Aus den Feuilletons

Ungarns Medienpolitik bereitet Sorgen

Sie sehen Ungarns Ministerpräsidenten Viktor Orbán nach der Stimmabgabe beim Referendum.
Ungarns Oppositionszeitung Népszabadság soll an einen Unternehmer verkauft werden, der Ministerpräsident Viktor Orbán nahestehe, heißt es in der "Süddeutschen". © picture-alliance / dpa / Alexey Vitvitsky
Von Gregor Sander · 20.10.2016
Das Vorgehen von Ungarns Regierung gegen kritische Medien im eigenen Land beunruhigt die "Süddeutsche Zeitung". Die "tageszeitung" dagegen lässt ein Hohelied auf das weltoffene Ungarn singen.
"Viktor Orbán ist ein Glücksfall", titelt die TAGESZEITUNG auf ihrer ersten Feuilletonseite. Dieser Meinung ist zumindest Leslie Mandoki, der 1975 aus Ungarn floh und für die Bundesrepublik mit der Band Dschinghis Khan am Grand Prix teilnahm. Wer sich nicht mehr erinnert, das war jene Pseudoethnoband die Zeilen sang wie: "Moskau, Moskau, wirf die Gläser an die Wand, Russland ist ein schönes Land". Die Aussagen zum heutigen Ungarn sind von ähnlicher Qualität:
"Budapest ist heute ein weltoffener kosmopolitischer Schmelztiegel. Natürlich dürfen Medien unter keinen Umständen eingeschränkt werden. Aber gibt es denn tatsächlich belastbar derartige Einschränkungen? Ich konnte keine finden", bekennt Mandoki. Aus seiner Sicht ist Orbáns Ungarn heute also ein blühendes Land voll Freiheit und Menschlichkeit.
Wer das ein wenig anders sieht, sollte vielleicht lieber die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG lesen: "Übernimmt die Regierung eines der letzten kritischen Medien?", wird hier gefragt. Dabei geht es um die oppositionelle ungarische Traditionszeitung Népszabadság, deren Redakteure bereits beurlaubt sind. Angeblich aus wirtschaftlichen Gründen, so der Eigentümer Mediawork. Cathrin Kahlweit hat für die SZ noch ein paar andere gefunden:
"Ungarische Medien melden, dass der Verkauf des Blattes an einen der Regierungspartei Fidesz nahestehenden Eigentümer schon beschlossen sei. Dabei soll es sich um Gabor Liszkay, Herausgeber der regierungsnahen Zeitung Magyar Idök, handeln. Liszkay wolle gemeinsam mit Lörinc Meszarös, Unternehmer und Freund von Ministerpräsident Viktor Orbán, das ganze Portfolio von Mediaworks übernehmen. Dazu gehören ein Dutzend lukrative Regionalzeitungen."
Was sich hier liest wie ein Krimidrehbuch ist wohl leider Realität.

Jude Law als colatrinkender Papst, der nicht an Gott glaubt

Genau umgedreht verhält es sich mit der Serie "The Young Pope", die ab Freitag auf Sky zu sehen ist. Inspiriert von den letzten drei realen Päpsten schickt der italienische Regisseur Paolo Sorrentino nun Jude Law als ersten amerikanischen Pontifex, als Pius XIII, ins heutige Rom:
"Dass er zum Frühstück eine Cherry Coke Zero verlangt, praktisch nichts isst, die Köchin ebenso wie den Staatssekretär Kardinal Voiello - exzellent gespielt von Silvio Orlando - demütigt und sich selbst, und nur sich selbst, gestattet, im päpstlichen Palast zu rauchen, ist nur der Anfang", berichtet Ursula Scheer in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG:
"Eine Mischung aus Bestürzung, Trauer und namenloser Angst steht seinem Gegenüber erst ins Gesicht geschrieben, als Pius seinem zum Spion umgeschulten Beichtvater, in einer sternenklaren Nacht auf der Petersbasilika bekennt, dass er nicht an Gott glaube."
Da ist es natürlich nicht besonders überraschend, dass diese Serie nicht im Vatikan gedreht werden durfte. Obwohl Jude Law in der Tageszeitung DIE WELT beteuert:
"Dies ist kein Papst mit sechs kleinen Jungen in seinem Schlafzimmer. Ganz im Gegenteil: Mein Papst ist gottesfürchtig, konservativ und dogmatisch. Das ermöglicht es uns, die Widersprüche der Kirche zu erforschen - und dies mit Respekt zu tun."

Alkohol auf der Frankfurter Buchmesse

Ratschläge zum Alkoholgenuss auf der Frankfurter Buchmesse erteilt Marc Reichwein in der WELT.
"Es gibt gewisse Regeln fürs Messetrinken. Je kleiner und trostloser die Ausstellerfläche, desto umstandsloser kommt der Grappa. Je mehr "taz"-Nähe, desto höher die Neigung zum Ausklang mit Äppelwoi im Nordend."
Damit Reichwein aber nicht als Messeschluckspecht dasteht, bespricht er in den letzten Zeilen seines Artikels noch schnell das neue Buch von Benjamin von Stuckrad-Barre. Das heißt zwar "Nüchtern am Weltnichtrauchertag" behandelt aber wohl doch das Saufen, nicht unbedingt nur auf der Messe:
"Ein typisches Betrunkenengespräch, so Stuckrad-Barre, ist gebaut wie ein Meisterwerk der klassischen Musik, mit mal sich entfernenden, dann wieder annähernden Umkreisungen eines Grundthemas - der Nüchterne aber denkt, die Platte habe einen Sprung."
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