Aus den Feuilletons

Kunstwerke zum Niederknien

Ein Journalist fotografiert am 21.01.2016 in der Alten Nationalgalerie in Berlin das restaurierte Werk "Abtei im Eichwald" des Malers Caspar David Friedrich.
Das Werk "Abtei im Eichwald" des Malers Caspar David Friedrich wurde zwischen 2013 und 2016 restauriert. © picture alliance / dpa / Britta Pedersen
Von Ulrike Timm · 21.01.2016
Endlich gibt's mal was zu feiern in den Tageszeitungen. Die Kulturredaktionen räumen ganze Seiten frei, um Caspar David Friedrich und der Restaurierung zweier seiner Werke zu huldigen. Die Veränderung der Bilder vergleichen sie mit Wetterphänomenen.
"So schön ist die Unendlichkeit" schwärmt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG, "Runter mit den Firnissen!" jubelt etwas handfester die WELT und – das vielleicht schönste Kompliment – "Die Bilder klingen wie am ersten Tag", so steht es in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG.
Allen groß angelegten oder auch kleinkarierten Debatten zum Trotz gilt's diesmal ganz der Kunst! Die Feuilletons bewundern den kleinen Mönch vor großem Meer unter riesigem Himmel, gemalt von Caspar David Friedrich 1810. Seine berühmten Gemälde Mönch am Meer und Abtei im Eichwald sind in mühevoller, dreijähriger Kleinarbeit restauriert worden, und offenbar steht man vor neuen Bildern, wenn man sich die Gemälde ohne all die Schichten anschaut, die sie über viele Jahre vergilbt, verschleiert und verschmuddelt haben! "Der Nebel hat sich verzogen. Das seit mindestens hundert Jahren über der Ostsee hängende Tiefdruckgebiet ist abgedreht." So der aktuelle Wetterbericht für den Caspar David Friedrich Saal der Alten Nationalgalerie, lesen wir in der WELT.
Warum wir den Planeten Pluto mögen
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG räumt gar eine komplette Seite frei für den Mönch am Meer und zeigt ihn gleich zweimal, vor und nach der Restaurierung. Und es ist viel mehr zutage getreten als ein Schiff und vier zusätzliche Möwen, die unter sieben Schichten Firniss verborgen lagen. "Caspar David Friedrich wird als deutscher Maler der Schwermut verehrt. Die spektakuläre Restaurierung von zwei berühmten Gemälden zeigt ein ganz anderes, helleres, freundlicheres Bild!" "Die Farbe der Romantik ist das Blau", und "der Mönch am Meer, die Ikone der deutschen Frühromantik, ist nun ein strahlend blaues Bild, kein grünlich-bräunliches mehr", lesen wir in der WELT.
Wie schön, dass es manchmal tatsächlich noch etwas zu feiern gibt! Anschauen kann man sich die neuen alten Bilder in der Alten Nationalgalerie in Berlin, die Ausstellung "Der Mönch ist zurück", die sich detailliert mit der Restaurierung der Bilder befasst, ist noch bis zum 22. Mai zu sehen.
"Frisches Glück in den Sternen" – nein, gemeint ist hier kein Caspar David Friedrich Himmel, die TAZ berichtet: "Wissenschaftler wollen einen neuen Planeten in unserem Sonnensystem entdeckt haben. Die Diskussion darum gleicht einem Familiendrama" – wenn es diesen neunten Planeten tatsächlich gibt, wäre er 5000 mal massereicher als Pluto und würde es alle 10000 bis 20000 Jahre einmal um die Sonne schaffen. Sagt die TAZ.
"Aber warum interessiert uns das überhaupt? Schließlich geht es um abertausende Kilometer entfernte Gesteinsbrocken und Gaskörper. Die Diskussion um neue Planeten und alte Planeten ist in den vergangenen Jahren so etwas wie die Adelshofberichterstattung für Wissenschaftsnerds geworden. Und Pluto ist ihr Prinz Harry. Der, um den man sich sorgt. Der, der nicht so richtig dazugehört."
Sprich: so ein neuer Planet, der alle 10.000 bis 20.000 Jahre einmal um die Sonne kommt, ohne dass einer von uns dabei wäre... der würde eben einfach mal so Pluto entthronen – das könnte Ärger geben.
Plumps, fallen wir wieder auf die Erde. Und zwar ganz tief.
Leichtes Spiel für Rechtspopulisten
Die FAZ ist fassungslos über das Gerangel um die Elefantenrunde im SWR vor der Landtagswahl in Rheinland-Pfalz. Michael Hanfeld meint zum Ausschluss der AfD aus der Fernsehdiskussion:
"Leichteres Spiel kann man den Rechtspopulisten gar nicht machen. Sie brauchen kein einziges Argument vorzutragen, sondern können sich als Märtyrer inszenieren."
Die Absage der CDU-Kandidatin Julia Klöckner mit der Begründung, dass bei der geplanten Runde ja alle kleinen Parteien fehlen würden, also FDP, Linke und AfD, hält die FAZ für einen klugen Schachzug. Bliebe also eine traute Pseudodiskussion der rotgrünen Landesregierung unter sich - damit stünde die berühmte Elefantenrunde vor dem Ende, "Das Spiel ist aus, aus, aus!", schreibt denn auch die die FAZ. Solche Runden sind meist wirklich kein Vergnügen, wäre aber gut, wenn da noch was geht....
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