Aus den Feuilletons

Spiel mit der Geometrie

04:23 Minuten
Die Pyramiede des Louvre.
Die Glaspyramiede des Louvre: Erbaut von IM Pei. © imago images / VCG
Von Ulrike Timm · 17.05.2019
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Der große Architekt IM Pei ist im Alter von 102 Jahren gestorben. Pei, der unter anderem die gläserne Pyramide des Louvre erbaute, habe seiner Architektur vor allem eines mitgegeben: "Eleganz", schreibt die "Süddeutsche Zeitung".
Das Leben von Architekten darf man sich nicht als besonders gesundheitsförderlich vorstellen", lesen wir in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN: "Dauernd von einer Baustelle zur anderen fliegen, hier wird ein Flughafen nicht fertig, dort fallen Glasscheiben aus der Fassade, nachts reißen Fragen der Statik, des Budgets und die wie ein Guillotinebeil über jedem Architektenhals schwebende gesamtschuldnerische Haftung aus dem Schlaf – und trotzdem muss es irgendetwas in diesem Beruf geben, das sehr viele seiner Vertreter sehr alt werden lässt", schreibt Niklas Maak und erinnert an Oscar Niemeyer, er wurde 104, Yona Friedman, er ist quietschfidele 96, und Ieoh Ming Pei, der "noch kurz vor seinem hundertsten Geburtstag unverdrossen einen Bau nach dem anderen" eröffnete.
Jetzt ist IM Pei gestorben, mit 102 Jahren.

Akribie des Architekten

Wie fröhlich und kindlich-neugierig noch der Hochbetagte auf Fotos schaut! Als Architekten "des langen Atems" würdigt ihn die WELT und spielt damit nicht auf das gesegnete Lebensalter an, sondern auf die Akribie, mit der dieser Architekt sich ein inneres Bild von der jeweiligen Welt schuf, für die seine Bauten gedacht waren.
Bei seinem berühmtesten Alterswerk, dem Museum für Islamische Kunst in Doha, hielt Pei es so:
"Er bat um eine sechsmonatige Studienreise in die Hochburgen islamischer Architektur, wo er Ideen für seinen Museumsbau sammeln wollte."

Was alle Bauten vereint

Hat Pei der gläsernen Pyramide des Louvre, der Bank of China in Hongkong oder dem Neubau des Deutschen Historischen Museums etwas mitgegeben, was seine Handschrift sofort erkennbar macht? "Eleganz" meint die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG:
"Vielleicht liegt es an den Spielen mit der Geometrie, an der peniblen Materialität, am feinen Umgang mit dem Licht, dem immer vielgerühmten – oder eben an der Eleganz, die sich aus all dem ergibt, auch wenn das natürlich nur ein Empfinden ist, das sich schwer objektivieren lässt. Allerdings: wenn einer Eleganz objektivieren konnte, und zwar ganz buchstäblich, dann IM Pei."

Europäische Schriftsteller über Aliens

"Psychopathen, Heuchler, Faschisten". Das klingt gar nicht gut. Wir sind in einer anderen Welt, aber bei einem faszinierenden Gedankenspiel. "Ob dieses ganze komplizierte Ding namens Europa sich als intergalaktischer Export eignet?" fragt die SÜDDEUTSCHE eine Reihe europäischer Schriftsteller.
Was wäre also, wenn ein Außerirdischer im Ufo im eigenen Garten landet und fragt, was habt ihr Erdlinge denn so zu bieten? Nehmt Euch in acht vor uns, meint A.L. Kennedy, "wir sind die Wesen, die sich gegenseitig töten, hassen oder ausbeuten", ihre "pessimistische Erzählung der europäischen Geschichte" ist eben eine der Heuchler und Psychopathen. Der "Fantastische Kontinent", von dem die SÜDDEUTSCHE mehrdeutig im Titel spricht, kommt bei Janne Teller dagegen als possierliches Tierchen daher.
"Das fängt schon mit der Zahl der Beine an. Wir zählen 28, aber es gibt noch ein paar mehr, die dazu neigen, ihre eigenen Wege zu gehen, obwohl sie eindeutig an ihrem großartigen Körper hängen." Und Jarislav Rudis erinnert liebevoll an das Netz aus Eisenbahnschienen, Weichen, Tunnel, Brücken", das für europäische Verbindungen sorgt. So viel steht fest: die Aliens, die die SZ europäische Schriftsteller besuchen lässt, die haben allerhand zu staunen.

Neuer Roman von Ian McEwan

Ian McEwan widmet sich in seinem neuen Roman nicht den Aliens, aber den denkenden Maschinen, vielfach sind wir ja schon umgeben davon. "Mich beschäftigt die Möglichkeit, dass wir eine menschenähnliche Maschine herstellen, der wir unsere besten Eigenschaften überlassen. Denn wir wissen, wie wir gut sein können, aber es gelingt uns nicht, gut zu sein", so Ian McEwan im ausführlichen Gespräch mit der FAZ.

Noch eine kleine Überraschung gefällig? Eine Arte – Dokumentation beschäftigt sich aus Anlass ihres 200. Geburtstags mit Queen Victoria. Ja, die – nach der ein ganzes Zeitalter benannt ist, prüde, spießig, sittsam, hochgeschlossen. Die Frau selbst war zumindest nicht ständig so. Überschrift im TAGESSPIEGEL: "Sex, please!"

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