Aus den Feuilletons

Reptilien und Verschwörungstheorien

Das Bild zeigt einen Leguan.
Unser nächster Verfassungsschutzpräsident? Glaubt man an Verschwörungstheorien, könnte er es sein. © imago/Nigel Hicks
Von Klaus Pokatzky |
Reptilien beherrschen unsere Welt! Verfassungsschutzpräsident Maaßen wurde von der SPD gestürzt! Das Feuilleton beschäftigt sich diesmal mit Verschwörungstheorien. Und mit Bayern.
"Die Dinosaurier sind ausgestorben. Aber heute beherrschen sie wieder die Welt."
Und darüber klärt uns die Tageszeitung DIE WELT auf. Matthias Heine schreibt:
"In der Gestalt von Reptiloiden aus dem Sternbild des Drachen, die menschliche Gestalt annehmen können, haben sie Spitzenpositionen der Weltpolitik besetzt und streben die Errichtung einer neuen Weltordnung an, in der sie in aller Ruhe Menschenblut trinken und Kinder opfern können."

Reptilien beherrschen die Welt

Endlich also widmet sich unser Feuilleton meiner absoluten Lieblingsverschwörungstheorie: dass nämlich die Welt in Wirklichkeit von außerirdischen Reptilien beherrscht wird – was der Brite David Icke herausgefunden hat.
"Mittlerweile hat Icke schon vier Prozent aller Amerikaner von seiner Theorie überzeugt", schreibt Matthias Heine – was uns veranlassen sollte, uns Donald Trump doch mal ganz genau anzusehen.
Anlass für eine Sammlung der irresten Verschwörungstheorien ist der geschasste Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen – der ja behauptet hatte, so DIE WELT, "'Linksradikale Kräfte in der SPD' hätten ihn aus dem Amt gejagt".
Und so werden uns aufs Köstlichste nicht nur die außerirdischen Reptilien präsentiert, sondern auch die Rosenkreuzer und die Jesuiten, die Freimaurer und die Illuminaten. Und vor allem die Sensationsmeldung des Tages, was die Zukunft des angeblichen Nun-Ruheständlers Hans-Georg Maaßen angeht:
"Verlässlichen Quellen zufolge wechselt er aber als V-Mann für Geo-Engineering ins bei Redaktionsschluss noch SPD-geführte Umweltministerium." Horst Seehofer wird’s freuen.

Vorurteile über Bayern

Und damit werden wir weiß-blau. "Wir müssen mal wieder mit einem Vorurteil über die Bayern aufräumen", verlangt die Tageszeitung TAZ. "Da einzelne Exemplare der Gattung polternd, laut und mit geradezu überbordendem Selbstbewusstsein daherkommen", schreibt Dominik Baur, "übersieht man gern, dass der gemeine Bayer ein differenziertes, fast skeptisches Verhältnis zur eigenen Existenz hat."
Der Kulturteil der TAZ erscheint ganz in den bajuwarischen Landesfarben – ein Jubiläum ist schließlich zu würdigen:
"Am 7. November 1918 wurde in München die Räterevolution verkündet und der Freistaat Bayern proklamiert. Das Königreich wurde zur Volksrepublik Bayern, demokratische Grundregeln eingeführt."
Die Preußen stürzten ihren Herrscher bekanntlich erst zwei Tage später. Bayern eben voran! "Auf Bairisch lässt es sich viel schöner singen. Schon allein wegen der vielen Vokale", lesen wir in einem Interview der TAZ.
"Meine Herkunft ist halt einfach die klassische Musik", erklärt der Liedermacher Konstantin Wecker. "Meinen Durchbruch hatte ich dann zu einer Zeit, da kam grad der Punk auf. Ich glaube, mein Publikum ist damals nicht wegen, sondern trotz meiner Musik in meine Konzerte gekommen." So aufrecht kritisch können Bayern sein, Herr Seehofer.

Rassisten und die Antike

"Cicero wäre verwirrt", steht in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG – in Zeiten, wo rechte Populisten immer mehr auch die Antike für sich in Anspruch nehmen. Die amerikanische Altright-Bewegung etwa "preist die griechisch-römische Blütezeit als Ausdruck 'weißer' Überlegenheit".
Und vor solchem Unfug – der ja fast schon an außerirdische Reptilien denken lässt – warnt der amerikanische Homer-Experte Alison C. Traweek. "Cicero und Sokrates waren entschieden nicht 'weiß'. Schon der Begriff hätte sie verwirrt", zitiert die SÜDDEUTSCHE den Hochschuldozenten aus Philadelphia.
"In der Antike war 'Rasse' weniger verbunden mit der physischen Erscheinung – Hautfarbe oder Haare –, sondern an Klima, Geographie oder politisches Umfeld geknüpft. Sie war nicht leicht zuzuordnen und konnte sich verändern, entsprechend den Lebensumständen."
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