Aus den Feuilletons

Leitet Schulz eine neue Ära bei der Staatsoper ein?

Matthias Schulz soll Intendant der Berliner Staatsoper werden.
Matthias Schulz soll Intendant der Berliner Staatsoper werden. © imago / Rudolf Gigler
Von Gregor Sander · 17.06.2015
Der Generationswechsel an der Staatsoper Berlin regt zu Spekulationen an: Bedeutet die Ernennung von Matthias Schulz zum Intendanten ab der Spielzeit 2018/19 nicht nur das Ende von Jürgen Flimm, sondern auch das Ende der Ära Daniel Barenboim, fragt zum Beispiel die "Berliner Zeitung".
Es ist vor allem die Art und Weise des verkündeten Intendantenwechsels an der Berliner Staatsoper, die in den Feuilletons hervorgehoben wird. "Der Machtwechsel an der Berliner Staatsoper kommt als ein weicher Legato-Übergang daher, von dem Theatermogule, zumal in Berlin, nur träumen können", meint Wolfgang Schreiber in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG. Und beschreibt den 37-jährigen designierten Nachfolger von Jürgen Flimm so:
"Matthias Schulz wurde als Pianist und Volkswirt ausgebildet, er hat sich vor allem als Konzertmanager profiliert. Bei den Salzburger Festspielen organisierte er die Gastspiele von Daniel Barenboims 'West-Eastern Divan Orchestra', er arbeitete für die Konzertschiene der Festspiele unter Alexander Pereira und ist seit 2012 der Chef der Stiftung Mozarteum."
Jürgen Flimm wird dem Neuen beim Übergang zur Seite stehen und erst 2018 endgültig die Geschäfte übergeben. Manuel Brug von der Tageszeitung DIE WELT sieht auch eine andere Personalie von dieser Nachricht betroffen:
"Das ist nichts weniger als der Anfang vom Ende der Ära Barenboim. Seit 1992 währt die nun, und keiner kratzt an Barenboims Nimbus. Aber offenbar hat der 72-Jährige im Verein mit seinem 73-jährigen Noch-Intendanten Jürgen Flimm gemerkt, dass selbst ihm irgendwann die Stunde schlägt. Auch wenn sein eigener Vertrag noch bis 2022 reicht."
Der Musikdirektor Barenboim ist es dann auch, der laut Peter Uehling von der BERLINER ZEITUNG, das Aufgabenfeld von Matthias Schulz beschreibt:
"Daniel Barenboim fasste es einfach zusammen: Schulz wird das Gute bewahren und Neues bringen. Wie sich Konzept und Realisierung zueinander verhalten, das hätte er bei vielen Opernregisseuren schon zur Genüge erfahren: In der Realität sei vom Konzept nicht mehr viel erkennbar. Das klingt ja schon mal sehr ermutigend für den Neuen."
Filmstill aus Dominik Grafs "Was heisst hier Ende?" über den früh verstorbenen Filmkritiker Michael Althen.
Filmstill aus Dominik Grafs "Was heißt hier Ende?" über den früh verstorbenen Filmkritiker Michael Althen.© Zorro Filmverleih
Niedergang des Kinos
Dominik Graf hat dem 2011 verstorbenen Filmkritiker Michel Althen einen Dokumentarfilm gewidmet, der jetzt in die Kinos kommt. Ursula März von der Wochenzeitung DIE ZEIT hat "Was heißt hier Ende" sehr berührt:
"Selten hat man Menschen so unselbstbezüglich und gerade deshalb bewegend über einen Abwesenden sprechen hören wie hier. Die Regisseure Wenders, Petzold, Karmakar, Tykwer kommen zu Wort, zahlreiche Freundeskollegen wie Claudius Seidl, Wolfgang Höbel, Tobias Kniebe, Hans Helmut Prinzler, Anke Sterneborg, Stephan Lebert, Moritz von Uslar, Peter Körte, Andreas Kilb, der Lieblingswirt Charles Schumann – wirklich viele, die Michael Althen immens schätzten und halt auch von Herzen mochten."
In der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG, für die Althen neben der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG, viele Jahre seine Artikel schrieb, äußert Rainer Gansera auch leise Kritik:
"Im Schlusskapitel wird ein Klagegesang angestimmt: über den Niedergang der Kritik, des Kinos und der Kultur insgesamt. Dabei entsteht ein Lamento, zu dem Althen selbst immer ironische Distanz hielt. Sein Element waren Lob, Enthusiasmus, Entflammtsein."
Vater und Sohn - Lyriker und Rapper
Können sich ein Lyriker und ein Rapper eigentlich ernsthaft unterhalten. Vielleicht wenn sie Vater und Sohn sind, wie Uwe Kolbe und Mach one. In der ZEIT geben sie in einem Doppelinterview Einblick in ihre Familienverhältnisse. Der 1979 als Christoph Bodenhammer geborene Mach One sagt hier: "Das Freakshow-Album hat er geschmacklos genannt. Er versteht halt die komplette Richtung nicht." Und sein Vater, der Träger des Berliner Literaturpreises und Villa-Massimo-Stipendiat Uwe Kolbe erklärt:
"Das ist ja das Perfide an seinen Raps und am Rap allgemein, dass die Beats so verdammt gut sind. Und dann schluckst du Texte, die du in wachem Zustand nicht schlucken würdest. Also zum Beispiel den ganzen Sexismus, der natürlich vielfach überschlagen und ironisch gebrochen ist."
Andersherum funktioniert es übrigens auch nicht besser. Denn auf die Frage:
"Kennen Sie die Texte ihres Vaters?", antwortet Mach one: "Kaum, muss ich zugeben. Ich schlage zwar jedes seiner Bücher auf, aber oft sind mir die Gedichte einfach zu hoch."
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