Aus den Feuilletons

Marktführer der Maler

Gerhard Richter vor einem Gemälde aus der Serie "Strips" in einer Ausstellung im Kunstmuseum Winterthur
Gerhard Richter vor einem Gemälde aus der Serie "Strips" in einer Ausstellung im Kunstmuseum Winterthur © picture alliance / dpa
Von Gregor Sander · 04.03.2015
Die "Zeit" sprach mit Gerhard Richter, einem der teuersten Künstler Europas. Manchmal denke er bei den Preisen, die seine Bilder bei Auktionen erzielten: "Oh, das ist aber völlig überbezahlt."
"Man entkommt dem Markt nicht."
Dieses Fazit zieht Gerhard Richter in der Wochenzeitung DIE ZEIT. Sein "Abstraktes Bild" von 1986 brachte kürzlich auf einer Auktion 41 Millionen Euro ein und damit gilt Richter nun als teuerster Künstler Europas. Für 15.000 Mark hatte er das Bild ursprünglich an einen Sammler verkauft. Immerhin gefällt es ihm noch, allerdings wundert auch Richter sich über die gezahlten Preise:
"Als letztes Jahr mein Bild vom Domplatz in Mailand knapp 29 Millionen Euro brachte, kam mir das seltsam vor. Das Bild finde ich nicht so doll, auch wenn es mich zu vielen weiteren Städtebildern angeregt hat. Als ich hörte, wie viel es auf der Auktion gekostet hat, dachte ich: Oh, das ist aber völlig überbezahlt."
Richter versucht das viele Geld bei der Arbeit einfach auszublenden. Hergeben will er seine Marktführerposition aber auch nicht. Hanno Rauterberg fragt in der ZEIT:
"Es würde Sie nicht ärgern, wenn im nächsten Herbst plötzlich nicht Sie, sondern Georg Baselitz als der teuerste europäische Künstler gehandelt würde?" Antwort Richter: "Doch, das würde mich schon ärgern. Ich würde denken, der ist ja nicht so gut."
"Wir sind alle Griechenland"
Ganz andere Sorgen hat man in Spanien. Dort schlägt man sich mit der Finanzkrise herum und Sebastian Schoepp von der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG hat hier ein neues Wort aufgeschnappt:
"Austerizid oder: Tod durch Sparen. Die Aufnahme des Begriffs ins Wörterbuch der Real Academia, der Königlichen Sprach-Akademie, stehe zweifellos unmittelbar bevor, schrieb kürzlich die Zeitung El País, so allgegenwärtig sei er im politischen Diskurs des Landes. Der 'Spartod' geistert durch Blogs und Foren, er droht von Plakaten bei Demonstrationen in Madrid. Kürzlich forderte der frühere Ministerpräsident und heutige politologische Vortragsredner Felipe González bei einem Kongress europäischer Sozialisten, Europa müsse zugunsten seiner Werte den Austerizid im Süden aufhalten."
Seit dem Wahlsieg der Syriza in Griechenland habe der Gebrauch des Begriffs in Spanien explosionsartig zugenommen, so Schoepp in der SZ.
"In Spanien ist das eine ziemlich spektakuläre Kehrtwende, denn jahrelang hatten die Spanier betont: Wir sind nicht Griechenland. Nun heißt ein populärer Tweet-Account 'Todos somos Grecia' – Wir sind alle Griechenland! Das allerdings nur auf der Linken. Die Altparteien, vor allem die regierenden Konservativen, fürchten nichts mehr als einen Griechenlandeffekt beim Wähler."
Ein Brause-Konzern verlegt Literatur
Sparen muss man beim Brause-Imperium "Red Bull" offensichtlich nicht. Immerhin will der österreichische Konzern nun auch Literatur verlegen und hat dafür Birgit Schmitz engagiert, die mal Verlegerin des Berlin Verlages war. Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG hat sie zum Interview gebeten. Katharina Teusch fragt also nach den Büchern, die Birgit Schmitz machen möchte und diese antwortet, viel wichtiger sei, was sie weglasse, nämlich:
"Drittklassige Krimis zum Beispiel. Als Verleger denkt man ja aus ökonomischen Erwägungen meist so: Ich brauche noch was für Frauen, noch was Junges, eine Coming-of-age-Geschichte. Das ist für mich bei Red Bull Media House alles keine Frage mehr. Ich kann hingehen und sagen: Das ist das Buch, das ich verlegen will. Das ist das, was irgendwie in diesen Spirit von Red Bull passt."
Was für ein Geist das denn sei, fragt Teusch zum Glück. "Über Grenzen hinaus zu denken" so Schmitz, "und zu handeln, intelligenten, niveauvollen Content zu schaffen, der inspiriert und fasziniert – das ist das Credo des Red Bull Media House."
Klingt nach ziemlich bunten Blasen.In was für Zeiten leben wir eigentlich, wenn Brausekonzerne Literatur verlegen? Margarete Stokowski von der TAZ weiß die Antwort:
"Wir leben im Zeitalter der Hölle, des Vögelns, des Sterbens und des "Yeah". Das sind, so hat irgendwer herausgefunden, die häufigsten Wörter in Popsongs unseres Jahrzehnts: We - yeah - hell - fuck - die. Was in den 60ern "Baby", "Twist" und "Lonely" waren und in den 80ern "Love", "Fire" und "Rock", ist heute die fickende Hölle."
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