Aus den Feuilletons

Mit "Knuffelmaatje" und "Seksbuddy" Corona überstehen

06:27 Minuten
Ein mit Mund-Nasen-Schutz vor einem Wandgemälde, das ein eng umschlungenes Paar zeigt.
Kennen wir Kuscheln bald nur noch von Zeichnungen? © picture alliance / AP | Dolores Ochoa
Von Klaus Pokatzky · 05.12.2020
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Das niederländische Nationale Institut für öffentliche Gesundheit kümmert sich um die Bedürfnisse von Singles. Damit diese coronabedingt nicht eingehen, rät es zu einem festen Kuschelkumpel oder Sexpartner aus einem anderen Haushalt.
"Selten zuvor mussten wir so viele neue Begriffe lernen wie in diesem neuartigen Jahr." Das lesen wir in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN SONNTAGSZEITUNG. "Manche davon würden wir gerne schnell wieder vergessen, andere werden wohl in den allgemeinen Sprachgebrauch übergehen." Wie der "Knuffelmaatje" vielleicht, ein schönes niederländisches Wort für den deutschen "Kuschelkumpel".
Das ist eine "feste Bezugsperson aus einem anderen Haushalt zum Austausch körperlicher Nähe" – kreiert vom niederländischen Nationalen Institut für öffentliche Gesundheit, damit Alleinstehende besser mit Corona klarkommen. "Ebenso riet das Institut zu einem 'Seksbuddy', einem festen Sexpartner aus einem anderen Haushalt."


Was würde der Papst dazu wohl sagen? "Ich kann mitfühlen, wie es Menschen geht, wenn sie mit dem Coronavirus am Beatmungsgerät um Atem ringen." Das sagt Papst Franziskus in seinem neuen Buch, wo er auch schildert, wie ihm einst mit 21 Jahren der rechte Lungenflügel entfernt wurde.
Da hat er "gelernt, dass du viel leiden musst, aber dass du besser dort herauskommst, wenn du bereit bist, dich verändern zu lassen. Aber wenn du dich eingräbst, dann ergeht es dir nachher schlechter", wie im Vorabdruck des Buches in CHRIST UND WELT zu lesen war, der Beilage der Wochenzeitung DIE ZEIT.

Das langweiligste "Wort des Jahres": Corona-Pandemie

"In diesem Jahr, dem monothematischsten der Nachkriegszeit, war es naturgemäß absolut unmöglich, dem Wortschatz zu entkommen, den uns das neue Virus Sars-CoV-2 beschert hat", stand in der Tageszeitung DIE WELT. "Und so ist wieder mal das langweiligste Wort des Jahres 'Wort des Jahres' geworden: Corona-Pandemie", klagte Matthias Heine und gab einen kleinen Einblick, was die Sprachbewerter der "Gesellschaft für deutsche Sprache" ansonsten an Ausdrücken gehört hatten:
"Die Fachleute gehen ernsthaft davon aus, dass da draußen Menschen leben, die statt Mundschutz oder Maske Dialektwörter wie Snutenpulli, Goschentuch, Schnüssjäckje, BützjeKondom oder Maultäschle gebrauchen." Das passt auf jeden Fall gut zu "Knuffelmaatje" und "Seksbuddy" und bereichert unseren Sprachschatz.
"Im Lockdown schlug also die Stunde des Erbaulichen", stellt die FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG fest. "Rückbesinnung aufs Wesentliche, Reinigung, Läuterung, Zwiesprache", meint Tobias Rüther.
"Corona-Tagebücher, Facebook-Lesungen, Hauskonzerte: Das gemeinsam allein daheim verbrachte Kunsterlebnis hatte Trost zum Zweck; die Erzeugung eines Gefühls von Zusammenhalt, gestiftet im Zeichen der Musik oder der Literatur."

So ein Jahr hatte der Buchhandel noch nie

Wobei das mit dem Schreiben ja manchmal nicht ganz einfach ist. "Wenn ich viel schreibe, bekomme ich eine Sehnenscheidenentzündung", erfuhren wir von Terézia Mora. "Das ist auch normal. Außer, dass ich diesmal auch einen Tennisarm habe, aufgrund der Gartenarbeit, des Maschinennähens und des Zeichnens, das ich statt des Reisens betreibe", beschrieb sie in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG das Leben einer Schriftstellerin und Übersetzerin in Corona-Zeiten. "Das Haupthobby ist und bleibt Lesen und Schreiben. Am Vormittag schreibe ich, am Nachmittag mache ich den Haushalt, eines der genannten Dinge oder ich lese."
Da ist sie keine Ausnahmeerscheinung. "So ein Jahr hatte der Buchhandel noch nie", teilte uns die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG mit, nachdem sie bei etlichen Verlagen nachgefragt hatte, wie diese mit Corona klargekommen sind. "Die Zahlen, die insgesamt für den deutschen Buchmarkt erhoben werden, zeigen: Der dramatische Rückgang im Frühjahr ist inzwischen beinahe wieder ausgeglichen", lautete die tröstliche Bilanz.
"Die Corona-Pandemie hat bei Jugendlichen für einen Schub bei der Medienausstattung und Mediennutzung geführt", fasste der Berliner TAGESSPIEGEL das Ergebnis einer Studie zusammen, wie es bei den Jüngeren aussieht. "Inzwischen besitzen 72 Prozent der Jugendlichen zwischen zwölf und 19 Jahren in Deutschland einen eigenen Computer oder Laptop und 38 Prozent ein eigenes Tablet." Und nicht zu vergessen dabei: Auch die Jungen greifen noch zum altbewährten analogen Buch.
"Selbst in der Krise setzte sich im prosperierenden Kinder- und Jugendbuch der Aufschwung der vergangenen Jahre fort", hieß es in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN, "im ersten Halbjahr 2020 betrug das Umsatzwachstum in diesem Segment gegenüber dem Vorjahreszeitraum 3,6 Prozent."

Heiligabend feiern mit 200 Personen

Da kommen reichlich Geschenkideen zusammen für Weihnachten. Corona muss ja nicht unsere schönen alten Sitten und Gebräuche kaputtmachen. "Nicht umsonst gibt es um diese Zeit des Jahres so viele Traditionen, zu denen es gehört, Lichter anzuzünden", hatte Terézia Mora in der SÜDDEUTSCHEN in Erinnerung gerufen.
Als "Operation Heiligabend" präsentierte uns CHRIST UND WELT ein Beispiel aus der evangelischen Philippus-Gemeinde in Berlin-Friedenau, wo lauter Ehrenamtliche für ein schönes Beisammensein sorgen wollen – wie Kerstin Sohn.
"Beim Umweltamt hat Kerstin Sohn eine Veranstaltung mit bis zu 200 Personen angemeldet. Rein rechtlich ist das möglich. Solange die Abstände eingehalten werden, gibt es für Gottesdienste in Berlin keine Personenbeschränkung", schrieb Lina Verschwele und zitierte die engagierte Kerstin Sohn: "Die, die sich verantwortungsvoll kümmern, das sind die Helden. Nicht die, die sich zu Hause verkriechen und im Internet bestellen."
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