Aus den Feuilletons

Verneigungen vor einem Stardirigenten

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Der lettische Dirigent Mariss Jansons beim Dirigieren zwischen den Musikern der Petersburger Philharmoniker.
Die Bedeutung des verstorbenen lettischen Dirigenten Mariss Jansons spiegelt sich in den Würdigungen der Feuilletons wider. © dpa / Sputnik / Alexei Danichev
Von Adelheid Wedel · 01.12.2019
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Der berühmte lettische Dirigent Mariss Jansons ist tot und die Feuilletons verneigen sich ein letztes Mal vor ihm: "Der großes Orchesterflüsterer" so die "NZZ", der "humane Maestro" meint die "Welt", seine "musikalische Lauterkeit" erwähnt der "Tagesspiegel".

Stimmen zum Tod Mariss Jansons

"Der große Orchesterflüsterer ist verstummt": Das ist im Nachruf auf den Tod des Dirigenten Mariss Jansons in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG zu lesen. Zahlreiche Tageszeitungen beklagen den Tod des "humanen Maestro", wie er in der WELT genannt wird. Feuilletonredakteur Manuel Brug schreibt: "Nun ist es leider Gewissheit: Mariss Jansons, einer der meistgefragten Dirigenten überhaupt, um den sich die Musikwelt schon seit Jahren wegen seines schwachen Herzens Sorgen machen musste, ist gestorben." Und weiter: "Man erlebte es immer wieder bange mit: Da verströmte und verausgabte sich einer, schenkte den Musikern und Hörern seine Lebensenergie."
In der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG formuliert Laszlo Molnar anerkennend: "Seine Arbeit, seine Kunst stand ihm über allem im Leben." Im TAGESSPIEGEL hebt Frederik Hanssen hervor: "Jansons Gestik beim Dirigieren war unspektakulär, ja geradezu zweckdienlich. Selbst in den emotionalsten Momenten hatte er sich voll im Griff. Das gehörte zu seinem Konzept der musikalischen Lauterkeit. Bildung war ihm kein Ballast. Die Auseinandersetzung mit dem kulturellen Erbe vielmehr ein Schlüssel zum Erfolg. Je mehr man sich bildet, desto mehr gewinnt man an innerer Freiheit", das war seine Überzeugung. In der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG erinnert Wolfgang Schreiber: "Er liebte sein Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks", das fortan ohne ihn auskommen muss.

Bücher brauchen Pflege

Ob sich Jugendliche heutzutage um Tickets für Oper und klassische Konzerte reißen, ist eine offene Frage. Weiter gediehen sind die Forschungen zum Leseverhalten junger Leute. In der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG (Printausgabe) verkündet Herbert Ullmann, Gesellschafter des Verlages Ullmann Medien und anderer Häuser: "Die junge Generation hat das Buch in Teilen bereits aufgegeben." Er fordert, "dem muss innovativ entgegengewirkt werden" und macht darauf aufmerksam, "dass derjenige, der nicht liest, heutzutage keineswegs in der Gesellschaft out ist."
Er fragt: "Wie kann das positive Image, ein Leser zu sein, zurückgewonnen werden?" Seine Empfehlung: "Jedes stationär verkaufte Buch ist ein gutes Buch, jedes befördert im Idealfall den Kauf des nächsten – und der sollte beim Buchhändler stattfinden. Ist es nicht unsere gemeinsame Aufgabe, dem Buch wieder seinen berechtigten Stellenwert zurückzugeben, bevor es ihn komplett verliert und sich verflüchtigt mangels Pflege?"
In der Tageszeitung DIE WELT (Printausgabe) kommt der Datenschutzbeauftragte des Landes Thüringen, Lutz Hasse, zu Wort. Er benennt ein Problem: "Man weiß nicht, wer alles auf Schülerdaten Zugriff bekommt." Zu fragen wäre: "Ist das Wissen über Schüler der neue Goldstaub?" Denn: "Schul-Clouds sollen das Lernen endlich ins digitale Zeitalter bringen - doch in den Händen globaler Konzerne sind sie auch eine Gefahr." Auf einer ganzen Seite breitet der Datenschützer seine Überlegungen zu dem Thema in der Zeitung DIE WELT aus.

Der Schwanengesang der SPD

Die schicksalhaften Veränderungen in der SPD spielen in den Feuilletons vom Montag eine Rolle, delegiert auf Rezensionen zur ARD-Dokumentation "Die Notregierung". Sie wird am Montag im ARD-Abendprogramm ausgestrahlt. Hans Hütt hat sie gesehen und warnt im Print der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG (Printausgabe) vor zu großer Hoffnung: "Die Sehnsucht nach einem anderen Politikstil bleibt unbeantwortet. Das Mantra der regierenden Sozialdemokraten verwandelt sich in einen Schwanengesang. Kein Ritter ist in Sicht, der mit ihr den Ritt über den See wagt."
Was macht die gewählte SPD-Spitze Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken aus der Verantwortung, wird gefragt. In der Tageszeitung TAZ macht Friedrich Küppersbusch einen Vorschlag, der so gar nicht existierte: "Also Scholz und Dreyer mit Esken und Walter-Borjans. Das macht einen Vierer ohne Steuermann. Das kann hübsch scheitern, denn für ein Gelingen spricht derzeit nur gemeinsamer Horror vor Neuwahlen."
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