Aus den Feuilletons

Kunst und Sport

Von Adelheid Wedel |
Die "SZ" berichtet über die Ausstellung "Sport in der Russischen Avantgarde" im Olympia-Museum in Lausanne. Einen pessimistischen Blick auf die US-amerikanische Gesellschaft wirft "DIE WELT".
"Der Sport forderte Künstler und Illustratoren zu einer neuen Bildsprache heraus. Nie hat sich die Kunst so eng mit dem Sport verbündet wie in der Zeit zwischen russischer Revolution und Stalinismus",
lesen wir in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG. Catrin Lorch kommt zu dieser Einschätzung anhand der Exponate, die noch bis 11. Mai im Olympia-Museum in Lausanne zu sehen sind. Unter dem Titel "Sport in der Russischen Avantgarde" verleitet sie die Autorin zu interessanten Überlegungen:
"Der Gedanke des sportlichen Wettkampfs war in der jungen sowjetischen Republik noch nicht allzu verbreitet – unter den Zaren hatten sich Adelige höchstens im Reiten oder Fechten gemessen."
Ab 1917 tritt der Staat auf den Plan und fördert die Körperkultur als Teil der Umgestaltung des Alltags.
"Stolz entwirft man mit dem Maxim-Gorki-Park in Moskau ein Gegenbild zu Vergnügungsstätten des bourgeoisen Westens wie dem Pariser Luna-Park. Zunächst schmäht das bolschewistische Regime, das in den Zwanzigerjahren ohnehin vom Ausland boykottiert und nicht zu den Wettkämpfen eingeladen ist, den Nationenwettbewerb als 'bürgerlich' und 'faschistisch'".
Die Ausstellung erzählt nun noch einmal die Geschichte dieser gegenseitigen Liebe von Sport und Kunst.Kandinsky, Malewitsch, Tatlin, Lissitzky Rodtschenko und Eisenstein wollten als Künstler an der "Umgestaltung des Alltags" mitwirken.
"Man arbeitete für die Straße, entwarf Plakate und Illustrierte genauso wie Kleidung und Geschirr, inszenierte Paraden, errichtete Tribünen und verzierte Turnhallen mit Mosaiken."
Film und Fotografie standen bereit, Rhythmik, Dynamik oder Schnelligkeit einzufangen. Die Avantgardisten der frühen Sowjetzeit wurden unter Stalin als Formalisten geschmäht, dann brutal ausgelöscht und vergessen. Die Autorin meint anhand der Ausstellung in Lausanne, "dass sich die aktuellen Entwürfe zu Sotschi in buntem Folklorismus erschöpfen".
Einen pessimistischen Blick auf die amerikanische Gesellschaft wirft Hannes Stein in der Tageszeitung DIE WELT. Er zitiert den Wirtschafts-professor Tyler Cowen aus Virginia. In seinem jüngsten Buch prophezeit er:
"15 Prozent der Amerikaner werden über wunderbare Berufsaussichten und Bankkonten verfügen. Die amerikanische Mittelklasse wird ganz einfach verschwinden. Und 85 Prozent werden in Supermärkten aushelfen, den Reichen ihre Designerschuhe hinterher tragen, Pizza ausliefern oder über die Runden kommen, indem sie ihre Wohnungen in Pensionen für zahlende Gäste verwandeln."
Stein beantwortet die Frage, wie man sich die Superreichen vorstellen kann:
"Es sind ziemlich junge und fitte Leute, die sich auf sauteuren Fahrrädern durch Kalifornien bewegen, gesund essen, im Zweifel eher den Demokraten ihre Stimme geben und Umweltschutz für wichtig halten."
Schon gibt es ein Schlagwort für diese Entwicklung: "der neue Feudalismus. Vor diesem Hintergrund",so Stein, "tobt in Amerika zurzeit die Debatte über soziale Ungleichheit." Harry G. Frankfurt, ein Philosoph, der in Princeton lehrt, hat in einem Essay ausgeführt, "dass Gleichheit gar nicht unbedingt moralisch erstrebenswert sei."Worauf es ankomme, schreibt Frankfurt, sei also nicht die Gleichheit der Einkommen, sondern "viel mehr gehe es darum, dass jeder Bürger genug zum Leben hat".Auch dafür wurde bereits ein plausibler Begriff gefunden, Frankfurt nennt das "die Doktrin der Hinlänglichkeit".
Und eine dritte Stimme zum Thema, ebenfalls zu lesen in der WELT, der Soziologe und Historiker Arthur C. Brooks, meint:
"Konservative in der amerikanischen Tradition, die Ja zum Kapitalismus sagen, könnten es sich nicht leisten, die Armen im Stich zu lassen."
Und wo liegt die Lösung? DIE WELT fragt:
"Müssen nun Reiche bescheidener oder die Armen vernünftiger werden?"