Lieber mal die Frauen fragen

Sexualforschung als TV-Serie – das ist „Master of Sex“. Weil die Sendung wie „Mad Men“ in den 50er- und 60er-Jahren spielt, beschäftigen sich die „NZZ“ und „FAZ“ mit den Gemeinsamkeiten und Unterschieden beider Serien.
„Darf ich Ihre Kurve messen, Miss?“ fragt die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG…
Und aufmerksam, wie Sie sind, liebe Hörer, haben Sie bemerkt, dass es der NZZ um die – zum Beispiel in medizinischen Diagrammen auftretende – „Kurve“ und nicht etwa um „die Kurven“ der Miss im Plural zu tun ist.
Wobei die einschlägigen „Kurven“ im Plural natürlich trotzdem den wohlgeformten Resonanzraum der Frage bilden.
So oder so geht es um die amerikanische TV-Serie „Masters of Sex“, nun zu sehen bei ZDFneo.
Laut NZZ-Autorin Claudia Schwartz erinnert die Serie „beeindruckend an die Bedeutung der Sexualforschung von (William) Masters und (Virginia) Johnson“ in der Nachkriegszeit.
„Über Mittag die Sekretärin vernaschen“
„Als Period Piece steht die Serie im Style, in Kostümen und Interieurs und in der glanzvollen Fotografie Amerikas Lieblingsserie „Mad Men“ in nichts nach. Angesichts einer Frauenfigur wie Virginia Johnson setzen jene Männer, die morgens in ihren Anzügen ihre Ehefrauen verlassen, um über Mittag die Sekretärin zu vernaschen, allerdings etwas Staub an. Weil sie irrten, wenn sich schon immer glaubten, alles über Frauen zu wissen, ohne auf die Idee zu kommen, einmal nachzufragen.“
So Claudia Schwartz.
Einen skeptischeren Blick auf „Masters of Sex“ wirft Oliver Jungen in der FRANKURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG.
„Dass eine Serie, die in den fünfziger und sechziger Jahren spielt und an stilvoller Einrichtung nicht spart, flugs mit den ´Mad Men` verglichen wird, scheint unumgänglich. […] Doch der Vergleich ist […] zu hoch gegriffen. […] Auch […] die Überhöhung von Virginia Johnson zur Libido-Göttin kann nicht verhindern, dass sich mit der Zeit ein wenig Langeweile einstellt. Dermaßen kompliziert ist die Sexualität auf physischer Ebene dann doch nicht.“
Bleiben wir bei ungleichen Kritiken desselben Gegenstands.
In der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG feiert Reinhard Brembeck die wiederaufgenommene „Ring“-Inszenierung von Frank Castorf in Bayreuth.
„Castorf zeigt frech, komisch, provozierend, unkonventionell und immer deutlich den brutalen Kampf um die Weltherrschaft, den die Clans der Wotans, Gibichungen, Nibelungen und Riesen mit allen Mitteln führen als Konfrontation zwischen Kapitalismus und Sozialismus. […] Als dann die Sackleinenverhüllung des Tempelbaus fällt, wird endlich sichtbar, was für ein Walhall sich Wotan im ´Rheingold`errichten ließ: Es ist der Börsentempel der Wall Street, auf dessen Altar alle Menschheitshoffnungen und Utopien, alle Religionen und die Träume von einer besseren Welt geopfert wurden.“
FAZ-Autor Christian Wildhagen dagegen unterstellt Castorf, nach wie vor an „Opas Osttheater mit seiner Entrümpelungsattitüde und den immer gleichen müden Provokationen“ zu glauben.
„Rückzug in die Ostalgie nicht erhellend“
„Die dahinterstehende Klassenkampf-Ästhetik ist indes so mausetot wie der Arbeiter-und-Bauern-Staat. Dass die DDR dennoch obsessiv in den detailverliebten Bühnenbildern von Aleksandar Deni wiederkehrt, […] lässt tief in die geschichtswunde Seele des Regisseurs blicken. Angesichts der aktuellen Finanzexzesse wirkt dieser Rückzug in die Ostalgie allerdings nicht erhellend, sondern miefig und provinziell.“
Im übrigen akkumuliert der Nahost-Konflikt die feuilletonistische Aufmerksamkeit.
In der Tageszeitung DIE WELT vergleichen Hendryk M. Broder und Norbert Jessen die Lage von Hamas-Führer Ismael Hanije, mit der Lage Adolf Hitlers in dem Bernd Eichinger-Film „Der Untergang“.
„Es gibt […] eine auffällige Gemeinsamkeit: den Willen zum Untergang auf Kosten der anderen. Auch Hanije sitzt irgendwo in einem Bunker und lässt den Chef der Kassam-Brigaden verkünden, seine Kämpfer seien, ´begierig zu sterben`.“
„´Jude, Jude, feiges Schwein, komm heraus und kämpf allein!`“
Von dieser Hetz-Parole, die jüngst auf Berlins Straßen zu hören war, geht der amerikanische Philosoph Jason Stanley in der FAZ aus, um eine persönlich gefärbte Entgegnung zu schreiben, die auch mit Kritik an Israel nicht spart.
"Die Idee, dass Israel in erster Linie ein jüdischer Staat sein soll, macht eine israelische Demokratie unmöglich.“
Aber lesen Sie selbst, liebe Hörer!
Obwohl wir die Lage nicht beschönigen wollen, verabschieden wir uns heute mit einer ferienseligen Empfehlung der BERLINER ZEITUNG. Sie lautet:
„Immer schön auf die helle Seite gucken.“