Oprah Winfrey for Präsidentschaftkandidatin?
Nach ihrer Golden-Globe-Rede verkörpert die Talkshow-Moderatorin Oprah Winfrey für viele die Lösung aller Probleme. Manche sehen in ihr sogar die perfekte Präsidentschaftskandidatin. Winfrey habe zwar keine politische Erfahrung, gibt die "FAZ" zu bedenken - doch diese habe Trump auch nicht gehabt.
Der offene Brief der 100 französischen Frauen um Catherine Deneuve hat Bewegung in die "Me too"-Debatte gebracht. Ab jetzt gibt es ein dafür oder dagegen. Der Berliner TAGESSPIEGEL zitiert die Italienerin Asia Agento, eine der Schauspierinnen, die Harvey Weinstein der Vergewaltigung bezichtigen, mit den Worten:
"Was Catherine Deneuve und die anderen der Welt zu sagen haben, offenbart, dass ihre verinnerlichte Frauenfeindlichkeit ihren Verstand unwiederbringlich zerstört hat."
Das sieht Sarah Pines in der Tagzeitung DIE WELT aber ganz anders. Ihr Aufmacher wird mit den Worten überschrieben:
Wo bleibt das Recht der Frau auf erotisches SPIEL?
Zu dem für Pines, ähnlich wie für Deneuve, eben auch das Belästigen gehört. Und so stellt sie fest:
"In den Händen der Erbinnen der 68er ist der Feminismus zu dem geworden, was er nie sein sollte: ein mit astrologischem Schwurbel bedrucktes Filzzelt, in dem aber auch wirklich alle Frauen willkommen sind, solange sie nur Promiskuität ablehnen."
Oprah Winfrey hat Geld und beseelt ihre Fans
Interessant wäre es zu wissen, ob die Feuilletonistinnen sich am nächsten Morgen gegenseitig in der Zeitung lesen. Dann möchten wir der WELT-Autorin die Kollegin Hengameh Yaghoobifarah von der TAZ ans Herz legen, die gewohnt kompromisslos Richtung Deneuve und Konsortinnen motzt:
"Wie würdet ihr euch positionieren, wären die Täter nicht reiche Schauspieler – eure Freunde und Kollegen –, sondern jüdische, muslimische, geflüchtete oder Schwarze Männer? Würdet ihr für sie zumindest bedingungsloses Bleiberecht einfordern?"
Nach ihrer vielbeachteten Golden-Globe-Rede ist Oprah Winfrey jetzt für viele die Lösung für vieles. Ob es um die "Me too"-Debatte, Rassismus oder das amerikanische Präsidentenamt geht. Die Talkshow-Königin scheint die Antwort zu sein. Allerdings nicht für Ursula Scheer von der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG:
"Die Energie, die du in die Welt schickst, egal, ob gute oder schlechte, ist exakt, was zu dir zurückkehrt. Du kannst die Umstände deines Lebens selbst schaffen."
Diesen Satz hat Scheer auf Winfreys Website gefunden und er regte sie zu folgendem Gedankengang an:
"Im Umkehrschluss müsste das heißen, dass alle, die unter Krankheiten oder anderen Schicksalsschlägen wie Krieg und Gewalt leiden, die falschen Gedanken ins Universum hinausgeschickt haben. Auch 'Me too'-Opfer."
Und was meint die FAZ-Autorin zu Oprah for president?
"Sie hat das Geld. Sie hat keine politische Erfahrung. Sie kann ihre Anhänger beseelen. Wie Trump. Für die einen ist das der Himmel auf Erden, für andere eine apokalyptische Vorstellung."
Rappen - immer noch Männersache
Eine apokalyptische Vorstellung könnte wohl auch eine Sexismus-Debatte im Hip-Hop sein. Denn zum Thema Weiblichkeit im Rap findet man zum Beispiel diesen selbstverständlichen Satz von Felix Zwinzscher in der WELT:
"Das große Interesse an Haiyti liegt auch an der Tatsache, dass sie eine Frau ist."
Haiyti ist eine junge erfolgreiche Hamburger Rapperin, die gerade ihr zweites Album vorgelegt hat. Auch Philipp Weichenrieder stellt in der TAZ fest:
"Sie polarisiert, teilt HipHop-Fans und Pop- Beobachter*innen in haters und lovers und provoziert – für manche noch mehr, weil sie es als Frau tut."
Rappen ist also immer noch ganz klar Männersache, auch wenn Haiyti, die bürgerlich Ronja Zschoche heißt, ebenfalls über Drogen, Modelabel und das harte Leben auf der Straße singt. Die Musik dazu klingt, laut Zwinzscher, so:
"Schrammelige Atari-Beats wechseln sich mit Techno ab, Stadion- Pop mit Gangsta-Trap, und am Ende wird die Gitarre gezupft. Und alles unter dem Label Hip-Hop."
Und Weichenrieder schiebt in der TAZ noch hinterher:
"Dass Zschoche an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg studiert, macht die Versuchung, Haiyti als künstlerisches Projekt zu sehen, noch größer. Dabei betreibt sie Rap wie eine Rapperin, nicht wie eine Kunststudentin, die Rap performt."
Mit verwirrter Begeisterung könnte man wohl die beiden Kritiken zusammenfassen, und so möchten wir auch diese Kulturpresseschau verstanden wissen und mit einer Überschrift aus der FAZ versehen:
"Wirklichkeit, was soll das sein?"