Aus den Feuilletons

Projektionsfläche Weihnachten

Historischer Glasschmuck hängt am 29.11.2012 im Spielzeugmuseum in Kleßen (Brandenburg) an einem Weihnachtsbaum.
"Was will ich eigentlich von Weihnachten?" Wünsche und Hoffnungen sind oft groß. © picture alliance / Bernd Settnik
Von Klaus Pokatzky · 21.12.2018
Weihnachten sollte das Fest der Liebe und Gemeinsamkeit sein. Schnell gibt es allerdings ausgerechnet an den Festtagen Streit. In der "taz" rät eine Familientherapeutin, man solle über seine Wünsche vorher mit den Lieben sprechen.
"Was will ich eigentlich von Weihnachten?", fragt sich und uns alle Tanja Kuhnert. "In Weihnachten werden viele Hoffnungen und Wünsche hineinprojiziert. Oft wird gar nicht darüber gesprochen", gibt die Familientherapeutin in der Tageszeitung TAZ höchstprofessionell die Antwort: "Es hilft aber, vorher zu klären, wie sich jeder die Feiertage vorstellt. Das ist nicht immer einfach. Es kann die Situation entspannen, nicht erst im Dezember, sondern schon Anfang des Jahres über das nächste Weihnachtsfest zu sprechen." Aber erst mal kommt nächste Woche das, worauf wir uns hoffentlich alle schon freuen können.

Der Reiz eines Geschenks

"Der Mensch packt gerne ein und aus, es ist ein Versprechen, ein kultischer Akt, ein erotischer Kitzel", verheißt uns der Berliner TAGESSPIEGEL. "Wer kennt das nicht: Das Öffnen, Freilegen, Anfassen und Inbesitznehmen eines Geschenks ist schon für sich genommen eine lustvolle Tätigkeit", macht uns Christiane Peitz Mut, wenn vielleicht nicht jedes ausgepackte Geschenk bei uns zu Begeisterungsstürmen führt. "Seit gut 150 Jahren ist auch das Geschenkeverpacken an Weihnachten Tradition, steckt darin doch ein Rest von Selberbasteln." Und das hat seine Geschichte. "Mit der Erfindung des Papiers begann in China vor 1800 Jahren die Tradition des Verpackens. Die industrielle Herstellung von Papier und Kartonagen machte es ab 1850 massentauglich; bis dahin waren verhüllte Präsente der Oberschicht vorbehalten. Edle Ware wurde in Spanholzschachteln oder Holzstich-beklebte Kartons gesteckt, bis sich Papp- und Galanteriemeister oder auch Etui-Hersteller der Sache annahmen." Adel verpflichtet eben.

Die Krise der Akademie

"Mehrere Würdenträger blieben der Veranstaltung fern", lesen wir in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG: "darunter die Erzbischöfin von Uppsala und der Oberbefehlshaber der Schwedischen Armee". Früher war nicht nur zu Weihnachten mehr Lametta: früher waren auch mehr Zulauf, wenn die Schwedische Akademie in der Weihnachtszeit ihre öffentliche Tagung zelebrierte: jene Institution, die den Literaturnobelpreisträger kürt – und deren Ruf durch sexistische Skandale mehr als lädiert ist. "Es begann damit, dass nur die Hälfte der königlichen Familie erschien", berichtet Thomas Steinfeld von der diesjährigen Tagung: "nämlich der König und seine Frau sowie die Thronfolgerin und ihr Mann – also nur die, die von Amts wegen mit der Akademie beschäftigt sind. Es setzte sich damit fort, dass sich die königliche Familie nicht, wie üblich, bei Eintritt der Akademiemitglieder erhob. Sie war stehen geblieben, wodurch sie sich das Aufstehen ersparte." Kluge Leute: diese Monarchen.

Zum Tode von F.W. Bernstein

"Wäre Fritz Brite gewesen, hätte ihn die Queen längst zum Ritter geschlagen und er hätte sich 'Sir Fritz' nennen dürfen", steht in der TAZ zu dem Mann, der als Fritz Weigle geboren wurde und am Donnerstag als F.W. Bernstein im Alter von 80 Jahren gestorben ist. "Der überaus höfliche und besonnene Schwabe aus Göppingen", heißt es im TAGESSPIEGEL, "der zur Künstlerwerdung seinen bürgerlichen Namen Fritz Weigle auf die Initialen verkürzte und ihnen seinen Spitznamen aus Schulzeiten anhängte, besaß ein stilles künstlerisches Talent", wie Gregor Dotzauer schreibt. "Der wildeste, ausgelassenste, unberechenbarste von allen" war er für die Tageszeitung DIE WELT; "Sein Auftreten extrem distinguiert, sein Strich vollkommen außer Rand und Band", erinnert sich Hans Zippert an persönliche Begegnungen mit dem Dichter, Zeichner und Dramatiker. "Der Mann war selbstverständlich ein Genie, er selber aber fast schon krankhaft bescheiden." Eines bleibt auf jeden Fall von ihm: "Dichten konnte er natürlich auch, jeder Deutsche kennt 'Die schärfsten Kritiker der Elche waren früher selber welche'."
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