Aus den Feuilletons

Ist der Schweizer Buchpreis tot?

Der Schweizer Schriftsteller Lukas Bärfuss.
Der Schweizer Schriftsteller Lukas Bärfuss erhebt in der "FAZ" schwere Vorwürfe gegen die Verleiher des Schweizer Buchpreises. © Frederic Meyer
Von Paul Stänner · 20.11.2017
Der Schweizer Buchpreis wird von Verbänden und Verlagen beeinflusst. Das zumindest legt der Schriftsteller Lukas Bärfuss detailliert in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" dar. Weitere Themen in den Feuilletons: Charles Manson, Pro7Sat.1 und Frédéric Chopin.
Passend zum nieseligen November beschäftigt uns in den Feuilletons vom Dienstag der Tod in abgestuft letalen Erscheinungsformen. So gut wie tot scheint Pro7 nach dem Abgang von Vorstandschef Thomas Ebeling, der mit der hübschen Formulierung, es gebe: "Menschen, ein bisschen fettleibig und ein bisschen arm, die immer gerne auf dem Sofa sitzen und unterhalten werden wollen" seine Zielgruppe beschrieb. Nur dass die nicht mehr Pro7 gucken wollte. Jetzt, meint die FAZ, käme auf den Nachfolger von Ebeling eine schöne Aufgabe zu: "Er oder sie fängt bei Pro7Sat.1 quasi bei null an. Bei null Programmerfolg, bei null Innovation, bei null Zukunftsperspektive."
Auch der TAGESSPIEGEL meint, die Programme Pro7Sat.1 bräuchten - Zitat - "was die RTL-Group ihren Programmen gönnt: kommerzielles Fernsehen, das mit Geld im Programm Geld verdienen will. Es braucht Geschichten und Gesichter", was das sieche Pro7 nicht hat.

Charles Manson als Teil der Pop-Kultur?

Nicht mehr siech, sondern endlich tot ist Charles Manson, der Massenmörder mit dem Nazi-Tattoo, der auch im Gefängnis nie aus den Schlagzeilen verschwand. Da Manson aus der Zeit stammt, als die Hippies für Frieden und Liebe eintraten, schreibt in der WELT Uwe Schmitt: "Der Aufstieg zur Popikone mit hochprofitablen Merchandising-Profil wäre außerhalb der permissiven Untergrundkultur der späten 60er-Jahre kaum vorstellbar." Manson habe sich als Alptraum erschaffen in einer Welt, deren Ordnung aus den Fugen geraten schien: "Antiautoritäre Militanz, freie Liebe und Widerstand gegen den Vietnamkrieg, LSD, Rock'n'Roll - und Charles Manson. Alles war eins, alles gefährlich."
Der Leser fragt sich: Das soll es gewesen sein? Der Nazi Manson und die Hippiebewegung - alles eins? Michael Pilz - ebenfalls die WELT - analysiert: "Charles Manson ist seit etwa 50 Jahren Pop, er ist ein Teil dieser Kultur, die ihn als Fehler im System behandelt." Wie auch immer, Manson ist definitiv tot.

Schweizer Buchpreis von Verbänden gekapert?

Für tot erklärt hat der Schriftsteller Lukas Bärfuss den Schweizer Buchpreis, die wohl bedeutendste Schweizer Literaturauszeichnung. Detailliert legt er in der FAZ dar, wie die Jury, die von Verbänden und Verlagen unabhängig sein sollte, von eben diesen gekapert wurde. Kein Ausgezeichneter könne sich jetzt noch sicher sein, ob die Auszeichnung seiner literarischen Qualität gelte oder den Interessen von Verlagen und literarischen Veranstaltern.
Dazu sei die Preisverleihung vom 11. November auf - und das ist ein schönes Schweizer Wort - "Kanalisationsniveau" gesunken, weil eine Krawallband - wie Buchpreis-Träger Bärfuss schreibt - "den Abend mit einem rhetorischen Massenmord an den Heroen der Schweizer Literatur (beging). Von Pestalozzi bis Dürrenmatt und Frisch - jeder erhielt seine persönliche Todesart. Für die Frauen blieben sexistische Zoten übrig." Bärfuss final: "Den Buchpreis in der heutigen Form muss man für tot erklären. Er hat sich selbst erledigt."

Frédéric Chopin und die Frauen

Der Preis ist so gut wie tot, richtig historisch tot ist der Komponist Frédédric Chopin. Und doch lebt er. Es brodelt die Frage, warum er trotz zehnjährigen Zusammenlebens mit George Sand keine Kinder hatte. Hatte er, so die These der Gender Studies, kein Interesse an Frauen? In Paris war gestichelt worden, die zigarrenrauchende Sand sei ein vollendeter Gentleman, während der schmächtige Chopin so ladylike erscheine. Wie auch immer - keine Kinder!
Jetzt wurde in einer Fachzeitschrift das Ergebnis einer Untersuchung des Herzens von Chopin veröffentlicht, das von Tuberkulose angegriffen war. Nun ist also klar, woran Chopin starb, aber die brennende Ausgangsfrage ist noch nicht geklärt, schreibt Jan Bachmann in der FAZ, "sein Herz verrät uns immer noch nicht, warum er keine Kinder hatte".
Sicher werden wir mehr davon lesen, denn ein verregneter November ist die beste Zeit, um fruchtlosen, toten Fragen nachzugehen.
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