Aus den Feuilletons

Über den FC Bayern schreiben, heißt Mauern einreißen

04:19 Minuten
Gerd Müller und andere Fußballer auf dem Spielfeld.
Gerd Müller (r) schießt das 6:0 für den FC Bayern München gegen den FC Köln am 31. Spieltag der Fußball-Bundesliga 1970/1971. © picture alliance/dpa/Gerhard Rauchwetter
Von Arno Orzessek · 04.12.2019
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Viele lesenswerte Interviews finden sich diesmal in den Feuilletons. In der "Taz" erzählt der Historiker Hans Woller, wie schwer es war, beim FC Bayern München für seine Gerd-Müller-Biografie zu recherchieren. Im "Freitag" geht es dafür um die Liebe.
"Die Liebe ist überfordert", betitelt die Wochenzeitung DER FREITAG ein Interview mit Bini Adamczak. Die Berliner Autorin schreibt, wie es im FREITAG heißt, vor allem über Kommunismus und Queerfeminismus und hat zuletzt bei Suhrkamp den Band "Beziehungsweise Revolution" veröffentlicht.
Adamczaks liefert in dem Interview eine Antwort auf die Frage, warum denn die Liebe, die doch unstrittig ein mächtiges Phänomen ist, überfordert sei: "Die Liebe verspricht, die Risse zu kitten, die der Kapitalismus in unserem sozialen Gefüge reißt. Aber sie ist mit diesem Versprechen hoffnungslos überfordert, weil so eine kleine Beziehungsweise von zwei oder, sagen wir, auch drei, vier oder fünf Menschen nie im Leben in der Lage ist, all das auszugleichen, was draußen an Kälte und Konkurrenz, an Leistungszwang und Angst produziert wird." Deswegen erzeugen diese Erwartungen auch eine permanente Frustration, so Adamczak.
Falls Sie auch lieben, weil Sie mittels der Liebe die Risse kitten wollen, "die der Kapitalismus in unserem sozialen Gefüge reißt", lesen Sie das ganze Interview mit Adamczak in DER FREITAG.

Interview mit Macha Méril

"Wir brauchen diese Gewalt des Sex" betitelt die Tageszeitung DIE WELT (Bezahlangebot) ein Interview mit Macha Méril, über die es in der Kurzbiographie heißt: "Als Kommunistin, Schauspielerin, Libertine drehte Méril mit Godard, Buñuel, Varda, Lelouch und Fassbinder. Polanski sei zu bemitleiden, sagt sie, Godard wäre besser tot. Reiche Menschen bedauert sie – aber an eine bevorstehende Revolution glaubt sie nicht."
Dass Macha Méril zu "Liebe, Sex und #MeToo sehr eigene Ansichten hat", betont die WELT schon im Untertitel. Diese sehen wie folgt aus: "Ich war fasziniert von Männern - auch Politikern, Regisseuren -, mit denen ich amouröse Freundschaften hatte. Das ist eine komplizierte Angelegenheit, weswegen ich auch nicht viel zu #MeToo gesagt habe. Schauen Sie, wenn ein Regisseur und eine Schauspielerin intensiv zusammenarbeiten, kann das doch nur im Sex enden. Sex ist das Maximum, was man mit einem anderen Menschen machen kann. Ich finde es normal, dass bestimmte Phasen der Kreation sexuell werden."

Interview mit Gaspard Koenig

Weder zu Sex noch zu Kommunismus äußert sich der französische Philosoph Gaspard Koenig im Interview mit der Wochenzeitung DIE ZEIT (Bezahlangebot), wohl aber zum Liberalismus. Und rechnet als erstes mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron ab.
"Macron verkörpert den Liberalismus der Achtzigerjahre, er ist neoliberal, vertritt einen autoritären Staat und führt Reformen im Dienst der Unternehmen durch." Mit einem wohlverstandenen Liberalismus habe das nichts zu tun, erklärt Koenig. Der würde die Entscheidungen dezentralisieren, damit die Bürger sie sich wieder aneignen können. "Unter Macron geschieht das Gegenteil. Die Politik wird sogar noch repressiver."

Interview mit Hans Woller

Auch in der TAGESZEITUNG (Printausgabe) interessiert am meisten ein Interview. Worum es geht, erläutert die TAZ-Unterzeile: "Der Historiker und FC-Bayern-Sympathisant Hans Woller wollte nach seiner Pensionierung eine Biografie über seinen Lieblingskicker Gerd Müller schreiben. Herausgekommen ist eine Kriminalgeschichte des Fußballs zwischen großem Geld, Politik und privatem Absturz."
Während der Recherchen hat Woller Erfahrungen mit dem Führungspersonal des FC Bayern gemacht - und schildert sie nun in der TAZ: "Karl-Heinz Rummenigge ist wohl derjenige, der noch am ehesten ansprechbar ist für historische Fragen." Wer überhaupt keinen Sinn dafür habe, sei Uli Hoeneß, so Woller. "Der begegnete mir im Gespräch eher mit Misstrauen und Unverständnis; den interessierte eine Gerd-Müller-Biografie nicht, den interessiert anscheinend auch kaum, wie sich der FC Bayern im 'Dritten Reich' betragen hat. Er ist ein Mensch der Zukunft, der so viele Pokale wie möglich gewinnen will."
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