"Im Internet hat die Maschine den Mensch überflügelt"

Die "FAZ" mutmaßt, dass maschinell generierte Texte, Audios und Videos in Zukunft die menschliche Kommunikation im Netz dominieren werden. Bereits 2016 seien mehr als 50 Prozent des Traffics von PC-Programmen generiert worden.
"Böse Mächte nutzen die Öffentlichkeit, um die Bürger hinters Licht zu führen, und arbeiten nur umso effizienter im Dunkeln. Hand aufs Herz – wer hat nicht schon ähnliche Gedanken gewälzt, im kleinen oder großen Massstab?", fragt René Scheu in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG.
Jetzt scheuen Sie, liebe Hörer, sich vielleicht zu antworten. Ich scheue mich auch. Also folgen wir lieber schweigend dem Feuilletonchef der NZZ. Er zitiert Steve King, einen Republikaner, mit den Worten:
"Wir sprechen hier von der Entstehung eines Tiefenstaates, der von Barack Obama geführt wird, und das ist etwas, das wir verhindern sollten."
Und Trump habe Obama einen "Bösen (oder kranken) Typen" genannt und gesagt:
"Das ist eine Verschwörung gegen euch, die amerikanischen Leute, und wir können dies nicht weiter geschehen lassen."
Ein klarer Fall für Verschwörungstheorie
Klarer Fall: Verschwörungstheorie, "paranoischer Denkstil". Immanuel Kant nannte das "mit Vernunft rasen". In den Worten von René Scheu:
"Die rasende Vernunft ist nach Kant nicht Unvernunft, sondern ein Exzess an Rationalität und Logik. Man müsste ihr 'alle Ehre widerfahren lassen', wenn die Daten nur stimmten, auf denen sie ihre Denkgebilde aufbaue."
Aber die stimmen nun mal nicht:
"Die 'falsch dichtende Einbildungskraft', die zuletzt nicht mehr zwischen 'selbstgemachten Vorstellungen' und 'Wahrnehmungen' zu unterscheiden vermag, dient nach Kant 'der Selbsterhaltung'. Sie ist eine Art Heilungsversuch der Vernunft, die daran leidet, dass die Welt nicht mehr ihren Gesetzen gehorcht."
Das Gute an Maschinen ist, dass sie nicht leiden. Das wiederum muss aber nicht gut für den Menschen sein.
"Die Maschine hat den Mensch überflügelt"
"Im Internet hat die Maschine den Menschen endgültig überflügelt", schreibt Adrian Lobe in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG.
Im letzten Jahr seien 51,8 Prozent des Internet-Traffics von automatisierten Computerprogrammen generiert worden und nur 48,2 Prozent von Menschen aus Fleisch und Blut.
"... eine hochwertige Software, mit der sich 10 000 Twitter-Accounts steuern lassen, kostet rund fünfhundert Dollar. Einmal programmiert, kann damit eine ganze Armee ausgerüstet werden",
erläutert der Journalist und weist darauf hin, dass wiederum künstliche Intelligenzen automatisch generierte Falschmeldungen entlarven sollen. Damit schließe sich der Kreis der Maschine. Lobe zitiert den Autor Matt Chessen mit den Worten:
"Maschinell generierte Texte, Audio und Video werden die menschliche Kommunikation im Netz überwältigen."
Über die Mächtigen lachen können
Dies werde ernsthafte Folgen für die Demokratie und die westliche Welt haben. Um die Demokratie zu beschädigen, reichen allerdings schon Menschen aus. Das hat der bulgarische Karikaturist Tschawdar Nikolow erfahren, wie Florian Hassel in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG berichtet. Die Auslieferung von Nikolows Satirezeitschrift "Pras-Press" wurde offensichtlich aus politischen Gründen vom einzigen Pressevertrieb des Landes sabotiert: Es kamen fast keine Exemplare in den Kiosken an. Als die Karikaturisten ihre Zeitschrift einfach persönlich zu den Kiosken trugen, entstand ein neues Problem:
"Einige Kioskbesitzer bekamen schnell Besuch von Vertriebsleuten, die ihnen drohten, sie würden ihnen keine anderen Zeitungen und Zeitschriften mehr liefern, wenn sie unser Blatt weiter verkauften", erzählt Nikolow in der SZ.
Und jetzt denken Sie, liebe Hörer: Wieder so eine Verschwörungstheorie, wieder rasende Vernunft! Nein, diesmal offensichtlich einfach nur bulgarische Verhältnisse. Die Macher der Satirezeitschrift haben sich aber zu helfen gewusst. Unter anderem verkaufen sie "Pras-Press" digital über das Internet.
Das funktioniert. Begründung Nikolows: "Die Bulgaren warten nur darauf, über ihre Mächtigen lachen zu können."