sind Ikonen hinter vorgehaltener Hand, Männer fürs Harte, für die zumindest in der Öffentlichkeit nur wenige Lobreden anstimmen würden. Dabei sind Sylvester Stallone und Arnold Schwarzenegger ... mit ihren markigen Figuren stilbildend. Was immer ihre wuchtigen Hände anfassen, beugt sich ihrer Kraft. In jedem Griff spürt man Bizeps und Entschlossenheit."
Das sind eben keine Journalisten. Die wollen was. Und nehmen es dafür in Kauf, auch mal voll was auf die Fresse zu kriegen.
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