Aus den Feuilletons

Terrorsichere Stadtmöblierung

Zwei Polizisten gehen durch die Münchner Fußgängerzone.
Zwei Polizisten in einer Münchner Fußgängerzone - verbesserte Bauweisen von Laternenpfählen und Bänken sollen Menschen bei Bombenanschlägen schützen. © picture-alliance / dpa / Daniel Karmann
Von Ulrike Timm |
Wie kann man dafür sorgen, dass Pflanzenkübel, Laternenpfähle oder Bänke bei Druckwellen von Sprengsätzen nicht zersplittern? Darüber hat die "SZ" einen Forscher zur Baustatik befragt. "Die Zeit" spricht mit der angeblich mächtigsten Frau der Kunstwelt.
"Thujahecken absorbieren sechzig Prozent der Druckwelle einer Bombe",
erfahren wir aus der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG. Kirschlorbeer ist aber auch ganz gut. Und Pflanzkübel aus Faserbeton sind einigermaßen terrorsicher, die zersplittern bei einem Angriff nämlich nicht in tausende Teilchen und richten so noch mehr Unheil an. Gerhard Matzig hat das alles im Forschungszentrum RISK gelernt, RISK steht für Risiko, Infrastruktur, Sicherheit und Konflikt. RISK wird von einem Professor für Baustatik an der Hochschule der Bundeswehr geleitet, der gibt der SÜDDEUTSCHEN freundlich Auskunft und macht mit seinem Team zur Zeit
"Explosionsversuche für das Bundesinnenministerium, es geht um terrorsichere Stadtmöblierung, also etwa um Pflanzenkübel in der Fußgängerzone, um Laternenpfähle, Brunnen und Bänke, um Alltägliches".

"Alltag durch Terror und Amok militarisiert"

"Krieg der Dinge", so titelt die SÜDDEUTSCHE ihren Artikel, und:
"Weil uns der Terror mit Rucksack, Teppichmesser, Flugzeug, und LKW bedroht, werden auch Laternen und Hecken zu Mitteln der Verteidigung."
Autor Gerhard Matzig wird plötzlich seltsam zumute, wenn er James Bond Filme guckt – er kann über die schussbereite Zigarre und den explosiven Füllfederhalter von 007 nicht mehr so recht lachen. Man muss ihm darin nicht folgen, aber seine Beschreibungen, "wie unser Alltag durch Terror und Amok militarisiert wird", die sind eindrücklich.
"Wenn Bomben in und vor Gebäuden explodieren, kommt es auch auf die Materialien und die Bauweise an, ob Menschen verletzt oder getötet werden",
sagt der RISK Professor der SÜDDEUTSCHEN, und weiter:
"Allerdings dürfen wir unsere Städte auch nicht in mittelalterliche Festungen verwandeln, sonst hat der Terror schon gewonnen".

Eigenwilliger Zensurbegriff einer Scheicha

Die ZEIT hat sich auf eine Reise nach Katar gemacht, Ihre Exzellenz Scheicha al-Majassa interviewt und gibt, pardon, ein bisschen an:
"Sie gilt als mächtigste Frau der Kunstwelt. Noch nie hat sie ein ausführliches Interview gegeben!"
Nirgendwo wird zur Zeit so viel Geld in Museen investiert wie in Katar – da hat man eben einfach die Mittel dazu – und auf die Frage, ob dort in Zukunft all die großartigen Werke von Picasso, Gauguin und Cezanne gezeigt werden, die Katar in den letzten Jahren zu Rekordpreisen gekauft haben soll, meint die Scheicha sibyllinisch: "Das werde ich nicht kommentieren".
Angesprochen auf die Menschenrechtssituation in ihrem Land oder die Freiheit von Künstlern gibt sich die Scheicha diplomatisch:
"Es gibt keine Restriktionen, die Künstler sind frei. Aber wenn wir sie einladen und sie wollen etwas zeigen, das in unserer Kultur als heikel empfunden wird, dann sagen wir Nein. Das kann man als Zensur verstehen, doch wir nennen das nicht Zensur, wir sprechen von Editieren"

Meinungsfreiheit und sachliche Kritik

Aha. Wie gut, wenn man immer das passende Wort zur Hand hat. Und das Wort darf durchaus auch ein heftiges sein, das nun wieder lernen wir in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN: "dahergelaufen", "durchgeknallt", "widerwärtig", "boshaft", "dümmlich" und "geisteskrank", so darf man eine Staatsanwältin schon mal nennen, ohne von vornherein unsachlich zu sein – das hat kürzlich das Bundesverfassungsgericht festgestellt. Es kommt einfach drauf an:
"Auch eine überzogene oder gar ausfällige Kritik macht eine Äußerung für sich genommen noch nicht zu einer Schmähung."
Das ruft geradezu nach einer spitzen Feder, zu der Christian Geyer in einer Glosse für die FAZ dann auch greift. In besagter Sache war es ein Anwalt, der die Staatsanwältin einem Journalisten gegenüber als "dahergelaufen" und so weiter (siehe oben) titulierte. Die FAZ schreibt:
"Sehen wir der Meinungsfreiheit ins Glasauge: Die Beweislast, dass jemand ohne jedweden sachlichen Bezug, also selbst durchgeknallt, eine andere Person durchgeknallt nennt, dürfte nach dieser Karlsruher Einlassung kaum noch zu schultern sein. Irgendeinen sachlichen Aspekt wirft doch jede Beleidigung ab."
Trotzdem, wir wollen Sie zum Austesten des höchstrichterlichen Spruches ausdrücklich lieber nicht ermuntern – nur zum Lesen der Glosse!
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